Bundesliga im Fernsehen:Ja, wo laufen sie denn?

Bundesliga im Fernsehen: Jerome Boateng und Javi Martinez von Bayern München im Kampf mit Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang am 8. April 2017.

Jerome Boateng und Javi Martinez von Bayern München im Kampf mit Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang am 8. April 2017.

(Foto: AFP)

Die Bundesliga startet wieder. Aber wann und wo die Spiele zu empfangen sind, war noch nie so verwirrend. Zeit für einen Überblick.

Von Rupert Sommer

Wenn am kommenden Freitag die Bundesliga beginnt, ist vom Wandel noch wenig zu spüren. Das Eröffnungsspiel der Saison, Bayern München gegen Bayer 04 Leverkusen, ist frei empfangbar live im ZDF zu sehen, weshalb sich die neue Welt in ihrer ganzen Kompliziertheit erst eine Woche später, bei der Freitagspartie der Traditionsvereine 1. FC Köln und Hamburger SV, entfalten wird.

Wie fundamental sich die Frage, wann, wo und zu welchen Konditionen der Ball künftig im deutschen Fernsehen rollt, mit der neuen Saison geändert hat, dürfte sich bei vielen Zuschauern noch gar nicht recht herumgesprochen haben. Bislang galten zwei eherne Gewissheiten: Alle Spiele live und gegen Entgelt zeigt die Plattform Sky. Und für alle Zusammenfassungen gibt es die Sportschau in der ARD, eine Institution für viele Fußballfans. Doch während die ARD für die Sportschau ihren Bestandsschutz auch in der neuen Rechteperiode erkauft hat, muss Sky mehr oder weniger kleinlaut einräumen, dass die Plattform von sofort an nicht mehr alleiniger Inhaber der Live-Rechte für "alle Spiele, alle Tore" ist. Der einstige Werbeclaim ist überholt.

Vor allem die Veränderungen bei den Live-Spielen dürften viele Fans enttäuschen

Doch nicht nur hier, auch bei den nachgelagerten Spieltagsanalysen im frei empfangbaren Fernsehen hat sich einiges geändert: Die Berichterstattung über den kompletten Spieltag, inklusive der ersten Zusammenfassung der Montagsspiele, läuft jetzt montags um 22.10 Uhr im RTL-Ablegersender Nitro, moderiert unter anderem von Laura Wontorra. Der BR-Klassiker Blickpunkt Sport wechselt deshalb auf einen neuen Sendeplatz sonntags um 21.45 Uhr - mit inhaltlichen Einschränkungen: In der neuen Rechte-Welt dürfen die ARD und ihre dritten Programme montags keine Spielausschnitte vom aktuellen Spieltag der ersten und zweiten Bundesliga mehr zeigen.

Besonders hart dürften viele Fans aber die Veränderungen bei den Live-Spielen treffen: Tatsächlich hat sich Eurosport, hinter dem der US-Konzern Discovery steht, ein Paket mit 40 Live-Spielen der Fußball-Bundesliga gesichert. Das lag auch daran, dass das Bundeskartellamt vor der aktuellen Ausschreibungsperiode die sogenannte "No Single Buyer Rule" eingeführt hatte. Sie soll ausschließen, dass sich ein Anbietermonopol zuungunsten der Fußballanhänger im Lande bildet. Was nach der neuen Regelung herausgekommen ist, dürfte viele Fans jedoch stark enttäuschen.

In den Eurosport-Rechten enthalten sind alle Freitagsspiele, fünf Spiele, die künftig zur neuen Anstoßzeit am Sonntag um 13.30 Uhr sowie fünf Montagsspiele, die um 20.30 Uhr angepfiffen werden. Zudem zeigt Eurosport die Relegationsspiele der ersten und zweiten Liga. Und hier wird es kompliziert: Sah der ursprüngliche Plan von Eurosport vor, die für den stolzen Betrag von angeblich rund 75 Millionen Euro pro Saison gekauften Spiele auf dem Pay-Angebot Eurosport 2 über die Sky-Plattform auszustrahlen, ist dieser Weg bislang versperrt. Sky-Kunden haben nach jetzigem Stand keinen Zugriff auf die Eurosport-Spiele.

Die Sturheit der Konzerne ist erstaunlich

Grund ist ein heftiger Streit zwischen den beiden Anbietern, der sich inzwischen seit Monaten zieht. Eurosport will Geld von Sky, Sky will so viel aber nicht zahlen, beide Seiten stellen sich stur. Vor ein paar Tagen hat Eurosport den Druck noch einmal erhöht: Der Sender schloss eine Kooperation mit dem Pay-TV-Anbieter HD+ aus München-Unterföhring ab, einer anderen Plattform also, die nun statt Sky die Eurosport-Spiele übertragen soll - im Sender Eurosport 2 HD Xtra.

Für den Zuschauer bedeutet das einen weitereren Receiver und weitere Kosten, fünf Euro kostet das Eurosport-Paket. Wer keine Sat-Schüssel hat, bleibt daher weiterhin nur die Empfangsart mit dem digitalen Eurosport Player, also im Internet. Sogenannte Smart-TV-Geräte, die mit dem Web verbunden sind, können das Live-Spiel aus dem Netz direkt auf das Fernsehgerät holen. Man kann schon sagen, dass der Empfang von Bundesligaspielen so verwirrend ist wie nie.

Die Sturheit der beiden Konzerne erstaunt. Gerätselt wird vor allem über die Frage, wie Eurosport seinen Alleingang gegenfinanziert. So ist zu hören, dass Eurosport versucht haben soll, für die Weiterverbreitung von Eurosport 2 - inklusive der Fußball-Spiele - bei Sky eine Steigerung des bisherigen Verbreitungsentgelts für den Kanal in einem vierstelligen Prozentbereich durchzudrücken.

Ungeklärt ist, wie die Liga ihren Weg in die Kneipen finden soll

Anderen Quellen zufolge wollte Eurosport sich von Sky eine Summe bezahlen lassen, die ungefähr auf Höhe der selbst an die DFL entrichteten rund 75 Millionen Euro Lizenzgebühren für eine Spielzeit läge. Offiziell kommentieren beide Seiten den Streit ums Geld und die Höhe der Beträge nicht. Klar ist aber, dass der finanzielle Druck für Eurosport enorm sein muss. Die Bundesliga ist längst ein weiteres Problemfeld für den Sender, der sich schon bei den Olympiarechten offenbar verkalkuliert hat. Die kommenden olympischen Spiele laufen nun doch bei ARD und ZDF.

Unklar ist derzeit auch noch die nicht unwichtige Frage, wie die Freitags-, Sonntags- und Montagsspiele von Eurosport ihren Weg in die Kneipen und zum Public Viewing in die Biergärten finden werden. Auch hier laufen Gespräche, heißt es bei Eurosport - mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.

Streamingdienst Dazn verfolgt den Streit mit stiller Hoffnung

Ob der Sender den Weg abseits von Sky, wo man immerhin über eine Abonnentenkartei all derer verfügt, die für vermeintlich unverzichtbare Live-Spiele zu zahlen bereit sind, dauerhaft allein gehen kann, ist stark anzuzweifeln. Die Bereitschaft, sich notfalls während der laufenden Saison doch noch zu einigen - unter veränderten finanziellen Vorzeichen -, scheint gegeben. Abwarten, bis der Leidensdruck des Mitspielers unerträglich ist: So wirkt die Spieltaktik von Sky.

Mit Verwunderung blickt Dazn in München-Ismaning auf den Streit von Eurosport und Sky. Darin mischt sich allerdings die stille Hoffnung, dass das eigene Angebot eines Internet-basierten Streamingdienstes - erklärtes Vorbild: Netflix - auch über die Debatte um den Eurosport Player Rückenwind kriegen wird. Immerhin laufen bei den etwa 170 Dazn-Mitarbeitern die Vorbereitungen auf Hochtouren.

Dazn darf von der Saison 2017/2018 an jeweils 40 Minuten nach Abpfiff Zusammenfassungen der Bundesliga-Spiele zeigen. Bislang liefen diese Clips auf Springer-Digitalseiten, etwa bei Bild.de. Die Produktion und Vermarktung der Rechte ist nun auf Dazn übergegangen. Dort möchte man vieles anders als Springer machen. "Unsere Clips werden ,entertainiger', ohne den Makel des Boulevardesken zu haben", sagt Chefredakteur Michael Bracher. Deshalb lässt er seine Spieltagsberichte von einer auffällig anderen inneren Spannungsdramaturgie getrieben zusammenschneiden. Man möchte zeigen, dass sich die Bundesliga für die Smartphone-süchtige Generation Youtube bestens eignet. Dabei läuft sich die Streamingplattform schon mal warm: Vom nächsten Jahr an überträgt Dazn die Champions League dann auch mit Live-Rechten ganzer deutscher Partien.

Bei Eurosport, aber auch bei Sky, wo man von etwaigen Preisnachlässen für das geschrumpfte Bundesligaangebot nichts wissen will, gilt es zunächst einmal, den zu erwartenden Unmut vieler Fans an den ersten Spieltagen abzufangen. In den Callcentern sei es "relativ ruhig", sagt Holger Enßlin von Sky. Zumindest in dieser Frage gibt sich die Gegenseite offener. "Natürlich gehen da jede Menge Anrufe ein", sagt Susanne Aigner-Drews über die Eurosport-Hotlines. "Viele Zuschauer haben noch nicht einmal gemerkt, dass es zwei Rechteinhaber gibt", sagt sie. "Es wird noch heiß werden." Lärm und Leidenschaft gehören zum Fußball. Diese ruppige Spielart hätten sich viele Fans aber wohl lieber erspart.

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