Blocher und die "Basler Zeitung":Garant im Hintergrund

Basler Bürger protestieren gegen den weiterhin großen Einfluss Blochers auf die "Basler Zeitung" - sie fürchten eine "Berlusconisierung" der Schweiz.

Wolfgang Koydl

Die Basler Zeitung (Baz) kommt nicht zur Ruhe. Auch nach dem Verkauf des Verlages an den Tessiner Financier Tito Tettamanti halten Proteste gegen den rechtslastigen Kurs des Blattes in der traditionell eher linksliberal eingestellten Stadt am Oberrhein an. Am Wochenende demonstrierten mehrere hundert Menschen in der Basler Innenstadt gegen die "Berlusconisierung" der Schweiz. Damit bezogen sie sich auf den offenkundig unverändert starken Einfluss, den der Unternehmer, Politiker und Rechtspopulist Christoph Blocher auf das Blatt ausübt. Die Baz sei keine "Basler Zeitung mehr sondern ein politisches Projekt von Zürchern", erklärte der sozialdemokratische Basler Abgeordnete Beat Jans.

Swiss Minister of Justice and Police Christoph Blocher attends the council of state's winter session in Bern

Christoph Blocher übernimmt mit den Sanierungskosten für die hoch defizitäre Baz-Druckerei großen Einfluss auf das Blatt aus - womöglich größeren als zuvor.

(Foto: REUTERS)

Anfang vergangener Woche war bekannt geworden, was schon lange gemutmaßt worden war: Trotz hartnäckiger Dementis hatte die Familie Blocher, um den einflussreichen Spiritus Rector der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) in den vergangenen Jahren im Hintergrund stets die Fäden bei der Baz gezogen. Der Investor Moritz Suter hatte das Blatt 2010 nur als Strohmann gekauft.

Die Enthüllung der wahren Besitzverhältnisse führte offenbar zu großer Entrüstung bei den Lesern. Wie die NZZ am Sonntag berichtet, informierte Baz-Verlagsleiter Roland Steffen am vergangenen Donnerstag die Redaktion, dass binnen drei Tagen 1200 Leser ihr Abo aus Protest gekündigt hätten. Gemessen an der Auflage der Zeitung von rund 75.000 Exemplaren ist das zwar verschmerzbar; es war jedoch das Tempo der Abbestellungen, das Sorgen bereitete und - so die NZZ - zum Verkauf an Tettamanti führte.

Der Tessiner Geschäftsmann hatte zu dem Zweck eigens die Holding Medien Vielfalt gegründet. Im ihrem Verwaltungsrat sitzen einige enge Freunde Tettamantis - und Blochers. Tettamanti hatte die Baz schon einmal besessen, sie aber unter dem Eindruck von Protesten wegen seiner Nähe zu Blocher verkauft.

Der Einfluss Blochers auf die Baz ist entgegen dem von den Beteiligten in der Öffentlichkeit verbreiteten Eindruck weiter groß - manche Kritiker meinen gar, er sei größer geworden. Denn Blocher übernimmt die Sanierungskosten der hoch defizitären Baz-Druckerei - in unbegrenzter Höhe. Die Druckerei hängt am Verlag wie ein Felsbrocken am Hals eines Ertrinkenden. Nur dank dieser Finanzgarantie war es laut NZZ überhaupt möglich, kurzfristig Aktionäre zu finden, die sich an der Medien Vielfalt Holding beteiligten.

Die Zeitung zitiert den Berner Anwalt Georges Bindschedler, den zweitgrößten Aktionär nach Tettamanti, mit den Worten, dass er sich sehr schnell entscheiden habe müssen. "Im Fall der Basler Zeitung Medien profitieren wir Aktionäre von der unbeschränkten Garantie Blochers; er trägt die möglichen Defizite des industriellen Teils des Unternehmens", sagte er. Diese Garantie habe in gewisser Weise eine genaue Prüfung der Bücher der Baz ersetzt.

Für den weiterhin ungebrochenen Einfluss Blochers spricht zudem, dass auch die neuen Besitzer am umstrittenen Chefredakteur Markus Somm festhalten. Der Autor einer Blocher-Biographie - dessen redaktionsinterner Spitzname wegen seiner aufbrausenden Art "Rumpelstilzchen" sein soll - hat das Blatt vor allem in den Kommentarspalten auf einen strammen Rechtskurs getrimmt.

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