Arte:Ärztin dank Naturtalent

Arte: Cath (Jodie Whittaker) hat nie Medizin studiert, doch als falsche Ärztin rette sie Notfallpatienten das Leben.

Cath (Jodie Whittaker) hat nie Medizin studiert, doch als falsche Ärztin rette sie Notfallpatienten das Leben.

(Foto: Mainz/Red Production Company Li 2017)

Eine vierteilige britische Serie mit der fabelhaften Jodie Whittaker als Hochstaplerin legt ein krankes Gesundheitswesen offen.

Von Benedikt Frank

In ihrem Sheffielder Krankenhaus sieht Schwester Cath Hardacre täglich die Missstände: Personalmangel und Unterversorgung bringen Menschen in Lebensgefahr. Als sie die Situation intern anspricht, wird sie gefeuert. Was tun als geschiedene Mutter, die über die Runden kommen muss? Ihre Freundin Ally ist Ärztin, oder besser: sie war es, denn sie gibt den Beruf und ihr Leben in England auf, um in Neuseeland Schafe zu hüten. Cath könne sich von ihren zurückgelassenen Sachen ruhig nehmen, was sie brauche. Eigentlich meint Ally die Seidenblusen. Da findet Cath die Papiere der Aussiedlerin im Müll und bewirbt sich mit ihnen in einer Notaufnahme.

Die Schauspielerin Jodie Whittaker hat mittlerweile ja eigentlich längst einen quasi-offiziellen Doktortitel - seit sie als erste Frau die Rolle des Doctor Who in der gleichnamigen Serie hat. Jenes Zeitreisenden also, der seit mehr als 50 Jahren Großbritanniens beliebtester Serienheld ist. Die falsche Medizinerin Cath aus der Miniserie Verrate mich nicht, die Arte nun verspätet ins deutsche Fernsehen bringt, spielte sie bereits 2017 vor dieser großen Rolle. Das Drehbuch stammt von einem echten Arzt: Dan Sefton arbeitete im Krankenhaus, bevor er sich dem Schreiben widmete.

Er dürfte also wissen, wovon er redet. Zumindest was das Umfeld betrifft, denn sein Buch verlangt dem Publikum zunächst viel guten Glauben ab. Cath liest ein paar Lehrbücher, spickt anfangs noch etwas, aber bringt zunächst niemanden um und macht schließlich ihren Job sogar besser als alle anderen. Wie das gehen soll? Naturtalent, vor allem aber eine Empathiefähigkeit, die einige arrogante Kollegen längst verlernt haben. Akzeptiert man das, kommt Spannung auf. Die Lüge, die anfangs mehr Gehalt und ein besseres Leben verspricht, wird immer komplizierter aufrechtzuerhalten. Cath droht nicht nur Enttarnung, ihre Unsicherheit und ihre Wissenslücken sind höchst gefährlich. Zudem ist sie im Grunde ein ehrlicher Mensch, ihre Rolle wird immer mehr zur Belastung.

Da Cath die falsche Identität nur zum Wohl ihrer Tochter annimmt, das Herz am richtigen Fleck hat und die Arbeit meistert, bleibt sie trotz allem die Heldin der Serie. Im Kern ist Verrat mich nicht ein Drama über die schlechten Seiten des Gesundheitssystems, über Versäumnisse gegenüber Patienten, Krankenhaus-Hierarchien, überzogene Erwartungen an Ärzte und über die falschen Prioritäten derjenigen, die diesen Beruf ergreifen. In vier Folgen bleibt allerdings nur wenig Zeit, all das auszuarbeiten, sodass die Geschichte wenig subtil daherkommt. Zum Ausgleich macht Jodie Whittakers hervorragendes Schauspiel die Serie sehenswert.

Verrate mich nicht. Arte, 20.15 Uhr.

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