Tabakmarkt:Größer, dicker, auffälliger

XX Habanos Festival in Havana

Ein Mann in Havana, Kuba, raucht eine Zigarre.

(Foto: REUTERS)
  • Der kubanische Zigarrenhersteller "Habanos S.A." hat seinen Absatz im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gesteigert.
  • Das ist bemerkenswert, weil der Tabakhandel zunehmend schwieriger wird - durch Steuererhöhungen, Embargos und wandelnden Lebensstil.
  • In Deutschland sank 2018 der Konsum von Zigaretten, während der aller anderen Tabakwaren um 6,5 Prozent zunahm.

Von David Pfeifer

Auf Kuba eine Zigarrenfabrik zu besuchen, ist etwa dasselbe, wie in München aufs Oktoberfest zu gehen. Da finden Rausch und Folklore, Klischee und Unvernunft zusammen. Sogar Nichtraucher verlassen die Fertigungsstätten, in denen die Zigarren noch von Hand gerollt werden, häufig mit einem Kistchen Cohiba oder dergleichen. Alleine im Jahr 2018 wurden kubanische Zigarren im Wert von 475 Millionen Euro verkauft, wie der halbstaatliche Tabakkonzern "Habanos S.A." Anfang der Woche mitteilte. Die wichtigsten Absatzmärkte sind Spanien, China, Frankreich, Deutschland und Kuba selbst.

Die Summe entspricht einer Absatzsteigerung um sieben Prozent zum Vorjahr, was bemerkenswert ist, weil Rauchen weltweit eher an Popularität einbüßt. José María López Inchaurbe, der Vizepräsident für Geschäftsentwicklung von Habanos S.A., die Marken wie Cohiba, Montecristo und Partagás herstellt, gab zu Protokoll, die Regularien für den Tabakmarkt würden zunehmend schwierig. In den Golfstaaten gab es für den Privatkauf von Tabak eine Steuererhöhung von 100 Prozent: "Man kann sich vorstellen, welche Auswirkungen das hat." Aufgrund des Wirtschaftsembargos darf Habanos S.A. seine Ware zudem nicht in die USA verkaufen. Trotzdem wächst der Umsatz.

In Deutschland sank 2018 der Konsum von Zigaretten, während der aller anderen Tabakwaren zunahm, besonders der von Zigarren und Zigarillos - um 6,5 Prozent. Die Zigarre ist nicht nur deutlich teurer und brennt viel länger, sie ist auch größer, dicker und schlicht auffälliger als eine Zigarette. Sie ist ganz Signal. Männer nutzen sie gerne, um eigene Größe anzuzeigen, als Rauchzeichen des Ego. Sie schmeckt vielleicht nicht so fein wie Alkohol, und bringt weniger Spaß als Cannabis, aber sie macht nicht dick und nicht doof. Krebserregend sind Zigarren natürlich trotzdem, aber beliebt bei Fußballern und Filmstars, also bei Menschen, die von Berufs wegen auf ihre Figur achten - aber gleichzeitig die Lunge schonen wollen.

Als einer der berühmtesten Körper der Gegenwart, Arnold Schwarzenegger, zwischendurch Gouverneur von Kalifornien war, ließ er vor seinem Amtssitz in Sacramento ein Zelt aufstellen, um darin seine geliebten Zigarren zu rauchen. Sonst weichen Aficionados heute gerne in Raucherklubs aus, die die optimalen Umweltbedingungen simulieren. Ein Zigarrenraucher, der sich im Sprühregen vor dem Bürohochhaus zu den Zigarette rauchenden Kollegen stellt, ist kaum vorstellbar.

Der Zigarren-Aficionado ist näher dran am Rotwein-Connaisseur, dem edlen Genießer. Und wie beim Wein gibt es bei Zigarren Sammler, Händler, Fachsprache und gemeinsame Verkostungen. Die Ware muss natürlich im temperierten Schrank gelagert werden. Kurzum: Es wird ein Lifestyle daraus gemacht, oder wenigstens eine Leidenschaft inszeniert. Und eine Leidenschaft darf eben etwas kosten. Aficionados sorgen sich denn auch weniger darum, dass die kubanischen Edel-Zigarren immer teurer werden, sondern dass die Kubaner mit der Produktion handgefertigter Qualität nicht mehr hinterherkommen. Ähnlich ärgerlich nämlich, wie eine teure Flasche Rotwein, die korkt, ist eine Zigarre, die zwölf oder 1000 Euro gekostet hat, und nicht zieht.

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