Süddeutsche Zeitung

Zeitumstellung:Verwirrt im Bett

Schlafforscher kritisieren die Sommerzeit - die Mehrheit der Deutschen kommt mit der Zeitumstellung nicht zurecht. Experten befürchten sogar negative Auswirkungen auf die Gesundheit.

Mit der bevorstehenden Zeitumstellung kommt die innere Uhr vieler Menschen nicht zurecht. Bei einer am Donnerstag veröffentlichten Forsa-Studie für die Krankenkasse KKH-Allianz berichtete fast die Hälfte der 1006 Befragten von Schlafproblemen.

Die meisten bräuchten einige Tage, um wieder in den normalen Schlafrhythmus zu finden, hieß es. Andere seien stärker auf den Wecker angewiesen oder kämen morgens schwerer aus dem Bett.

Höhere Gefahr von Herzinfarkten Auch führende Schlafforscher kritisieren die Umstellung auf die Sommerzeit. "Ich halte sie nicht nur für überflüssig, sondern auch für schädlich", sagte der Regensburger Psychologe Jürgen Zulley der Wochenzeitung Die Zeit. Sein Münchner Kollege Till Roenneberg nennt die Sommerzeit einen "von oben diktierten Eingriff in unser biologisches Zeitsystem".

Neue Untersuchungen zeigten, sagte Roenneberg, dass sich die Zeitumstellung nicht nur kurzfristig negativ auf die Gesundheit auswirke, etwa in Form von Schlafstörungen oder vermehrten Herzinfarkten. Vielmehr störe sie sieben Monate lang bis zum Anfang der Winterzeit die innere Uhr der Mehrheit der Bevölkerung. Das könne zu Schlafmangel führen, der generell als ungesund gilt.

"Richtig gewöhnen wir uns daran nie", sagte der Chronobiologe Roenneberg und bezog sich dabei auf seine Forschungen über den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Auch die österreichische Neurologin Birgit Högl sieht nach dem Bericht "einfach keinen überzeugenden Grund, die Sommerzeit zu behalten". Schlafforscher Zulley forderte die Abschaffung: "Es würde unserer Biologie eher entsprechen, in der Winterzeit zu bleiben."

Besonders Eulen-Typen gestört durch Umstellung

Der Wissenschaftler Horst-Werner Korf vom neu gegründeten Chronomedizinischen Institut der Uni in Frankfurt/Main sagte im Deutschlandradio Kultur, dass insbesondere die sogenannten Eulen-Typen, also eher nachtaktive Menschen, in ihrer biologischen Uhr durch die Umstellung auf die Sommerzeit gestört seien.

Diese Eulen-Typen müssten durch den Verlust einer Stunde am Tag der Umstellung noch früher aufstehen, was ihnen ohnehin besonders schwer falle.

"Wenn sie im Arbeitsleben sind, müssen sie sich ja an den Rhythmus der Gesellschaft anpassen", erklärte Korf. Das bedeute auch, dass die Nahrungsaufnahme sich verändere und der permanente Wechsel zu Funktionsstörungen führe. Insbesondere die Leber benötige relativ lange, etwa sechs bis sieben Tage, um sich an diese Funktionsveränderungen anzupassen.

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Quelle:
Zacharias Zacharakis, DAPD/pfau/leja
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