Zeitschriften:Busen, Bonn und Bonzen

Zeitschriften: Nostalgie gemischt mit einer erstaunlichen Offenhosigkeit: die erste Ausgabe von "SuperIllu".

Nostalgie gemischt mit einer erstaunlichen Offenhosigkeit: die erste Ausgabe von "SuperIllu".

(Foto: Burda)

Im Jahr 1990 schuf der westdeutsche Burda-Verlag die "SuperIllu" als Heimatmedium des Ostens in einer wiedervereinten Medienrepublik. Heute noch mal durch die ersten Ausgaben zu blättern, ist durchaus lehrreich.

Von Cornelius Pollmer

Diese Zeitschrift ist wie eine Sitzgarnitur bei älteren Verwandten, sehr gemütlich, ein bisschen zu bunt vielleicht, die Bezüge an ein paar Stellen schon etwas angescheuert. Die Superillu war und ist noch viel mehr das Heimatmedium des volkstümlichen Ostens, ein Ort der Selbstbefassung, dem der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz einen "therapeutischen Wert" diagnostizierte. Im August 1990 warfen Hubert Burda, Helmut Markwort und Jochen Wolff das Heft auf den Markt, es war vom Start weg die reichweitenstärkste Zeitschrift des Ostens - und auch ohne tiefenpsychologische Deutungen ist es lehrreich und erstaunlich, die ersten Ausgaben heute noch einmal durchzublättern.

Es war ja anfangs nicht so (und ist es heute nicht mehr), dass in zwei von drei Wochen Dagmar Frederic vom Titel lugte. Stattdessen verdaute die Superillu in einer Mischung aus Furor, Lakonie und Geilheit jegliches Geschehen im Nachwendeosten. Sie sorgte sich um "die verführten Töchter" der Ex-DDR und erzählte "vier Beispiele für gefährliche Träume", etwa den von Sandra (19), "80 Mark für französisch /Später mal ein Café aufmachen". Überhaupt ging es auf Titeln und in Texten am Anfang in bemerkenswerter Offenhosigkeit um alle, denen die Liebe nicht nur in Gedanken nützt. So fragte "Olaf (37), Melker, Brandenburg" in einem Leserbrief, ob ernsthaft jemand glaube, "die Wessis" hätten "das Rudelbumsen" erfunden. Superillu sekundierte per Schlagzeile: "Gruppensex - bei uns viel schärfer als im Westen".

Hausbesuche in Stripteasebars, "Sex - die geheimen Wünsche der Männer", und in derselben Ausgabe wie "die 20 wichtigsten Winter-Vitamine". So geht es heiter und hitzig durch die Ausgaben, und manchmal kann einen beim Blättern auch heute noch die bloße Fassungslosigkeit erschlagen wie zum Beispiel bei folgender Bildunterschrift: "Faszination Neger: Warum schwärmen so viele weiße Frauen für farbige Männer?"

Eine West-Journalistin sollte Ost-Männer testen. Das Ergebnis: eher ernüchternd

Manche Teiltatsächlichkeiten und Narrative von damals scheinen sich fast unverändert in die Gegenwart verlängert zu haben. Schon 1991 machte Superillu "die große Ungerechtigkeit" aus und zählte vom Auto-Kat bis zur Hundesteuer auf: "So betrügt uns Bonn". Fast penetriert wurden seinerzeit auch echte und vermeintliche kulturelle Unterschiede zwischen Ost und West, zuweilen unter Mithilfe durch die Superillu selbst und ihre kuriosen Experimentieranordnungen. So wurde eine Journalistin (West) losgeschickt, "6 Tage und Nächte hat sie die Ost-Männer getestet" und das Ergebnis dieses "Tests" fand Eingang in die nächste Schlagzeile: "Diese Frau gibt allen Ost-Männern Note 6".

Wiederum darauf reagierten Leserinnen und Leser der Superillu mit Verteidigung ihrer Ehemänner ("Er bekommt von mir eine Note 1") respektive Selbstkritik ("halte mich auch nicht für eine Note 1"). Aufgrund der großen Resonanz legte Superillu zwei Ausgaben später ein weiteres Mal nach, "Von der Ost-Frau getestet" wurden nun Männer des Westens, darunter "Michael W. (37), Kreditkarten-Hai auf Ossi-Mädel-Fang" und "Herrmann G. (32), die neureiche Sprechblase". Fazit: "Wenn der West-Mann merkt, dass er nicht gleich zum Ziel kommt, gibt er schnell auf - ist ihm zu mühsam."

Fazit nicht nur dieses Fazits: heilsam zu lesen, wie durcheinander und grobschlächtig die Betrachtungen der ersten Jahre ausfielen. Das Land scheint einem vor diesem Hintergrund heute deutlich weiter und in vielen Fragen viel näher beieinander, als man es sonst manchmal glaubt. Kam ja nicht alles so schlecht wie auch in der Superillu befürchtet. Nicht überprüft allerdings wurde für diesen Text der großen Astrologen-Test aus Ausgabe 41, Oktober 1991. Bange Leitfrage: "Können sie wirklich die Zukunft vorhersagen?

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