US-Farmer auf YouTube:Bauernweisheiten

Landwirte als YouTuber

Suzanne Swift-Cook nennt sich auf YouTube "WT Farm Girl".

(Foto: Screenshot YouTube)

In den USA machen neuerdings Landwirte als Video-Blogger Furore. Auch einige deutsche Bauern machen schon zaghafte Versuche als YouTuber.

Von Claus Hulverscheidt

Wenn Suzanne Swift-Cook in ihre Stiefel schlüpft, sich die Basecap über den Blondschopf zieht und an die Arbeit macht, fiebern oft Tausende Menschen mit, manchmal sogar Zehntausende. Verwunderlich ist das nicht: Die Mittdreißigerin ist witzig, freundlich und attraktiv, zeigt Alltagserfolge ebenso wie kleine Missgeschicke und lacht gerne - auch über sich selbst. Nicht jeder, der die Menschheit mit einem eigenen Kanal beim Video-Portal Youtube beglückt, kann das von sich sagen. Doch es ist eine andere Besonderheit, die Swift-Cook aus der Masse der Youtuber herausragen lässt: Sie ist Bäuerin.

Dass ausgerechnet Landwirte Furore als Video-Blogger machen, ist auch in den USA ein recht neuer Trend. Allein Swift-Cook, die in einem 500-Einwohner-Dorf in Michigan mit ihrem Mann einen kleinen Hof aufbaut und sich in ihren Filmchen "WT Farm Girl" nennt, kommt auf mittlerweile 41 000 Abonnenten. Darunter sind Freunde, Nachbarn und Kollegen. Aber auch immer mehr Städter haben Interesse, wie Zach Johnson, Soja- und Mais-Bauer aus Minnesota, festgestellt hat. "Viele Menschen haben gar keine Vorstellung mehr von Landwirtschaft", sagt der 34-Jährige, der gar 310 000 Abonnenten vorweisen kann. "Sie sind neugierig, wo ihre Lebensmittel herkommen und wer die Menschen sind, die sie herstellen."

Während Swift-Cook Youtube vor allem nutzt, um ihr schönes, aber auch anstrengendes Leben zu zeigen, sieht Johnson seinen Kanal auch als Chance, die Zuschauer aufzuklären. So erläutert er beispielsweise, warum er in seinem Betrieb genetisch verändertes Saatgut und Pestizide verwendet. Es sei wichtig, dass die Bauern einmal selbst zu Wort kämen, erklärt er im Gespräch mit der Agentur Bloomberg - und nicht nur die Kritiker auf ihren Großstadtpodien. 53 Millionen Mal wurden die Videos des "MN Millennial Farmers" bis heute angeklickt. Sein Kollege Joshua Draper, Ex-Soldat und nun als "Stoney Ridge Farmer" aus North Carolina im Internet unterwegs, wirbt in seinem Kanal auch dafür, dass mehr ehemalige Kameraden die Landwirtschaft für sich entdecken. Damit - und mit seinen Kettensägen- und Planierraupen-Videos - hat er 240 000 Abonnenten gewonnen.

Für manche Bauern ist Youtube längst nicht mehr nur ein Spiel- oder Aufklärungswerkzeug, sondern auch eine gute Einkommensquelle. Johnson etwa verkauft T-Shirts und Basecaps mit dem Logo seiner Farm, hält bezahlte Vorträge, empfiehlt in seinen Filmen bestimmte Landmaschinenhersteller und kassiert von Youtube Werbeeinnahmen. In manchen Jahren, so sagt er, verdient er mit seinen Videos, Blogs und Podcasts mittlerweile fünf Mal so viel wie mit dem eigentlichen Geschäft, der Landwirtschaft.

Einige wenige Video-Bauern gibt es im Übrigen auch in Deutschland, Dirk Nienhaus etwa aus dem Münsterland. Auch er lässt seine fast 20 000 Abonnenten an seinem Alltag teilhaben und nutzt den Kanal zugleich dazu, um unter Titeln wie "Ich rege mich auf!" oder "Friday for Farmers" seine Meinung zu strittigen Themen wie Ferkelkastration oder nitratbelasteten Böden unters Volk zu bringen. Einen hochtrabenden Titel wie "Millennial Farmer" braucht er dafür nicht - sein Kanal heißt kurz und knackig: "Bocholter Landschwein".

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