Wohnzimmer:Heiligabend

Wohnzimmer: Illustration: Dominik Wendland

Illustration: Dominik Wendland

Laubbäume werfen im Herbst ihre Blätter ab, Nadelbäume eher nicht. Und dann gibt es da noch Christbäume. Über einen sticheligen Dezembergast und was er mit einem Grundschüler und was mit Oma gemeinsam hat.

Von Ramona Dinauer

In Millionen deutschen Wohnzimmern steht spätestens heute Abend eine neue Mitbewohnerin. Sie ist nicht irgendwer. Sie ist der Star des Abends, zwischen acht und zwölf Jahre alt und magisch erleuchtet. Gemeint ist die Nordmanntanne - Stimmungsmacherin, Kugelgarderobe und absoluter Christbaumliebling der Deutschen. Und tatsächlich fallen ein paar Ähnlichkeiten auf, die die Nordmanntanne zu einer echten Mitbewohnerin machen. Menschen haben - je nach Haartyp - unterschiedlich viele Haare auf dem Kopf. Schwarzhaarige und Brünette rund 100 000, Rothaarige etwa 90 000. Blonde haben dünnere Haare und mehr: rund 150 000 pro Kopf. Das ist fast so viel, wie eine Nordmanntanne Nadeln hat. Für eine Fernsehsendung haben Schüler und Schülerinnen einem 1,63 Meter großen Exemplar alle Nadeln ausgerissen und nachgezählt. Sie kamen auf 178 333. Wie schnell die runterrieseln? Einfach einmal täglich unterm Baum zusammenfegen und Nadeln zählen. Menschen jedenfalls verlieren jeden Tag bis zu 100 Haare, auch Kinder. Und Weihnachtsbäume sind fast immer Kinder. Spätestens wenn sie zwölf Jahre alt sind, werden sie nämlich umgesägt. Sie sind dann deutlich größer als ein gleichaltriges Kind, gerade so, dass sie noch gut ins Wohnzimmer passen. Dabei werden kleinere Exemplare immer beliebter. Das ist ein bisschen komisch. Während die Christbäume in Deutschland immer kleiner werden, werden die, die mit ihnen feiern, immer größer: im Durchschnitt sind die Deutschen heute etwa 12 Zentimeter größer als vor 100 Jahren. Und immer älter werden sie auch. Das Alter einer Tanne lässt sich ganz einfach am abgeschnittenen Stamm abzählen: ein Ring, ein Jahr. Bei Menschen ist das komplizierter. Und nein, Bauchringe (etwa von den vielen Plätzchen, die jetzt überall herumstehen) sagen nichts über das Alter aus. Ein frischer Christbaum besteht etwa zu 50 Prozent aus Wasser. Bei Menschen sind es sogar zwei Drittel. Je älter sie werden, desto weniger Wasser haben sie in ihrem Körper. Ein Christbaum, könnte man vielleicht sagen, ist ein bisschen wie Oma. Beide gehören sie zu Weihnachten, beide sind ganz nah dran an den Geschenken und beide bestehen zur Hälfte aus Wasser.

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