Wohltäter:Warum Menschen Parkbänke stiften

Wohltäter: Die "Enkel-Bank" von Tilbert Boden im Kölner Stadtwald.

Die "Enkel-Bank" von Tilbert Boden im Kölner Stadtwald.

Manchen geht es nur ums Sitzen. Für andere spielt die Erinnerung an einen lieben Menschen eine Rolle - oder der Papst. Sechs Parkbank-Geschichten.

Von Monika Goetsch

Eine Bank ist eine wunderbare Erfindung. Man hat ein Plätzchen im Freien. Rastet. Döst. Guckt. Vor sich eine Wiese, ein Tal oder die Fassade der Kreissparkasse. Egal. Verschnaufen tut gut. Eigentlich müssten an allen Ecken und Enden Bänke stehen. Aber den Kommunen fehlt das Geld. Darum springen neben Geschäftsleuten und Vereinen immer häufiger auch Privatleute ein.

Zum Beispiel hat die Kölner Grün-Stiftung mehr als eine Million Euro Spenden für Bänke gesammelt. Andernorts wendet sich, wer Bankpate sein möchte, am besten ans örtliche Rathaus. Dort erfährt man, ob und wo neue Bänke aufgestellt werden können. Manchmal ist die Spende auch nötig, um bereits vorhandene Bänke zu pflegen und auszubessern. Viele werden auf Wunsch auch neu angefertigt: aus Holz oder Stahl, lackiert oder naturbelassen, in Standardbreite oder ein bisschen größer, damit man sich nicht zu sehr darauf drängeln muss.

Die Preise und Laufzeiten für eine Patenschaft variieren. Meistens zahlt man ein paar Hundert Euro für eine begrenzte Zeit. Bänke, die für immer stehen sollen und vielleicht unterpflastert werden müssen, sind teurer. Was für die Bänke auf dieser Seite bezahlt wurde, wird nicht verraten, denn fast immer ist eine Bank ein Geschenk. Ein Messingschild erzählt, worauf es dem Spender ankommt. Und wer der Beschenkte ist.

Eine Station für Enkel

Wir wollten etwas für unseren Kölner Stadtwald tun und dachten daran, eine Bank zu stiften. Aber für wen? Und zu welchem Zweck? Da fielen meiner Frau unsere Enkel ein. Wir haben sehr viele, und zu unserem großen Glück leben sie alle in Köln. Unsere mittlere Tochter wohnt sogar mit ihrer Familie in unserem Haus.

Wir sehen unsere Enkelkinder oft, sie haben auch untereinander ein gutes Verhältnis und machen vieles gemeinsam. Als Großeltern sind wir ziemlich gefordert, jede Familie greift auf uns zurück, wenn etwas zu tun ist. Wir bringen zum Beispiel unsere Enkelin zum Reiten und holen sie wieder ab und springen ein, wenn Not am Mann ist. All das tun wir sehr gern.

Unsere Enkel-Bank befindet sich an einem See, wir kommen öfter mit dem Fahrrad daran vorbei. "Gestiftet für unsere Enkel" steht darauf, mit allen acht Vornamen. Ursprünglich waren es sieben. Als der achte Enkel kam, haben wir das Schild abmontiert und nachgebessert.

In unserer Küche, wo wir jeden Morgen frühstücken, sind zwei Fotos wunderschön aufgehängt. Das erste wurde vor etwa sechs Jahren gemacht. Alle Kinder sitzen ganz ordentlich auf der Bank. Auf dem zweiten ein paar Jahre später passen sie schon nicht mehr richtig drauf. Wer am Rand sitzt, hat einen Schenkel in der freien Luft. Jetzt haben wir das Foto noch mal gemacht. Eine Enkeltochter fehlt, sie ist gerade nicht in Deutschland. Aber wir anderen haben uns an der Bank unter Bäumen versammelt, wie früher.

Dr. Tilbert Boden, 75, Arzt, Köln

"Parkbank und Sonnenschein, könnte etwas schöner sein?"

Ein Eck zum Gucken

Wenn die Sonne scheint, lockt und zieht es mich nach draußen. Die Bank habe ich mir zu meinem 80. Geburtstag gewünscht, am 20. August vor zwei Jahren. Ich habe ja nun schon ein gewisses Alter, da sitzt man ganz gern. Der Britzer Garten ist nicht weit entfernt von meiner Wohnung, ich halte mich viel dort auf. In einer Viertelstunde bin ich mit dem Fahrrad da. Und wenn es mir mal nicht so gut geht, fahre ich zwei Stationen mit dem Bus.

Die Anlage ist wunderschön, jeder, der hinkommt, ist begeistert. Für meine Bank habe ich einen Platz unter einem netten kleinen Café gewählt. Sie hat dort beides: vormittags Sonne, nachmittags Schatten. Mein Name steht da, und ein kleiner Spruch ist angebracht: "Parkbank, Buch und Sonnenschein, könnte etwas schöner sein?" Man denkt sich das so. Aber da ist so viel zu gucken, dass man zum Lesen gar nicht kommt.

Zu meinem 81. Geburtstag haben wir meine Bank eingeweiht, mit Sekt aus Pappbechern, die Familie war da und alle Freunde, die Zeit hatten. Mal kamen die einen, mal die anderen, ich war richtig beschäftigt mit meiner Bank. Man trifft immer irgendwen. Meine Bank hat bestimmt schon viel erlebt, sie hätte eine Menge zu erzählen. Vielleicht sogar mehr als ich.

Margot Orzegowski, 82, Rentnerin, Berlin

Ein Gruß vom Papst

Als der Papst 2011 in Freiburg war, wurden 5000 Bänke aufgestellt. Ein paar Wochen später konnte man sie kaufen. Ich habe zwei, obwohl ich evangelisch bin. Ökumene ist mir wichtig. Eine steht im Garten vor unserem Weingut, die andere hier oben. Sie wurde mit einem kleinen Laster hier hochgeschafft, das war nicht kompliziert. Ich habe eine Lehne installieren lassen, auf der mein Name steht. Das soll reichen. Mein Sohn Martin und ich sind Winzer. Hier oben wächst ein Teil unserer Trauben. Eine harte Arbeit in dieser Steillage.

Wohltäter: Otto Frey auf seiner "Papst-Bank".

Otto Frey auf seiner "Papst-Bank".

Aber trotz aller Erschwernisse ist es eine Freude, in den Reben zu sein. Die Natur bringt so viel Schönheit hervor! Wenn es die Zeit erlaubt, sitze ich auf der Bank. Man blickt vom Südschwarzwald ins Rheintal und hinüber, zu den Vogesen, eine einmalige Situation.

Das Häusle, vor dem die Bank steht, hat mein Urgroßvater 1872 gebaut und den Leuten geschenkt, die hier lebten. Es bietet seither Schutz bei Regen und Unwetter. Wir haben allerdings große Probleme mit Vandalismus. Darum hat das Häusle keine Tür mehr. Ich würde mich wahnsinnig ärgern, wenn die Bank beschädigt würde. Bisher ist aber nichts passiert. Vielleicht, weil man daran denkt, woher sie kommt.

Otto Frey, 70, Winzer, Denzlingen

Ein Ort zum Aufmöbeln

Ich wohne in Tempelhof in der Fliegersiedlung. Durch die Gartenstadt zieht sich der Parkring. Dort steht in einer Talsenke, dem Plantscher, meine Bank. Ältere Menschen sind hier gern unterwegs und Frauen mit kleinen Kindern. Oft auch Pärchen oder Leute, die sich abends mit einer Flasche Bier treffen.

Wohltäter: Bankpate Heinrich Stockschlaeder in Berlin.

Bankpate Heinrich Stockschlaeder in Berlin.

Bankpate bin ich geworden, weil ich gemerkt habe, dass man etwas tun muss. Meine Lebensumwelt besteht ja nicht nur aus unserem Wohnzimmer. Wenn ich mich wohlfühlen will, ist es meine Pflicht, mit dafür zu sorgen, dass es auch draußen gut aussieht.

Der Zustand vieler Bänke war miserabel. Der Plantscher wurde zeitweise immer mehr zur Alkohol- und Drogenecke. Vandalismus kennen wir auch. Dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg fehlt das Geld, sich um die Bänke zu kümmern. Darum bietet unser Verein Parkring e.V. Bankpatenschaften an, und wir sammeln Spenden. Mal muss eine Bank abgehobelt und überstrichen, mal eine Bohle ersetzt werden. Ab und zu drehe ich eine Runde und notiere mir, welche Bank man aufmöbeln muss. Aber manchmal setze ich mich auch einfach hin, spüre die Sonne auf der Haut und schaue mich um.

Heinrich Stockschlaeder, 60, Senatsverwaltung, Berlin

"Ich bin vor Glück fast verrückt geworden"

Eine Stelle zum Erinnern

Ich weiß nicht, ob ich ohne Katrin Fischer Schauspielerin geworden wäre. Sie war viel mehr als eine Theaterpädagogin. Ihre Liebe zum gesprochenen Wort, zum Schauspiel, zum Theater war so groß, ihre Arbeit so ernsthaft - das hat mich mitgerissen.

Für mich war sie einer der Menschen, die man für sein Leben behält. Dann wurde sie krank, und irgendwann war uns allen klar, dass es zu Ende geht. Aber wir haben gehofft. Nach ihrem Tod wollten wir, ihre ehemaligen Schüler, etwas tun, das über eine Trauerkarte hinausgeht. Die Bank, die wir Katrin Fischer gewidmet haben, steht in Leipzig in einem Halbrund mit anderen Bänken, unter Bäumen, sehr idyllisch.

Gedenkbank Katrin Fischer

Die Gedenkbank zu Ehren von Katrin Fischer in Leipzig.

(Foto: Charlotte Sattler)

Ein Gedicht haben wir prägen und an der Bank befestigen lassen. Es heißt "einladung zu einer tasse jasmintee " und stammt von Reiner Kunze: "Treten Sie ein / legen Sie Ihre traurigkeit ab, hier / dürfen Sie schweigen."

Als wir uns dort alle das erste Mal trafen, haben wir uns festgeschnattert, und ich dachte: Vielleicht ist es das, was sich Katrin für uns wünscht. Diesen Sommer wollen wir uns wieder dort treffen. Ich hoffe, die Bank bleibt ein Ort zum gemeinsamen Erinnern. Schon die Vorstellung, auf einer Bank zu sitzen, gibt mir ganz viel Ruhe.

Alissa Jung, 35, Schauspielerin, Berlin

Ein Hort des Glücks

Zu meinem Geburtstag im vergangenen Jahr bekam ich ein Brett, aus dem ein Engel ausgesägt war. Die Kinder sagten: Es gäbe eine Überraschung. Ein paar Monate später schenkten sie meinem Mann einen Topf mit Heidekraut. Wir wussten nicht, was gemeint war.

Aber dann fuhren wir alle zusammen in die Lüneburger Heide, eine Gegend, die wir besonders doll lieben. Kurz vor Wilsede sahen wir die Bank stehen, mit einer roten Schleife drum. "Für Moma und Popa von Euren Kindern und Enkelkindern, Verein Naturschutzpark e.V." stand darauf.

Ich bin vor Glück fast verrückt geworden! Wir konnten die Bank natürlich nicht mit nach Hause nehmen. Aber eine Enkeltochter sagte: Ist doch schön, dass sich jeder darüber freuen kann! Das fand ich entzückend. Seither lebt diese Bank mit uns, sie ist ein Bestandteil unserer Familie. Wir reden nicht jeden Tag über sie. Aber ab und zu fällt sie einem von uns ein.

Im Winter haben wir uns gefragt, ob Schnee auf ihr liegt. Bald wollen wir wieder nach ihr gucken. Man fühlt sich einfach verantwortlich. Einmal sind wir mit dem Rad an der Bank vorbeigefahren, da saßen schon zwei. Sie haben uns so strahlend gegrüßt! Bestimmt wussten sie, dass uns die Bank gehört.

Jutta Franck, 70, Teeladenbesitzerin, Hamburg

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