Wie fühlt sich das an?:Ausrutschen kurz vor dem Olympiasieg

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Vor einem Jahr gewann die Mountainbikerin Sabine Spitz olympisches Gold im Crosscountry. Auf den letzten Metern machte sie es sehr spannend.

Thomas Becker

"Die letzten Kilometer zu Gold! Mein großer Traum zum Greifen nah. Jetzt nur keine Fehler mehr machen! Ich bin angespannt, hoch konzentriert. Die letzte knifflige Abfahrt - ein Gefälle von 70 Prozent - liegt noch zwischen mir und dem größten Triumph meines Lebens.

Gold! So jubelte Sabine Spitz vor einem Jahr. (Foto: Foto: Reuters)

Ich weiß: Ich habe Vorsprung, aber nicht so viel, dass ich mir einen gravierenden Fehler erlauben darf. Volle Konzentration, nicht ans Ziel denken, sondern an jeden Meter, jeden Stein vor Dir!

Zuerst bergan, acht steile Serpentinen, dann zum höchsten Punkt über eine Rinne, zwischen Felsen vorbei. Am höchsten Punkt fällt die Strecke in einer engen 90-Grad-Kurve steil nach rechts ab. Mit Puls 190 und maximaler Körperspannung muss man in sich in das Loch stürzen, Gewicht nach hinten, aber auch nicht zu weit, um noch steuern zu können.

Dann, am höchsten Punkt vor der Kurve, passiert es: Ich setze mit dem Pedal auf, verliere den Halt, kann den steilen Downhill nicht fahrend in Angriff nehmen.

Adrenalin pur, cool bleiben, sage ich mir. Du hast die Zeit, nicht die Nerven verlieren. Also kurz stoppen, wieder ins Pedal reinklicken. Wenn das nur so einfach wäre wie sonst! Jetzt wieder anfahren. Ich fühle mich unsicher bei der Einfahrt in das steilste Stück. Gegenlenken, mittige Position auf dem Bike suchen, nicht bremsen, laufen lassen, Geschwindigkeit bringt Sicherheit.

Jetzt habe ich es gleich, die Bäume fliegen an mir vorbei, ich finde wieder den Flow. Es ist geschafft, jetzt kann mich nichts mehr aufhalten, ich sehe Gold vor Augen. Das Bewusstsein, wie schnell das hätte ins Auge gehen können, ist jetzt nicht vorhanden. An den Bildschirmen ist Millionen von Zuschauern wohl fast das Herz stehengeblieben. Aber ich konnte zum Glück im richtigen Moment cool bleiben. Das war meine Rettung."

© SZ vom 24.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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