Whisky und Speisen - ein Buch:Cassoulet und Knockando

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Kochen mit Whisky? Klingt doch gut. Wir verstehen darunter allerdings ein bisschen mehr, als den Hochprozenter zum Essen zu schlürfen.

Andreas Schätzl

Vor gar nicht langer Zeit war es kaum vorstellbar, Whisky und veritables Essen zu kombinieren. Wodka, die weitgehend aroma- und geschmacksfreie klare Spirituose, ja - aber die mit ungleich mehr Eigengeschmack aufwartenden Gersten-, Mais- und Roggendestillate? No way. Nicht nur die "Fachwelt", namentlich so genannte Wein-"Connaisseure", zogen die Nasen hoch und die Mundwinkel runter. Zu stark und zu intensiv seien diese braunen Schnäpse, um mit ihnen edle Köstlichkeiten zu verfeinern.

Dazu? Ja. Hinein? Nein. Whisky und Speisen. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

In der Tat: Hoher Alkoholgehalt und Intensität im Geschmack können zum einen die Geschmacksnerven betäuben, zum anderen den Gout der Speisen meucheln.

Neues Terrain...

Aber inzwischen weiß man auch: Es gibt genügend Essen, das hervorragend mit den mindestens 40-prozentigen Whiskys harmoniert. Oft sind sogar unpassend bis abwegig anmutende Liaisonen die echten Bringer: feiste Foie-gras-Terrine mit Speyside-Malt-Whisky in der Champagnerflöte, Lamm-Eintopf begleitet von einem torfig-rauchigen Insel-Brecher oder Bitterschokolade und Rye-(Roggen-)Whiskey (in den USA und Irland schreibt man Whiskey meist mit "e").

Es ist mittlerweile auch keine Schande mehr, Whisk(e)y mit Wasser zu zähmen. Aber sehen wir den Tatsachen ins Gesicht: Keine Spirituose wird jemals Wein, Chamapgner oder Bier als klassischen Begleiter zum Essen verdrängen - auch kein noch so raffiniert aufbereiteter Whisky.

Das Buch "Whisky & Food" der Schweizer Wein-Autorin Chandra Kurt ist voll von solchen mehr oder minder verblüffenden Kombinationen: Pappardelle mit Parmesan und Dalwhinnie (wir nennen jetzt Namen), üppiger Bollito misto (eine mächtige norditalienische Komposition aus mindestens vier Sorten Fleisch und Wurst in würziger Bouillon) mit schwerem Lagavulin, oder roher Tintenfisch zu Mortlach oder Auchroisk - alles kein Problem. In dieser Kombinatorik, aber auch in der souveränen Finesse der Kochrezepte zeigen sich Expertise und Experimentierwillen der geborenen Sri-Lankerin.

...aber keine neuen Welten

Was in dem quadratisch geformten 160-Seiten-Schwarzweiß-Opus allerdings zu kurz kommt, ist Whisky als echte Kochzutat. Dabei täten sich gerade hier wirklich neue Welten auf. Alkohol gilt - so wie Fett - als ein wichtiger Geschmacksträger, als Wunder bewirkender Katalysator auch für andere Ingredienzien. Diese vielfältigen olfaktorischen und geschmacklichen Reaktionen böten gleich mehrere Kapitel für sich.

Von solcher Whisky-Alchemie ist in diesem Buch leider wenig zu lesen. Bei nur ganz wenigen Hauptgerichten und in einigen Desserts meist nordischer Herkunft dienen leichtere Malt-Whiskies als Baustein. Es mag ja sein, dass Chandra Kurts bevorzugte Kreationen keinen Whisky vertragen, aber dann hätte sie sich eigentlich nach adäquateren Rezepten umschauen sollen für ein Buch mit diesem Titel. Wir hätten es sehr begrüßt, etwas weniger Informationen rund um Geschichte, Herstellung, Arten und Genuss von Whisky zugunsten fürs Kochen mit ihm kredenzt zu bekommen.

Der Stoff an sich

Gut 40 Seiten Informationen also zu der Edelspirituose - durchaus aufschlussreich für den Novizen, aber kaum was Neues für den avancierteren Leser. Der wird sich indes ärgern über die einmal mehr bemühte Platitüde "Je älter ein Malt wird, desto komplexer, spannender und charaktervoller wird er sich präsentieren." Das ist schlicht und ergreifend Unsinn: Viele alte Malts schmecken dumpf und ausgelaugt, wohingegen solche mit sieben oder acht Jahren Reifezeit im Eichenfass hervorragend sein können.

Nächstes Klischee: ... Lesen Sie weiter auf er nächsten Seite!

Nächstes Klischee: "Glühwein ist sehr beliebt gegen Erkältungskrankheiten. Um noch effizienter zu sein, kann ein Schuss Whisky beigefügt werden." Abgesehen von der falschen Syntax (richtig: "Damit er noch effizienter wird, kann...") weiß jeder halbwegs Aufgeklärte mittlerweile, dass Alkohol die körpereigenen Abwehrkräfte schwächt und deshalb auch bei Erkältungen letztlich kontraproduktiv wirken kann.

Glatte Werbung

Ebenso stößt die eingeschränkte Auswahl an vorgestellten Whiskies auf: Es sind ausnahmlos Single Malts aus dem Portfolio des größten Spirituosenherstellers der Welt: Diageo. Da sind die alten und neuen Vertreter der "Classic Malts" am Start, vom leichten Glenkinchie über Glen Ord und Glen Elgin etc. bis hin zum wuchtigen Lagavulin. Etwas weniger bekannt, aber Diageo-bedingt ebenfalls vertreten: Mortlach, Auchroisk, Clynelish.

Diese markenbestimmte Auswahl ist beileibe nicht schlecht. Allerdings - man muss es sagen - gibt es einfach noch bessere Single Malts, die sich kaum weniger für die vorgestellten Zwecke eignen dürften, nur aus anderen Ställen kommen. Doch die durften es offenbar nicht machen in das Buch.

Das aufgrund dieser Einschränkung zum einen, wegen der weitgehenden Auslassung der Kochzutat Whisky zum anderen nur eingeschränkt zu empfehlen ist - als Kochbuch mit Whisky-Beigabe. Wir warten auf ein gleichermaßen vielseitigeres wie neutraleres Werk.

Chandra Kurt: Whisky & Food; Zürich, 2007; ISBN 978-3-280-05253-2

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