Werbe-Ikone Michael Ballack:Immer am Ball bleiben

War da was? Ein Blick in die Werbewelt beweist: Michael Ballack ist gar nicht krank. Und natürlich werden wir Weltmeister. Dank ihm.

Martin Zips

Natürlich reist Michael Ballack zur Fußballweltmeisterschaft 2010! Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Die Sprunggelenk-Diagnose von Dr. Müller-Wohlfahrt, die Krücken, der Gipsverband, die Unglücksziffer 13 auf seinem Rücken, der kollektive Aufschrei im nationalen Wartezimmer, vor allem aber dieses gottverdammte Foul von Kevin Boateng, welches sogar Vulkanasche, Öl und Euro-Krise kurzzeitig vergessen ließ - all das muss eine Täuschung gewesen sein.

Michael Ballack

Nein, so einer kann uns doch jetzt nicht im Stich lassen: Michael Ballack als schreiender Krieger in der Pepsi-Reklame.

(Foto: Foto: oh)

Denn Ballack strotzt nur so vor Kraft. Auf dem Fußballsammelbildchen an der Supermarktkasse, auf dem Fan-Sticker im Schokoriegel, als Kick-Püppchen im Spielzeugladen. Auf der Homepage der Deutschen Bahn wirbt ein körperlich absolut unversehrter Ballack für die "Fanbahncard 25". Dem Vanity-Fair-Leser erscheint er in der Juni-Ausgabe allein mit einer Schwarz-Rot-Gelben-Nationalunterhose bekleidet als Herakles von Chemnitz. Wie lächerlich da auf weiteren Exklusivfotos von Annie Leibovitz Cristiano Ronaldo im Portugalhöschen wirkt: Dieser Mann ist doch nur noch Bizeps gewordene Hybris.

Michael Ballack hingegen bleibt bescheiden. In der aktuellen Adidas-Reklame drückt er sich keck den WM-Ball in die Hüfte. Für die Commerzbank jubelt er sich sympathisch seine Freude über die neue, beheizbare "Commerzbank-Trainerbank" von der Seele. Nein, Ballack ist nicht krank. Er fährt bald für uns nach Südafrika.

Nur da und dort lässt das harte, unbarmherzige Geschäft des Werbens und Verkaufens leise Zweifel aufkommen. Zwar verkündet der Online-Reiseanbieter "Ab in den Urlaub", die Verletzung des Kapitäns habe "keine Auswirkung auf unsere kommunikative Ausrichtung", weshalb Ballack in den hauseigenen Werbespots auch weiter präsent bleibe.

Aber könnte das Bett, in dem Ballack eben dort gut ausgerichtet liegt und von jungen hübschen Mädchen auf Mallorca träumt ("ab 129 Euro"), nicht auch ein Krankenlager sein? Und wieso hält sich der Kapitän auf dem Juni-Cover der Musik-Zeitschrift Rolling Stone so merkwürdig nachdenklich die rechte Hand vors Gesicht?

Kurz vor Andruck habe die Redaktion den dazugehörigen Text noch schnell geändert, räumt Chefredakteur Rainer Schmidt vorsichtig ein. Aus "Was der Kapitän und seine Mannschaft zur WM hören" sei "Was der verletzte Kapitän und seine Mannschaft zur WM hören" geworden. Als Cover-Boy jedoch sei Ballack von der Redaktion niemals in Frage gestellt worden. Schließlich bleibe dieser Mann - auch nach der schrecklichen Diagnose - ein "Kapitän der Herzen".

Auch L'Oréal ändert eine sehr entscheidende Kleinigkeit in seinem aufwendig von Detlev Buck in London gedrehten Werbe-Spot. "Letzter Aufruf für Michael Ballack nach Johannesburg", hieß es bisher, während der Fußballspieler Rolltreppen hinunter raste und Absperrbänder ignorierte - übrigens ohne anschließend einen einzigen Schweißfleck auf seinem Hemd zu finden, 48-Stunden-Deo sei Dank.

Nun heißt es nur noch: "Letzter Aufruf". Ganz ohne Johannesburg. Könnte Ballack schon bald auch von seinen Werbepartnern vergessen sein? Wird ihn das Schicksal Tiger Woods' oder Diego Maradonas ereilen, obwohl er weder unter Sex-, noch Kokain-Sucht leidet, lediglich unter einem Teilriss der vorderen Syndesmose? Steht Ballack bald da, wie der junge Agassi ohne Perücke? Oder wie Ribéry nach Feierabend?

Nein, Ballack ist so stark wie nie zuvor. Wie stolz er im DFB-Shop neben dem Auswärtstrikot für 70 Euro lächelt. Wie kraftvoll er neben dem Sechserpack Bitburger Premium Pils die Hand zur Faust ballt und wie selbstbewusst er uns als afrikanisch bemalter Pepsi-Krieger Mut zubrüllt. "Ich bin bei Euch", soll das heißen, "bis ans Ende aller Tage".

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