Weltlachtag:Wiehern, Fremdschämen, Lachkrampf

Kinder tun es 400 Mal täglich, Erwachsene nur traurige 15 Mal. Für das Lachen gibt es alle Gründe der Welt- gerade heute am Weltlachtag. Eine Typologie.

Typ 1: Die Schadenfreude - Lachen über das Missgeschick eines anderen

Lachen

Uuuups, was ist dem denn passiert ?Schadenfreude ist auch eine Freude.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Die Schwester der Schadenfreude ist der Neid. Durchaus wahrscheinlich, dass der Fahrer eines rostigen alten Golfs sich ins Fäustchen lacht, wenn ein Porsche Cayenne in einen BMW X5 kracht. Die unziemliche Reaktion, über Menschen zu lachen, denen ein Missgeschick widerfahren ist, wurde von Talkmastern wie Stefan Raab bis zur Perfektion kultiviert.

Laut Humorforscherin Helga Kotthoff ist Schadenfreude eher männlich. Vor allem Jungs machen sich gern über andere Mitglieder einer Gruppe lustig. Je schlagfertiger die Reaktion des Verunglimpften dann ausfällt, desto größer die Anerkennung. Nach Untersuchungen von Kotthoff sind Frauen in dieser Technik weniger versiert. Dafür haben sie mehr Übung in einer völlig anderen Disziplin - über sich selbst zu lachen. Das müssen Männer noch lernen.

Typ 2: Humor und Witz - auf die Pointe kommt es an

Warum wir über einen Witz lachen, hat unterschiedliche Gründe - die so genannte Pointe entlädt sich etwa in der Situationskomik, einem aktuellen Bezug, in der Überraschung. Humor ist ein Instrument der Solidarisierung und dient häufig dazu, sich über andere Gruppen zu erheben. Ein beliebtes Beispiel dafür sind Witze über Menschen mit einer bestimmten Volkszugehörigkeit wie Österreicher, Schotten, Ostfriesen, Angehörige der ehemaligen DDR oder soziale "Randgruppen" wie etwa Blondinen, Jäger, Senioren, etc.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich der Humor des Menschen regional und kulturell unterscheidet - der englische Humor ist als rabenschwarz berkannt, der chinesische als eher subtil. Nicht selten ist zum Verständnis ein spezielles Hintergrund- oder Insiderwissen gefordert, damit man die Pointe überhaupt also solche erkennt.

Eine Kategorie - die so genannten Anti-Witze - kommen ganz ohne Pointe aus, wie dieses Beispiel zeigt: Mann zum Bäcker: "Ich hätte gerne 30 Brötchen". Bäcker: "Nehmen sie doch 40, dann platzt die Tüte". Warum Menschen darüber lachen müssen, ist nicht bekannt.

Der Lachkrampf und das beschämte Lächeln

Typ 3: Der Lachkrampf - Der Sieg des Lachens über den Verstand

Es gibt Momente, in denen es ganz und gar unangebracht ist, Erheiterung zur Schau zustellen. Dies gilt umso mehr für Situationen, die eigentlich Betroffenheit erzeugen müssten. Dennoch kommt es vor, dass Menschen von einem Lachanfall geschüttelt werden, den sie nicht unter Kontrolle bekommen. Bis zu 300 Muskeln sind bei einem Lachanfall beteiligt, der Atem wird in Lachsalven von rund 100 Stundenkilometern hinaus gestoßen. Dieser Vorgang kann durch eine psychische Störung oder nervöse Erkrankung verursacht werden.

Doch wenn der Körper den Verstand derart hemmungslos dominiert, kann das auch andere Ursachen haben. Ein Youtube-Video, das sich sehr großer Beliebtheit im Netz erfreut, zeigt den Moderator der holländischen Talkshow "Boemerang" beim Gespräch mit Gästen, die an einem Handycap leiden. Eine Frau sitzt im Rollstuhl, der andere Gast, ein Herr mittleren Alters, hat eine ungewöhnlich hohe Stimme. Jedesmal, wenn der Mann mit der Fistelstimme zu sprechen beginnt, wird der Moderator von einem Lachkrampf heimgesucht. Beim Betrachter erzeugt das Video weniger Unbehagen oder Fremdscham, sondern ebenfalls den unwiderstehlichen Drang, sich auszuschütten vor Lachen. Wenn in so einer Situation das Lachen eine Eigendynamik gewinnt, ist es resistent gegenüber jeder Vernunft. Da hilft nur eins: es geschehen lassen und genießen.

Typ 4: Das beschämte Lächeln - Lachen, um eine peinliche Situation zu überspielen

Es ist schon ein wenig absurd, dass der Mensch gerade dann dazu neigt, seine Mundwinkel nach oben zu zu ziehen, wenn es eigentlich überhaupt nichts zu Lachen gibt. Gemeint ist das beschämte Lächeln, dass wohl jeder Mensch im Repertoire hat.

Man schüttet sich versehentlich den Kaffee über die Hose, tritt in einen Hundehaufen oder wird vielleicht auch vom Chef aufgrund eines Fehlers vor versammelter Kollegenschaft so richtig runtergeputzt.

Es gibt zahlreiche solcher Situationen, in denen das beschämte Lächeln zum Einsatz kommt. Weil der Mensch eben nur sprichwörtlich, aber nicht tatsächlich im Boden versinken kann, versucht er peinliche Situationen oft mit einem Lächeln zu überspielen.

Aber: "Falsche Lacher werden fast immer vom Gegenüber entdeckt" sagt der Biologe und Lachforscher Professor Carsten Niemitz von der Freien Universität Berlin. "Sogar die Peinlichkeit über diese Situation lässt sich neben dem falschen Lacher zeitgleich im Gesicht des Ertappten ablesen. Die menschliche Mimik ist so komplex, dass sie mehrere Gefühle gleichzeitig ausdrücken kann", so der Forscher über das beschämte Lächeln.

De-Eskalation und schwarzer Humor

Weltlachtag: Der Meister des Schwarzen Humors im deutschen Fernsehen ist ohne Zweifel Harald Schmidt.

Der Meister des Schwarzen Humors im deutschen Fernsehen ist ohne Zweifel Harald Schmidt.

(Foto: Foto: ddp)

Typ 5: Der Schwarze Humor - Lachen wenn's nicht passt

Das Lachen über Dinge, die eigentlich zum Weinen sind, ist traditionell Sache der Briten. Sie beanspruchen einen ganz eigenen Witz - den britischen Humor. Aber nur, weil sie auch in der Tragik noch ein belustigendes Element finden, heißt das noch lange nicht, dass andere Völker das nicht können.

Auch die Deutschen können sich trefflich über Situationen amüsieren, in denen eigentlich ein ernstes Gesicht angebracht wäre. Krankheit, Unfall, Tod - das tut weh. Aber irgendwo muss der Schmerz auch wieder raus. Dann bahnt er sich seinen Weg in Form eines nur scheinbar unterdrückten Lachens, hinter vorgehaltener Hand.

Das wusste auch schon Sigmund Freud - er sah im Lachen in unangebrachten Situationen eine kurzzeitige Lockerung von Verdrängungen. Lachen wir also über bissige Witze wie "Alle Kinder gehen über die Straße, nur nicht Rolf, der klebt am Golf" oder, "Herr Doktor, ich habe einen Knoten in der Brust!" - "Aber wer macht denn sowas?", verharmlosen wir die dunklen Seiten des Lebens, die uns eigentlich Angst machen.

Typ 6: Deeskalation - einen Konflikt einfach mal weglächeln

Dem Volksmund nach ist es stets der Klügere, der nachgibt. Und warum sollte er dies nicht mit einem Lächeln im Gesicht tun? Schließlich ist sich der Klügere seiner eigentlichen Überlegenheit ja insgeheim bewusst.

Also: Wenn dicke Luft herrscht, die Situation aus der Kontrolle zu geraten droht - einfach mal zurückstecken und dabei lächeln. Denn Lachen ist auch ein Mittel der Beschwichtigung und der Unterordnung.

Das ist Forschern nach zu urteilen auch der Grund, weshalb Frauen häufiger lachen als Männer. Zu Urzeiten konnte das weibliche Geschlecht mit einem Lächeln auf den Lippen Konflikte entschärfen und somit das eigene Überleben innerhalb der Gruppe sichern.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: