Atticus, 17, wohnt in Berlin und hört gerne französischen Indie.
"So richtig schluchzen musste ich das letzte Mal im Dezember. Irgendwann am Abend war ich einfach heillos überfordert. Da kam alles zusammen, was einen 17-jährigen Menschen so plagen kann. Ein Haufen Mädchen, die nichts Besseres zu tun haben, als andere Menschen in ihrem Selbstwert zu erniedrigen, damit sie sich besser fühlen, und das eben als Gruppe - da hat man als Einzelne das Gefühl, die ganze Welt hasst einen.
Stimmt natürlich nicht, aber die Schule ist manchmal einfach eine eigene, kleine Welt. Ich hab' da für einen kurzen Moment nicht mehr gesehen, dass es außerhalb dieser kleinen Welt noch so viel mehr gibt. Das Mobbing war aber sicher nur ein Grund von vielen. Ich kann das 'Warum?' hinter den Tränen oft nicht komplett bestimmen, sonst wäre das Weinen für mich auch zu rational. Wenn man weint, dann kommt man meistens einfach nicht mehr mit einer Situation klar, ist überfordert. Das ist total okay."
Angelika, 72, lebt in Düsseldorf und hat dort ein kleines Kunstmuseum geleitet.
"Tränen sind Diamanten der Seele. Das ist ein afrikanisches Sprichwort, das sehr zutreffend ist, finde ich. Aber man muss unterscheiden: Es gibt ein Weinen, das im Halse stecken bleibt, weil man wütend oder aggressiv ist. Und dann gibt es noch das Weinen, das ermöglicht, dass man loslässt. Weil es frei herauskommt und nicht aufzuhalten ist. So habe ich schon sehr lange nicht mehr geweint. Das ist sicher 15 Jahre her.
Ich habe als Kind meine Eltern verloren. Das habe ich erst vor 35 Jahren so richtig zu Ende verarbeitet. Als Kind spürt man bei so einem Verlust sehr stark, dass sich etwas dramatisch ändert. Aber gefühlsmäßig konnte ich das nie einordnen, weil ich ja noch so jung war. Bei der Beerdigung habe ich nicht mal geweint. Ich brauchte so lange, um mich diesem Problem zu stellen. Mithilfe von Therapie habe ich es geschafft. Während dieser Zeit habe ich unendlich viel geweint. Das war gut und sehr befreiend."