Süddeutsche Zeitung

Vornamen:So nennen die Deutschen ihre Kinder

650 Standesämter in ganz Deutschland wurden befragt, jetzt hat die Gesellschaft für deutsche Sprache das Ergebnis. Die Top Ten der beliebtesten Mädchen- und Jungennamen im Jahr 2016.

Von Oliver Klasen

Der Reiz an Top-Ten-Listen ist, dass sich ab und zu mal etwas ändert. In den Musikcharts zum Beispiel wird sich der britische Schnulzensänger und -gitarrist Ed Sheeran, der derzeit mit gleich zwei Songs vertreten ist, wohl nicht ewig halten können. Und in der ZDF-Umfrage über die zehn beliebtesten Politiker rutscht Angela Merkel irgendwann ab, die Beliebtheit von Horst Seehofer schwankt ebenfalls und Cem Özdemir oder Sahra Wagenknecht sind mal drin und mal draußen, es gibt also Neueinsteiger, Aufsteiger und Absteiger.

So gesehen ist die Liste der beliebtesten Vornamen in Deutschland, die jetzt für 2016 vorliegt, ein bisschen langweilig. Weder bei den Mädchen noch bei den Jungen gibt es einen einzigen neuen Namen. Nur die Reihenfolge hat sich verändert. Marie ist ein bisschen nach oben, Mia dafür ein bisschen nach unten gerutscht. Elias und Jonas haben Plätze gutgemacht, wohingegen Maximilian etwas an Beliebtheit eingebüßt hat.

"Es haben wieder die Klassiker gewonnen", mit diesen Worten drückt es Andrea-Eva Ewels aus, die Geschäftsführerin der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS). Ihre Organisation ermittelt jedes Jahr, welche Vornamen Eltern in Deutschland ihren Kindern geben. Die Daten von 650 Standesämtern im ganzen Bundesgebiet wurden dieses Mal dafür abgefragt, mehr als 97 Prozent aller vergebenen Vornamen - insgesamt sind es mehr als eine Million - sind so erfasst.

Ewels, das wird schon nach wenigen Sekunden am Telefon deutlich, findet das alles andere als langweilig. Auch wenn sich an der Spitze wenig getan habe, herrsche hierzulande "eine riesige Vielfalt bei den Namen". Die These, dass Eltern heute vor allem auf Traditionen bedacht seien und deshalb traditionelle Namen bevorzugten, greife ohnehin viel zu kurz. "Im Gegenteil: Die Deutschen sind ziemlich kreativ", sagt Ewels. Schon lange etablierte Namen würden mit neuen Namen kombiniert. "Dann entstehen Verbindungen wie Linn-Marie oder Linn-Sophie, das beobachten wir in den vergangenen Jahren immer öfter. Der Rufname soll etwas Besonderes sein, während bei den Zweitnamen auf Bewährtes gesetzt wird", so die Sprachexpertin.

Wichtig zu wissen: In die Top-Ten-Listen der Mädchen- und Jungennamen fließen sowohl Erst- als auch Zweitnamen ein. Die allermeisten Standesämter erfassen diese nämlich nicht mehr getrennt, erklärt Ewels. Immer mehr Eltern geben ihren Babys mehrere Namen: 48 Prozent der im vergangenen Jahr geborenen Kinder hat mindestens zwei Namen, zehn Prozent der Neugeborenen bekommen sogar drei oder mehr Namen. Mehr als fünf Vornamen sind heute in Deutschland allerdings nicht mehr zulässig.

Auch sonst dürfen Eltern in Deutschland bei den Vornamen nicht machen, was sie wollen. Zahlen oder Abkürzungen sind, anders als beispielsweise in den USA, verboten. Ebenso Ortsnamen oder sprechende Namen.

Bandito und Ibiza sind nicht erlaubt

"Unser Bestreben ist es, Namen, mit denen Kinder später gehänselt werden, nicht zuzulassen. Die Gesellschaft für deutsche Sprache wird von Standesämtern, die über die Anträge der Eltern entscheiden müssen, häufig um ein Gutachten gebeten. "Wir bestätigen pro Jahr zwischen 300 und 400 Vornamen. Abgelehnt haben wir kürzlich zum Beispiel die Namen Bandito und Ibiza".

Auch wenn Marie, Sophie, Mia, Elias, Maximilian und Ben seit Jahren zu den beliebtesten Namen zählen, bedeutet das nicht, dass die Mehrzahl der Kinder so heißt. Denn nur 2,77 Prozent aller im Jahr 2016 geborenen Mädchen heißen tatsächlich Marie und sogar nur 1,42 Prozent der Jungen tragen den Namen Elias.

1. Marie (im Vorjahr auf Platz 2)

Marie wird abgeleitet von Maria. Vor allem im Christentum hat der Name eine wichtige Bedeutung. Maria ist die Mutter von Jesus Christus und wird als Mutter Gottes verehrt. Im Hebräischen leitet sich der Name von Mirjam her, der Prophetin und Schwester Moses'. Berühmteste Vertreterinnen sind die Physik-Nobelpreisträgerin Marie Curie und die französische Königin Marie Antoinette.

2. Sophie/Sofie (1)

Sophie war schon im 19. Jahrhundert ein beliebter Vorname für Mädchen. Zwischen 1930 und 1980 wurde allerdings kaum ein Mädchen Sophie genannt. Mittlerweile ist der Name jedoch wieder sehr beliebt - übrigens auch in Irland und England. Der Name stammt ursprünglich von dem Namen Sophia ab und ist von altgriechischer Herkunft. Früher bezeichnete Sophia die Tugend oder göttliche Weisheit, weshalb viele Heilige diesen Namen trugen. Berühmte Namensvertreterinnen: die Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die französische Schauspielerin Sophie Marceau und die Queen-Schwiegertochter Sophie Countess von Wessex.

3. Sophia/Sofia (3)

Der Name Sophia/Sofia kommt aus dem Griechischen und bedeutet "die Weise". Prominente Vertreterinnen des Namens sind unter anderem die Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin Sofia Coppola (Tochter des Filmemachers Francis Ford Coppola), Sophia Thomalla (Tochter der Tatort-Darstellerin Simone Thomalla) und die italienische Schauspielerin Sophia Loren.

4. Maria (4)

Der Name Maria wird in Bayern sehr häufig, in Schleswig-Holstein und Niedersachsen eher selten vergeben. Er stammt von dem hebräischen Mirjam - so hieß die Schwester des Propheten Moses im Alten Testament. Weil die Mutter Jesu Christi Maria heißt, war es bis ins 16. Jahrhundert verpönt, sein Kind nach ihr zu benennen. Der Name bedeutet "Die Widerspenstige", die "Ungezähmte". Zahlreiche Königinnen und Kaiserinnen trugen den Namen Maria, Männern wurde er - und wird er noch heute - häufig als zweiter Vornamen gegeben. Berühmte Beispiele: der Dichter Rainer Maria Rilke, der Modedesigner Guido Maria Kretschmer und der Comedian Christoph Maria Herbst.

5. Emma (6)

Der Name Emma stammt aus dem Germanischen und steht für "ganz" oder "allumfassend". Denkbar ist auch eine Ableitung des hebräischen Namens Emanuela, der so viel bedeutet wie: "Gott ist mit uns". Namensvertreter sind: Emma Woodhouse, die Protagonistin des bekanntesten Jane-Austen-Romans, und die feministische Frauenzeitschrift Emma.

6. Emilia (8)

Der Name stammt aus dem Lateinischen und hat verschiedene Bedeutungen: "die Eifrige", "die Ehrgeizige", aber auch "die Nachahmerin" - und "die Hübsche und Fröhliche". Aus dem Römischen hergeleitet heißt Emilia soviel wie "die aus dem Geschlecht der Aemilier Stammende" - daher auch die Bezeichnung für die norditalienische Region "Emilia Romagna". Bekannt wurde der Name unter anderem durch Lessings politisches Drama "Emilia Galotti" aus dem Jahr 1772.

7. Mia (5)

Der Name ist eine Ableitung von Maria. Zu den bekanntesten Namensvertreterinnen zählen die Berliner Pop-Band Mia und die Schauspielerin Mia Farrow.

8. Anna (9)

Der Name Anna kommt aus dem Hebräischen und ist eine Ableitung von Hannah, was "Liebreiz", "Anmut" und "Gnade" bedeutet. Im Christentum ist Anna die Mutter Marias und somit die Großmutter Jesu Christi. Anna hat vor allem viele historische adelige Namensvetterinnen. Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach ist eine von ihnen.

9. Hannah/Hanna (7)

Hanna/h kommt aus dem Hebräischen und bedeutet "Liebreiz", "Anmut" und "Gnade". Auch als Kurzform von Johanna verwendet. Berühmte Vertreterin sind die jüdisch-deutsche Philosophin Hannah Arendt oder die Schauspielerin Hannah Herzsprung.

10. Johanna (10)

Johanna war einer der beliebtesten Mädchennamen zwischen 1890 und 1910. In den Sechzigern starb der Name fast aus - heute ist er wieder sehr beliebt. Johanna ist ein biblischer Name griechisch-hebräischen Ursprungs und basiert auf dem männlichen Vornamen Johannes. Er bedeutet "die Gottbegnadete" oder auch "Gott ist gnädig". Berühmte Vertreterinnen sind die französische Nationalheldin Johanna von Orléans oder die vermeintliche Päpstin Johanna, die sich der Legende nach als Mann ausgegeben und im 9. Jahrhundert amtiert haben soll.

1. Elias (im Vorjahr Platz 3)

Elias ist die griechische Version des aus dem Neuen Testament entnommenen hebräischen Vornamens Elijah. Der Name bedeutet "mein Gott ist Jahwe" und "Bruder". Berühmteste Vertreter sind der Schriftsteller Elias Canetti, der Unternehmer Walt Elias Disney und der Schauspieler Elyas M'Barek.

2. Alexander (2)

Alexander, im Altgriechischen Aléxandros, bedeutet "der die (fremden Männer) abwehrt". Der wohl berühmteste Namensträger ist tatsächlich durch seine militärischen Erfolge bekannt geworden: Alexander der Große. In Deutschland ist der Name seit Jahrzehnten schon in den Top-Listen vertreten.

3. Maximilian (1)

Maximilian kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "der Größte". Besonders häufig wird der Vorname in Bayern verwendet. Bekannter Namensvertreter sind der Schauspieler Maximilian Schell und der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel. Maximilian wird auch in der Kurzform Max und Maxi verwendet.

4. Paul (4)

Paul, die deutsche und englische Form des lateinischen Vornamen Paulus. Der Name bedeutet "klein" oder "gering". Bekanntester Namensträger ist der Apostel Paulus. Bereits sechs Päpste nannten sich Paul, zwei Johannes Paul.

5. Leon (5)

Der Name ist eine Form von Leo oder Leonhard und bedeutet "Löwe". Den Eltern ist zu wünschen, dass sie sich mit dem Namen kein Schreikind einhandeln. Bekannter Namensvertreter ist der niederländische Schriftsteller Leon de Winter.

6. Louis/Luis (6)

Er geht auf den deutschen Vornamen Ludwig zurück. Ludwig setzt sich aus den althochdeutschen Wörtern "hlut" für "laut, berühmt" und "wig" für "Kampf" zusammen. Nicht zu verwechseln mit dem bayerischen Namen Alois, der oft durch Luis abgekürzt wird - und "weise" bedeutet. Berühmte Namensträger: Schauspieler Luis Trenker und Jazz-Trompeter Louis Armstrong.

7. Ben (7)

Ben ist die Kurzform von Benjamin. Der Name ist hebräischen Ursprungs und bedeutet "Sohn meiner rechten Hand", "Glückskind" oder "Sohn des Trostes". In der Bibel ist Benjamin der jüngste der zwölf Söhne Jakobs. Bekannte Vertreter sind der deutsche Sänger Ben oder die Schauspieler Ben Affleck und Ben Becker.

8. Jonas (10)

Der Name Jonas bezieht sich auf den biblischen Propheten Jonas. Er kommt aus dem Hebräischen und bedeutet "die Taube", im übertragenen Sinne auch "der Friedliebende". Varianten sind Jona und Jonah. Bekannter Vertreter ist der berühmte Tenor Jonas Kaufmann.

9. Noah (9)

Noah ist ein hebräischer Name. Übersetzt bedeutet er in etwa: "Beruhige Dich". Der bekannteste Träger des Namens wurde von Gott der Überlieferung nach allerdings nicht wegen seine ruhigen Hand, sondern wegen seiner Glaubenstreue ausgewählt, um die Arche zu bauen.

10. Luca/Luka (8)

Ein Vorname, der sowohl männlich als auch weiblich sein kann, aber häufiger an Jungen vergeben wird. Luca ist die italienische Form des lateinischen Namens Lukas. Berühmte Namensträger: der ehemalige FC-Bayern-Profi Luca Toni und der italienische Unternehmer Luca di Montezemolo (Fiat, Ferrari). Ein Beispiel für die kroatische Variante ist der Fußballer Luka Modrić (Real Madrid).

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3461534
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/olkl/ebri
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.