Vornamen in Deutschland:P wie Pepsi-Carola

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Ungewöhnliche Vornamen bekommen auf deutschen Standesämtern immer häufiger eine Chance. Bild aus einer Kita in Frankfurt/Oder.

(Foto: dpa)

Ungläubige Blicke - für Pepsi-Carola ist das seit 55 Jahren Alltag, wenn sie sich vorstellt. Auch wenn die Spitzenreiter seit Jahren dieselben sind: Ungewöhnliche Vornamen in Deutschland werden immer häufiger.

Von Julian Dorn

Mit 55 Jahren ist Pepsi-Carola Krohn das gewohnt: Ungläubige Blicke, wo immer sie sich vorstellt. Heute kann sie darüber lachen, wenn andere sich wegen ihres Namens nicht mehr einkriegen können. Schon bei ihrer Namensgebung kam die Hamburgerin bundesweit in die Schlagzeilen.

1959 zahlte der Konzern Pepsi 10 000 Mark an ein Hamburger Ehepaar, damit es seine Tochter nach der Marke benannte. Ein Konzernleiter wurde ihr Patenonkel, bis zu ihrer Hochzeit bekam Pepsi-Carola jedes Jahr Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke von der Firma - mal ein Fahrrad, mal eine Puppe und immer eine Kiste Cola.

Der Name war für das Mädchen immer normal, auch wenn sich andere darüber wundern. "Ich fühle mich sehr wohl als Pepsi-Carola, das ist ja auch was Besonderes", sagt Krohn. Viele Bens werden ihr wohl recht geben: Bereits seit 2010 ist Ben der beliebteste Jungenname - und auch 2014 führte er wieder die Hitliste an.

Bei den Mädchennamen hat sich zumindest ein wenig getan: In der Hitliste der attraktivsten Namen für Neugeborene schaffte es Emma mit knappem Vorsprung, den Spitzenreiter Mia nach fünf Jahren vom Thron der beliebtesten Mädchennamen zu stoßen. Die Vornamensstatistik von Ahrensburger Hobby-Namensforscher Knud Bielefeld zeigt außerdem: Immer wieder orientieren sich Eltern an medialen Ereignissen - 2014 ist zum Beispiel Mats auf der Überholspur.

Schon nach dem WM-Finale im Juli prophezeite Knud Bielefeld dem Fußballer Mats Hummels Rekorde: nicht auf dem Spielfeld, aber als Namenspate für Neugeborene. Besonders in Nordrhein-Westfalen, der Heimat von Hummels, gebe es einen Boom, sagt Bielefeld. Erstmals findet sich Neymar unter den Top 150, unzählige Samis und einige Lionels. Insgesamt werden Vornamen in Deutschland androgyner und konservativer. Und ungewöhnliche Vornamen immer häufiger

"Jungennamen sind femininer geworden"

Damaris Nübling, Sprachwissenschaftlerin an der Universität Mainz kommt in ihrer Forschungsarbeit zum Ergebnis, dass sich Jungen - und Mädchennamen immer mehr annähern: "Jungennamen sind femininer geworden", sagt sie. Die eigentlich für Mädchennamen typischen Vokale "a" und "i" kommen in männlichen Vornamen mittlerweile häufiger vor. Beliebte Namen wie Maximilian, Elias oder Julian sind nur einige Beispiele für diesen Trend.

Typisch für weibliche Vornamen sei zwar weiterhin der Vokal, auf dem sie endeten. "Aber auch dieses Merkmal ist immer weniger verlässlich, wie die beliebten Jungennamen Luca und Mika zeigen", sagt Nübling. Auch die Mädchennamen nähern sich den meist kürzeren männlichen Vornamen an. Die Tendenz ginge von langen Formen wie Katharina zu einsilbigen Varianten wie Lea oder Mia.

"Viele Eltern geben sich traditionsbewusst"

Mädchen- und Jungennamen ähneln sich nicht nur immer stärker, sie werden auch konservativer. "Viele Eltern geben sich bei der Wahl des Namens für ihren Nachwuchs traditionsbewusst", sagt Namensforscher Knud Bielefeld. So würden die Standesämter häufig Namen wie Lasse und Finn oder Charlotte und Hannah eintragen.

Anton, Friedrich oder Emil gehörten gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den beliebtesten Vornamen. Nun würden wieder häufiger vergeben, sagt die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden. Auch Mädchen würden wieder öfter traditionelle Namen tragen. Dazu zählen Emma, Helene oder Elisabeth. Auch die Bibel prägt die deutsche Namensgebung nach wie vor. Johannes und Lea sind noch immer weit verbreitet. Selbst an der Spitze des Rankings steht ein biblischer Name: Mia ist eigentlich nur die Kurzform für Maria.

"Immer größere Namensvielfalt"

Viele Eltern seien sich der Bedeutung des Vornamens ihres Kindes gar nicht bewusst, sagt Jürgen Udolph, Professor für Namensforschung an der Universität Leipzig. Sie orientierten sich bei der Namensgebung vor allem am Klang. "Das ändert sich ein wenig durch das Internet. Jetzt beginnen die Eltern auch, die Herkunft des Namens zu recherchieren. Der Klang ist aber immer noch das Entscheidende."

Vor allem bei der Kombination von Vor- und Nachname spiele dieses Kriterium eine wichtige Rolle. "Welche Namensverbindung schön und harmonisch klingt, ist natürlich Ansichtssache", sagt Bielefeld. Am Ende langwieriger Diskussionen einigen sich die Eltern mitunter auf eigenwillige Variationen wie Brittany Müller. Oder eben Pepsi-Carola Krohn.

Diese Namen gehören wohl in die Kategorie Vornamens-Exot - und die wird immer umfangreicher. Einerseits greifen Eltern wieder auf traditionelle Namen zurück, anderseits "lässt sich eine immer größere Namensvielfalt in Deutschland beobachten", sagt Bielefeld. Viele Eltern suchten einen individuellen Namen, um ihren Nachwuchs aus der Masse herauszuheben. Dabei kreierten sie oft kuriose Varianten: Vornamen wie Zwonimir, Malwin oder Celina-Chayenne sind zwar nach wie vor selten, jedoch längst keine Einzelfälle mehr.

Gerne machen Eltern heute Filmstars zu Namenspaten ihrer Kinder - oder auch Zeichentrickfiguren wie eine Familie aus Berlin. Ihr Sohn sollte den Namen Nemo tragen, wie der Fisch aus dem Animationsfilm "Findet Nemo". Das Standesamt protestierte zunächst, dass dieser Name nicht im deutschen Vornamensverzeichnis stünde und auch das Geschlecht nicht deutlich erkennen ließe. In Kombination mit dem zweiten Vornamen Maximilian wurde der Wunsch der Eltern dann jedoch bewilligt. Vom selben Standesamt wurde auch der Mädchenname Himmelblau genehmigt, mit der Begründung, dass es auch die Farbe Rosa als Namen gebe.

Keinen Amtsstempel erhielten hingegen Kreationen wie Rumpelstilzchen, Whisky und Joghurt - zum Wohl des Kindes: Solche Namen seien ein Leben lang Anlass für Spott und Hänseleien.

Pepsi-Carola kann das nicht bestätigen. Kinder nennen sie manchmal Fanta oder Sprite, doch darüber kann sie nur lachen. "Meine Eltern haben mir nichts angetan", sagt die Hamburgerin, auch wenn sie oft merkwürdige Blicke auf Ämtern und Behörden erntet. "So bleibe ich zumindest im Gedächtnis." Ob sich die Investition gelohnt hat, ist fraglich: Cola hat Pepsi-Carola Krohn nie im Kühlschrank, sie trinkt lieber Tee. Ihren außergewöhnlichen Vornamen will sie trotzdem nicht austauschen.

(Mit Material der dpa)

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