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Vodoo oder Placebo:Hilfe durch Handauflegen

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Auch die moderne Schmerztherapie kann von Magie profitieren. Denn allein das Gefühl, Hilfe zu erfahren, lindert oft schon den Schmerz.

Wenn ein kleines Kind sich am Stuhl stößt, wird man es auf den Arm nehmen, pusten, vielleicht den bösen Stuhl hauen und der Schmerz wird vergehen.

Solche Art heilender Magie oder Voodoo ist auch aus der Therapie Erwachsener nicht wegzudenken. Das meinte zumindest Arne May vom Institut für Systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf auf dem Deutschen Schmerzkongress in Berlin.

Voodoo sei vor allem bestimmt durch die Art des ärztlichen Auftretens. Was für den Medizinmann Bastrock und Bemalung ist, sei in unserer Kultur der weiße Kittel, so May.

Dass unerklärliche, fast schon magische Dinge in der Schmerztherapie eine wichtige Rolle spielen, lasse sich schon am Placebo-Effekt ablesen, der in allen Studien durchgängig bei etwa einem Drittel liege.

Wesentlich für die gut dokumentierte und mehrfach bewiesene Wirksamkeit von Scheinmedikamenten (Placebos) sei die Erwartungshaltung des vom Schmerz Geplagten.

Spritzt man ihm ohne sein Wissen Morphin, braucht man eine gewisse Menge und etwas Zeit, bis er eine Wirkung spürt. Die gegen Schmerzen gesetzte Placebospritze wirke dagegen sofort.

Es gebe aber auch Voodoo jenseits des Placebo-effektes.

So stellte sich in Akupunktur-Studien heraus, dass Menschen, die auf ihre Behandlung warteten, allein schon dadurch eine Besserung um ein Drittel erfuhren.

Um zu spüren, wie der Schmerz nachlässt, reiche es also offensichtlich bereits aus, wenn Menschen bloß das Gefühl haben, dass man sich um sie kümmert, folgerte May.

Von einer Heilung durch Handauflegen könne aber keinesfalls die Rede sein. Denn mehr als eine Verbesserung der Symptome um ein Drittel ist weder für Placebo noch für Voodoo gezeigt worden.

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