Es war dieser Tag im Winter vor zwei Jahren, an dem ihr bewusst wurde, dass es so nicht mehr weiterging. Ein Wochenende, das Telefon klingelte. Imke Junack nahm ab und hörte eine besorgte Stimme.
"Kind! Wo bist du da reingeraten?"
Es war Junacks Vater, und der alte Mann machte sich Gedanken. Er kannte doch seine Tochter und wusste von dem Verlag in München, bei dem sie arbeitete, aber jetzt hatte er auch von diesem fremdenfeindlichen Magazin gehört. Ob diese Rechten am Ende etwas mit ihrer Arbeit zu tun hätten? Junack beruhigte ihn, legte irgendwann auf - und ihr wurde klar, dass sie etwas würde ändern müssen.
Imke Junack, 50, hat kurz geschnittene, graue Haare und trägt runde Ohrringe. Man hört ihr an, dass sie im Norden aufgewachsen ist, eine Zeit lebte sie bei Hannover, eine Zeit an der Nordsee. Sie ist Geschäftsführerin des Compact Verlags. Compact? Das schwarze Magazin mit der roten und weißen Schrift, das gegen Flüchtlinge hetzt? Das Bundeskanzlerin Angela Merkel mal mit Hidschab zeigt, mal mit Hitlerbart? Das fordert, die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe freizulassen?
Eben nicht. Und genau das ist das Problem. Dies ist eine Geschichte über nachlässige Recherchen, schnelle Urteile und per Mausklick abgeschickte Hasspost. Sie erzählt, wohin Verwechslungen in einer zerrissenen Gesellschaft führen können, wie sie Deutschland im Jahr 2018 ist. Sie führen dazu, dass in einem nüchternen Bürogebäude in der Baierbrunner Straße in München-Obersendling gerade ziemlich viel auf dem Kopf steht.
Hier, im ersten Stock hinter der Glasfassade, sitzt der Compact Verlag. "Moin moin", sagt Imke Junack und führt durch die Räume. Von einem langen Flur gehen die Büros der Mitarbeiter ab; überall stehen Holzregale mit den Büchern des Verlags. Der Sprachkurs "Chinesisch für Einsteiger" steht hier und das "Bildwörterbuch Arabisch", in dem man nachschlagen kann, was Fisch heißt und was Bohrmaschine.
Imke Junack hat lange gegen die ständigen Verwechslungen mit den Rechten gekämpft. "Der Kampf ist nicht zu gewinnen", sagt sie.
(Foto: Natalie Neomi Isser)Es gibt auch Bücher für Menschen, die nach Deutschland einwandern - für Erwachsene etwa "Lernkrimis" in einfachem Deutsch, sie heißen "Der Mann ohne Gesicht" oder "Der Schatz des Märchenprinzen". Für ausländische Kinder gibt es die Reihe "Herr Zahn lernt Deutsch". Herr Zahn ist ein grüner, grinsender Dinosaurier, der lustige Geschichten erlebt.
Was ist das hier? Das hat Junack neulich auch ein Handwerker gefragt, als umgebaut wurde im Verlag, wegen der neuen Brandschutzbestimmungen. Der Handwerker wollte eine Ausgabe des Compact Magazins mitnehmen, sollte es ja geben, beim Compact Verlag. ",Nee', hab ich gesagt", erzählt Junack, ",da kann ich nicht mit dienen. Aber so ein Bildwörterbuch Arabisch, das können Sie gern haben.'" Das habe der Handwerker dann nicht gewollt.