Verrückte Fragen:Was, wenn Eiszeit wäre?

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(Foto: privat)

Verrückte Fragen, wissenschaftlich beantwortet: Diesmal mit Professorin Ilka Weikusat. Sie ist Glaziologin, also Eisforscherin, am Alfred-Wegner-Institut in Bremerhaven sowie an der Universität Tübingen.

Protokoll: Nina Himmer

"Genau genommen leben wir gerade in einer Eiszeit. Aus geologischer Sicht gilt nämlich: Eiszeit ist, wenn an den Polen dauerhaft Eis zu finden ist. Und das ist trotz Klimawandel ja gerade noch der Fall. Was sich hingegen die meisten Menschen unter einer Eiszeit vorstellen, gab es auf der Erde zuletzt vor etwa 12 000 Jahren. Davor gab es Mammuts und Säbelzahntiger, die Durchschnittstemperatur lag bei gerade mal neun Grad Celsius und große Flächen waren mit Eis und Schnee bedeckt. In Deutschland wäre es unter diesen Bedingungen viel ungemütlicher, wahrscheinlich würden sich Gletscher aus Skandinavien bis nach Norddeutschland ausbreiten, solche aus den Alpen bis nach Süddeutschland. Woher wir von dieser Zeit wissen? Weil das Eis uns Geschichten erzählt. Wir bohren hinein, um etwas über die Vergangenheit zu erfahren. Je tiefer man bohrt, desto älter ist das Eis - über eine Million Jahre können wir so zurückschauen. Die Eisschichten enthalten zum Beispiel uralte Wassermoleküle, Staubpartikel und Luftbläschen. Sie sind wie in einer Zeitkapsel konserviert. Wenn wir das Eis im Labor untersuchen, können wir vieles herausfinden: Welche Temperaturen herrschten früher? Wie viel Treibhausgas war in der Atmosphäre? Gab es große Erdbeben oder Vulkanausbrüche? Uns interessiert auch, wie sich Eis bewegt. Denn wenn es immer wieder draufschneit, bewegt es sich unter dem Gewicht zur Seite weg. Ein bisschen wie Pudding, den man stapeln will. Das hilft uns zu verstehen, wie schnell sich das Eis vom Inneren des Kontinents oder einer Insel in Richtung Meer bewegt. Für mich ist übrigens immer irgendwie Supereiszeit: Auf Expeditionen in Grönland oder in der Antarktis hat es im Winter minus 60 Grad Celsius. Und auch in meinem Labor in Deutschland sind es noch minus 20 Grad."

© SZ vom 02.07.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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