Veronica Ferres und Power-Child:Das Ende der Ära Ferres

Charity mit Glamour-Faktor und jede Menge "Affären": Was bleibt vom Münchner Verein Power-Child, nachdem sich die Galionsfigur Veronica Ferres als Schirmherrin verabschiedet hat?

Wolfgang Luef

Veronica Ferres, 44, ist nach landläufigen Regeln ein deutscher Star. Die Tochter eines Solinger Kartoffelhändlers hat es zum Fernsehquotengaranten gebracht, der sich in afrikanischen Rührstücken wunderbar macht. Als "Buhlschaft" war sie schon bei den Salzburger Festspielen präsent.

Veronica Ferres und Power-Child: "Es gab unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Beirat und mir über grundlegende strategische Wege des Vereins", sagt Veronica Ferres. Details nennt sie nicht.

"Es gab unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Beirat und mir über grundlegende strategische Wege des Vereins", sagt Veronica Ferres. Details nennt sie nicht.

(Foto: Foto: Getty Images)

Trotz aller Popularität wäre der Erich-Kästner-Preis für die blonde Schauspielerin ein Prestige-Gewinn gewesen. Schließlich geht es bei dem Pokal des Presseclubs Dresden um "Toleranz, Humanität und Völkerverständigung". Die Gravität im Anspruch passt für jemanden, der wie Ferres das soziale Engagement zum Teil des eigenen Images gemacht hat.

Doch "La Ferres" wird die würdevolle Reihe bisheriger Kästner-Preisträger wie Marion Gräfin Dönhoff, Richard von Weizsäcker und Hans-Dietrich Genscher nicht verlängern. Zwar stand der Termin für die Verleihung Anfang August längst fest, der Laudator war bereits bestellt und die Einladungen verschickt - wenige Wochen vor der Preisfeier aber sagte der Star ab.

Dabei hätte Veronica Ferres die Auszeichnung für jene Arbeit bekommen, die ihr nach eigenem Bekunden so viel bedeutete, für die sie sich gerne auf jede Bühne begeben hat, die sich ihr bot: das Engagement bei Power-Child.

Unterschiedliche Auffassungen über grundlegende Wege

Sie hat den Verein, der gegen sexuellen Missbrauch von Kindern kämpft, gemeinsam mit dem Münchner Unternehmer Martin Krug groß gemacht und Hunderttausende Euro Spenden gesammelt.

Vergangenen Herbst aber trennten sich die Eheleute Ferres und Krug - und da schien auch Power-Child zur Scheidungssache zu werden. Marketingmann Krug zog sich zunächst als Vereinsvorstand und dann als Beirat zurück; Veronica Ferres wiederum, die Vielbeschäftigte, gab im Juni bekannt, aus Zeitgründen könne sie nur mehr "Botschafterin" und nicht mehr Schirmherrin sein.

Ist die Episode Power-Child also nur ein vorletzter Schritt in der Abwicklung einer zerbrochenen Ehe? "Nein, das stimmt nicht", sagt Ferres auf Anfrage von sueddeutsche.de: "Es gab unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Beirat und mir über grundlegende strategische Wege des Vereins." Mehr will sie nicht sagen. Der neue Vereinsvorsitzende, der Münchner Rechtsanwalt Christian Hoffmann, mag sich nicht an Spekulationen beteiligen. Dafür dankt er noch einmal dem Filmstar: "Ihre Entscheidung, den Preis nicht anzunehmen, respektieren wir natürlich."

Ferres' Job: Für Aufmerksamkeit sorgen

Der Werbe-Ikone Ferres hat der Verein tatsächlich viel zu verdanken - Präsenz in Bild und Bunte beispielsweise. Projekte wie aufklärende Theaterstücke an Schulen, ein Kinderschutz-Zentrum in den Townships von Kapstadt oder eine jugendaffine Website ("Nein heißt Nein") kamen durch das "Superweib" auf den Boulevard. Sie sorgte für Aufmerksamkeit.

Zum traurigen Ende der Ferres-Aktivitäten bei Power-Child gehört aber auch, dass sich sogenannte Affären häuften. So bekämpften Ferres und Krug, damals noch in schönster Eintracht, bis zur letzten Instanz erfolglos einen Artikel der inzwischen eingestellten Zeitschrift Park Avenue: Die Autoren hatten über Ungereimtheiten in der Power-Child-Finanzierung berichtet. Später gab es sogar eine - folgenlose gebliebene - anonyme Strafanzeige gegen das Paar wegen Veruntreuung von Spendengeldern.

Haben solche Negativstorys dem Verein Power-Child geschadet? Vorstandschef Hoffmann über Veronica Ferres: "Sie als Person hat unsere Projekte für die Presse oft erst interessant gemacht. Aber wenn es einmal negative Schlagzeilen gibt, schimmern die vielleicht auch auf den Verein durch."

Auf der nächsten Seite: Ferres wollte ein Spendensiegel. Martin Krug hielt das nicht für nötig.

"Sie hat gefleht, mit Tränen in den Augen"

Die A-Prominente konnte zuletzt selten ein Interview geben, in dem Power-Child nicht vorkam - sogar das seriöse 3sat-Magazin "Kulturzeit" widmete im April ihrem "umstrittenen Engagement" eine eigene Sendung. Ehemann Krug klagte, er sei "immer Verdachtsmensch" und sei die Debatten leid. Ja, er sprach von Neid und Missgunst - und er spüre einen gewissen "Verschleiß". Auf Anfrage von sueddeutsche.de wollte sich Krug nicht äußern.

Vielleicht hatte auch Ferres ähnliche Verschleißerscheinungen. Katharina Waldhof, einfaches Mitglied bei Power-Child, berichtet jedenfalls, die TV-Größe habe versucht, den vielen Anschuldigungen mit einem "Spenden-TÜV-Siegel" entgegenzutreten: Das deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen prüft Spendensammel-Klubs und vergibt ein Siegel, das für Seriosität bürgen soll. Bei einer Sitzung im Januar habe Ferres dieses Siegel vehement für Power-Child gefordert, berichtet Waldhof: "Sie hat quasi darum gefleht und saß mit Tränen in den Augen in der Sitzung." Doch der Vorstand habe abgelehnt.

Die Gründe dafür sind unklar. Vorstandschef Hoffmann bestätigt lediglich eine Debatte über das Spendensiegel, aus seiner Sicht sei in der Sache aber "bis heute keine abschließende Entscheidung getroffen." Martin Krug zumindest führte auf 3sat aus, Power-Child brauche ein solches Siegel nicht.

Sieben Botschafter statt einer Primadonna

Veronica Ferres stellt demnächst ihren neuen Film "Unter Bauern" beim Filmfestival in Locarno vor. Power-Child, so sagt sie, erachte sie immer noch als "Verpflichtung" und "Herzensangelegenheit" - und wünscht sich, dass der Verein "im Interesse der Kinder weiterhin erfolgreich sein wird".

Ganz ohne Primadonnen-PR wird Power-Child aber auch in Zukunft nicht auskommen müssen. "Erst kürzlich hat sie eine Hörspiel-CD zu unseren Gunsten aufgenommen", freut sich der Vereinsvorsitzende Hoffmann. Für November sei eine Kinderbuch-Veröffentlichung vorgesehen, bei der Power-Child die Gage für Ferres erhalte. Sie sei nun eben "Botschafterin", so Hoffmann.

Früher warb ihr Gesicht allein für die gute Sache, künftig aber sollen mindestens sieben Prominente für Power-Child wirken. Mit dabei sind Ex-CSU-Chef Erwin Huber, der bayerische Medienwächter Wolf-Dieter Ring, die Siegerin der zweiten "Germany's-Next-Topmodel"-Castingshow Barbara Meier, Fußballtorwart Jens Lehmann, Schauspieler Heiner Lauterbach und Werner Klatten, Chef der Deutschen Sporthilfe. "Vielleicht kommen bis zum 18. September auch noch zusätzliche Namen hinzu", hofft Hoffmann.

Eine Gala im Schatten der Wirtschaftskrise

An diesem Tag lädt Power-Child wie ehedem zur alljährlichen Gala ins Hotel Bayerischer Hof. In den vergangen Jahren geriet die "United People Charity Night" zum Society-Treff. An so einem Abend werden schon einmal 650.000 Euro an Spenden gesammelt - und 2008 machte dort ausgerechnet Finanz-Emporkömmling Carsten Maschmeyer mit einer Super-Spende von sich reden. Der Gründer des Unternehmens AWD ist inzwischen mit Ferres liiert. Und die von ihm initiierte "AWD Stiftung Kinderhilfe" ist selbst gut unterwegs.

In diesem Jahr werde die Feier "vielleicht etwas bescheidener ausfallen, passend zur Wirtschaftskrise", prophezeit Vereinsboss Hoffmann. Details möchte er nicht nennen - schließlich organisiere nicht Power-Child die Gala, sondern die Firma "Krug Mediapool". Und die gehört nach wie vor dem Ferres-Ex-Partner Krug.

Ein bisschen Glamour muss schon sein.

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