Verlieren:Ärgere dich!

Verlieren: Wer bei "Monopoly" verliert, darf seinem Ärger Luft machen. Zum Spielverderber sollte er aber nicht werden. Das wäre unfair.

Wer bei "Monopoly" verliert, darf seinem Ärger Luft machen. Zum Spielverderber sollte er aber nicht werden. Das wäre unfair.

(Foto: Imago stock&people/Illustration: Katherin Baka)

Niemand verliert gerne. Aber es gehört nun einmal zum Spielen dazu. Darf man sich darüber ärgern? Und kann man lernen, mit Niederlagen umzugehen?

Von Matthias Drobinski

Ich gestehe, ich habe gefoltert - auch wenn es schon ein paar Jahre her ist. Beim "Monopoly"-Spielen war es. Wir waren fanatische "Monopoly"-Spieler. Ganze Ferientage haben wir gewürfelt, gejubelt und geflucht, meine Brüder, die Freunde. War einer von uns obenauf und zockte die anderen ab, baute er seiner Spielfigur ein schönes Auto aus Lego. Standen wir aber am Rande der Niederlage, wurden wir brutal: Kopfüber wurden die armen Püppchen in den Spülkasten der Toilette getunkt. Das hatten die nun davon.

Kurz und schlecht: Ich verliere nicht gerne. Kaum einer verliert gerne und gibt zu, dass der andere stärker, schneller, schlauer oder glücklicher ist - na gut, glücklicher, das geht gerade noch. Erwachsene, die sagen: Es macht mir nichts aus zu verlieren, halte ich für nicht ganz ehrlich oder für schlechte Spieler. Entweder sie unterdrücken ihr Gefühl, weil sie glauben, dass es sich nicht gehört. Oder es macht ihnen tatsächlich nichts aus - aber will man dann noch gegen sie spielen? Kann man sich freuen, wenn man gegen einen gewinnt, dem es wurst ist, dass er verliert? Oder gegen einen, der absichtlich verliert, damit es keinen Ärger gibt?

Wer spielt, muss das Spiel ernst nehmen, sonst ist es kein Spiel. Es gibt Forscher, die sagen, die Menschen haben in ihrer Geschichte sehr viel durch Spielen gelernt: Man muss kämpfen, sich anstrengen, Ideen haben, schnell reagieren. Man muss sich aber auch an Regeln halten, fair zum Gegner sein, man muss die Spielanleitung akzeptieren und den Schiedsrichter respektieren. Das heißt allerdings auch: Man muss verlieren lernen.

Und das ist ganz schön schwer. Wenn man sich anstrengt und es reicht nicht, wenn man aufs Glück hofft und es kommt nicht, dann steigt diese hilflose Wut in einem hoch, dass man platzen möchte, das ganze Spiel an die Wand werfen, den Ball irgendwo in die Büsche dreschen.

Doch das geht gar nicht: aufgeben, hinschmeißen. Die eigene Spielfigur kopfüber ins Wasser zu stecken, das war in Ordnung bei uns. Nicht in Ordnung war es, alles "Monopoly"-Geld in die Luft zu werfen und so das Spiel zu verderben.

Wer nicht gewinnen will, ist ein Langweiler. Wer nicht verlieren kann, ist ein Spielverderber. Ein starker Spielverderber wird zum Diktator, der will, dass seine eigenen Regeln gelten. Ein schwacher wird zu der armen Socke alleine in der Ecke.

Ja, es macht mir was aus zu verlieren, wenn die eine Tochter beim Quizduell vorne ist und die andere mich kalt lächelnd mit der Wii abzieht. Oder wenn Frank, der Schuft, schneller am Ball ist. Aber es gehört dazu: Manchmal ist einer besser. Dann hilft nur Respekt - nachdem man mal vor Wut auf den Boden gehauen hat. Das nächste Mal könnte es andersherum sein. Das macht Spielen so spannend und schön.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: