Verheiratetes Comedy-Paar:"I dua ois, wos du mir sogst"

Zwei Frauen, zwei Männer, ein Paar: Seit fast 25 Jahren tragen Herbert & Schnipsi ihre Eheprobleme auf der Bühne aus. Und die echte Ehe hält trotzdem.

Katja Auer

Eine dunkle Eckbank im Stil "Eiche rustikal" gibt es nicht bei Claudia Schlenger und Hanns Meilhamer, nicht einmal ein Häkeldeckchen ziert den Tisch. Dahin ist die schöne Vorstellung vom spießigen Heim von Herbert und Schnipsi, diesem kleinbürgerlichem Chaotenpaar, das seit fast 25 Jahren seine Eheprobleme auf den bayerischen Kleinkunstbühnen austrägt.

Verheiratetes Comedy-Paar: Zwei Frauen, zwei Männer, ein Paar: Schnipsi & Herbert alias Claudia Schlenger und Hanns Meilhamer.

Zwei Frauen, zwei Männer, ein Paar: Schnipsi & Herbert alias Claudia Schlenger und Hanns Meilhamer.

(Foto: Foto: oh)

So nervtötend überzeugend, dass kaum einer glauben mag, dass hinter der keifenden Schnipsi und ihrem langsamen Herbert zwei weit weniger anstrengende Menschen stecken.

"Mit der Schnipsi verheiratet?" Hanns Meilhamer überlegt nur kurz. "Nein, das tät ich wahrscheinlich nicht aushalten." Dieses aufgedrehte, siebengescheite Weibsbild hat mit seiner Claudia nichts zu tun.

Obwohl das Temperament beim realen Ehepaar vergleichbar verteilt ist wie bei den Figuren. "Die Schnipsi rennt drauf los und der Herbert muss es dann ausbaden", beschreibt Claudia Schlenger ihre Figur. Tatsächlich sei es im echten Leben so ähnlich. Mit ihrem Haus in einem kleinen Weiler bei Simbach am Inn zum Beispiel.

Der Taxifahrer muss die Adresse nachschlagen, minutenlang geht die Fahrt über matschige Waldwege. Den alten Bauernhof hat das Paar vor anderthalb Jahren bezogen, zuvor musste monatelang renoviert und umgebaut werden. "Ich habe das Haus zum ersten Mal gesehen und war total begeistert", erzählt Claudia Schlenger.

Als dann die Arbeit begann und das Traumhaus eine einzige Baustelle war, verließ sie der Elan. Dann ist Meilhamer dran. Er ist der ausdauernde, der Tüftler.

Um einen Titel für ein neues Programm zu finden, probiert er gerne mal hundert Varianten aus, auch wenn alle Beteiligten bereits den ersten Vorschlag für gut befinden. "Ich hab schon einen Hang zur Genauigkeit", sagt Meilhamer. Selbst beim nahezu perfekten Milchschaum, den er seinem modernen Kaffeeautomaten entlockt.

Als Herbert wäre er mit dem Gerät vermutlich ebenso überfordert wie mit dem großen Flachbildfernseher im Wohnzimmer, der die einsame Landidylle relativiert, die hinter dem Fenster liegt.

So lautstark wie auf der Bühne geht es im Hause Schlenger-Meilhamer nicht zu. Vor allem, seit der 20-jährige Sohn Simon zum Studium nach Passau gezogen ist. Claudia Schlenger wird die Ruhe manchmal zu viel, dann fährt sie für ein paar Tage nach München, wo die beiden noch eine kleine Wohnung haben. Zum Ausgleich.

"I dua ois, wos du mir sogst“

Dabei kann sich die 59-Jährige über Langeweile nicht beschweren. Gerade erst haben die Komödianten ihr Management selbst übernommen. Ganz nebenbei hat Hanns Meilhamer vor fünf Jahren die Band Herbert und die Pfuscher gegründet. Da kann er all die Lieder spielen, die im Programm von Herbert und Schnipsi keinen Platz finden.

Claudia Schlenger ist stolz auf ihren Mann. Wie damals, 1972. "Ich bin im Publikum gesessen und hab ihn angehimmelt", erzählt sie und strahlt ihn an. Meilhamer, heute 54, war damals noch Liedermacher und von Claudias Äußerem so beeindruckt, dass er noch dachte, "das ist eine Kategorie, die ich nie erreichen werde".

Hat er aber, seit 1984 sind die beiden verheiratet. Und fast 25 Jahre stehen sie zusammen auf der Bühne. Dabei war lange nicht klar, dass das Ehepaar zusammen Comedy machen würde. "Ich hätte ja gar nicht geglaubt, dass ich neben ihm bestehen könnte", sagt Claudia Schlenger, die es nach einer Ausbildung zur Arzthelferin und dem Politikstudium immer mehr zum Theater zog.

Dann kam doch alles anders.

Beim Ausprobieren eines Ehe-Sketches sind Herbert und Schnipsi entstanden. "Ich hab sie gefragt, wie ich denn heißen könnte", erzählt Meilhamer. Sie fand, er sehe gerade nach einem Herbert aus. Er wiederum erinnerte sich beim Anblick seiner Frau an "Freundinnen, die auf ihrem Spitznamen sitzen geblieben sind" und so war die Namensgebung schnell erledigt.

Was das kuriose Paar auf der Bühne so erlebt, das entsteht nicht nur in Niederbayern. "Ich habe eigentlich immer einen Block dabei", sagt Meilhamer. Szenen im Zug, ein Satz in der Zeitung, ein Gespräch im Café - Stoff findet sich überall.

Im Lauf der Zeit ist eine Arbeitsteilung entstanden: Meilhamer schreibt meist die Lieder, seine Frau übernimmt die Szenen.

Wie Schlenger und Meilhamer haben sich Herbert und Schnipsi weiterentwickelt, mit der Zeit sind ihnen die Figuren immer vertrauter geworden. "Die Schnipsi war früher noch keifender und böser", sagt Claudia Schlenger. Mittlerweile sei es ihr wichtiger geworden, deren guten Kern herauszustellen. Die wolle ihrem Herbert ja nie etwas Böses, im Gegenteil, sie habe stets gute Absichten und "versaut es dann unabsichtlich".

Auch Herbert sei nicht mehr so machomäßig drauf, erklärt Meilhamer, dessen Dialekt ihm Herbert doch sehr ähneln lässt, er habe jetzt mehr Erfahrungen gesammelt.

Das Gleiche gilt für das Ehepaar Schlenger und Meilhamer. "Wir denken viel über die Beziehung nach", sagen sie. Die gemeinsame Arbeit sehen sie nicht als Problem, sondern als Gewinn. "Ich könnte nicht mit jemandem leben, der nicht die gleichen Interessen hat", sagt Claudia Schlenger. Genauso wichtig sei es aber, sich gegenseitig Freiraum zu lassen. "Früher sind wir regelmäßig ohne den Partner verreist", sagt Meilhamer.

Auch mit Kommunikationstheorien hat sich das Paar beschäftigt, denn dass eine Ehe nur funktioniert, wenn miteinander gesprochen wird, darüber sind sie sich einig. Die Art der Problemlösung, wie sie Herbert und Schnipsi auf der Bühne praktizieren, liegt dem Ehepaar fern.

"Unsere Figuren sind grundsätzlich sehr schlecht informiert und vor allem am Reagieren", erklärt Meilhamer. Bei ihm selbst - im Gegensatz zu Herbert - würde es keine Midlife-Krise auslösen, wenn die Lebensversicherung fällig wird. Hofft er zumindest. Manchmal aber hat eine Kabarettnummer auch das Eheleben zum Kern. Ein Lied zum Beispiel. Es trägt den vielsagenden Titel "I dua ois, wos du mir sogst".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: