Verhängnisvolle Affären:Ich weiß, was du getan hast

So mächtig kann ein Mann gar nicht sein, dass eine Affäre ihn nicht zu Fall bringt. Der neuralgische Punkt ist dabei nicht die betrogene Ehefrau - es ist die gekränkte Geliebte.

V. Simon

Als Bernard Madoff am 29. Juni im Bezirksgericht von Manhattan zu 150 Jahren Haft verurteilt wurde, war dies nicht die einzige Konsequenz, die der größte Betrüger der Wall Street zu tragen hatte. Spätestens, als eine der Geschädigten öffentlich verkündet hatte, den Tag, an dem sie Madoff begegnete, sehe sie "als den vielleicht unglücklichsten" ihres Lebens an, dämmerte dem 71-Jährigen, dass eine weitere Strafe auf ihn wartete.

Bernard Madoff; Sheryl Weinstein

Mit dieser Anlegerin hätte sich Bernard Madoff besser nicht ins Bett legen sollen: Sheryl Weinstein veröffentlicht kompromittierende Details über den Milliardenbetrüger in ihrem Buch.

(Foto: Foto: AFP)

Die Frau, deren Geld Madoff auf dem Gewissen hatte, heißt Sheryl Weinstein. Das war insofern verhängnisvoll, weil der Börsenmakler eine über mehrere Jahre dauernde Affäre mit der Dame hatte - der zweite Fehler neben seinem Milliardenbetrug, wie sich herausstellte. Leider ist Weinstein nämlich nicht irgendwer, sondern eine bekannte New Yorker Publizistin. Und so erscheint am 25. August in den USA eine Biographie mit dem Titel "Madoff's Other Secret: Love, Money, Bernie and Me" ("Madoffs anderes Geheimnis: Liebe, Geld, Bernie und ich").

Die Verbindung von Macht und Muse ist so alt wie die Welt. Unzählige Herrscher vergnügten sich mit einer Geliebten. Doch so mächtig konnte ein Mann gar nicht sein, dass ihn eine Affäre früher oder später nicht doch noch zu Fall bringen konnte. Der neuralgische Punkt ist dabei nicht automatisch, wie man vermuten möchte, die betrogene Ehefrau - es ist die gekränkte Geliebte. Sobald sich Anziehung in Abneigung, Verführung in Verbitterung verwandelt, tickt für den Repräsentanten eines Staates, eines Unternehmens oder einer Adels-Familie die Zeitbombe. Der Sprengstoff: intime Details, die auf dem ehemals gemeinsamen Kopfkissen geteilt wurden.

Ausgeplaudert wird alles und überall. Von sexuellen Vorlieben über kriminelle Machenschaften bis hin zu unehelichen Kindern - an Peinlichkeiten und Geheimnissen, die einmal in zerwühlten Laken geteilt wurden, darf nun die ganze Welt teilhaben.

Weinsteins gebundene Plaudereien dürften Madoff den finalen Nackenschlag versetzen. Im Gegensatz zu manch anderen Geschädigten kann die Autorin auf diese Weise ihre Rachegefühle in aller Öffentlichkeit auskosten, und sie tut es mit Freuden. So erfährt der Leser in allen Facetten von jenen Abgründen, die der Milliardenbetrüger jenseits seiner finanziellen Machenschaften verbarg: ihre heimlichen Treffen in den vornehmen Hotels von Manhattan, Details ihrer Liebesspiele und Einzelheiten physiognomischer Natur, die sich eindeutig unter der Gürtellinie bewegen und alles andere als schmeichelhaft sind: "This man was not well-endowed" (Dieser Mann war nicht gerade gut bestückt).

Dass Madoff in seiner Zelle von all diesen Schmähungen ohnehin nicht mehr viel mitbekommen dürfte, ist nur ein schwacher Trost. Doch mal abgesehen von persönlicher Kränkung und Rufschädigung: Liebesgeschichten haben schon ganze Regierungen ins Wanken gebracht.

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Profumo-Affäre

Der Spion, der mich liebte

Wir erinnern uns an die Profumo-Affäre: Der britische Kriegsminister John Dennis Profumo lässt sich 1961 mit dem 19-jährigen Mannequin Christine Keeler ein, ohne zu ahnen, dass diese zugleich eine Liaison mit dem sowjetischen Marineattaché und KGB-Spion Jewgenij Iwanow unterhält. Erst nach einer Warnung durch den damaligen Kabinettsminister beendet Profumo die Affäre. Doch da kursieren bereits Gerüchte, dass die junge Frau den Minister im Auftrag der Russen ausspionieren sollte.

Die Sache gerät ins Rollen, als ein weiterer Liebhaber des Callgirls, der jamaikanische Einwanderer John Edgecombe, in rasender Eifersucht durch das Fenster der jungen Frau schießt. Die Presse nimmt Witterung auf, die Wogen schlagen hoch. Im Januar 1963 verkauft Christine Keeler ihre Geschichte an eine Zeitung. Profumo bestreitet alles, droht Zweiflern mit Verleumdungsklagen und täuscht das Parlament - bis ihm schließlich nur noch der Rücktritt bleibt.

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Silvio Berlusconi

Silvio Berlusconi; Patrizia D'Addario

Hat unerfreuliche Informationen gegen Italiens Regierungschef Berlusconi in der Hand: das ehemalige Callgirl Patrizia D'Addario.

(Foto: Foto: AP; dpa)

Silvio Berlusconi

Das Image eines ganzen Landes bedroht derzeit das Liebesleben von Italiens Regierungschef Berlusconi, der mit seinen ehelichen Auseinandersetzungen in den Medien seit Jahren die Nerven der Öffentlichkeit strapaziert. Derzeit hat er mit einer besonders unerfreulichen Angelegenheit zu kämpfen: Das ehemalige Callgirl Patrizia D'Addario reist durch Europa und plaudert über ihr Verhältnis zu dem 72-Jährigen - und von mindestens 17 anderen jungen Mädchen, die dem Premierminister gegen Geld zur Verfügung gestanden haben sollen. D'Addario war Teil eines Verkupplungssystems zwischen Politikern und Prostituierten, das bis in die höchsten Regierungskreise reichte. "Sex gegen Gefälligkeiten - das ist die Kultur der Regierung Berlusconi", erklärte sie der Times.

Das von ihr angeprangerte System lebte vor allem von der Diskretion aller Beteiligten. Dennoch ging die Süditalienerin an die Öffentlichkeit. Der Grund für ihr Mitteilungsbedürfnis: Der Ministerpräsident habe ihr Versprechungen gemacht, aber nie eingelöst. Unter anderem sollte die 42-Jährige als Kandidatin bei der Europawahl antreten. Durch die Enthüllungen von Berlusconis Ehefrau Veronica Lario war D'Addarios politische Karriere jedoch beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Nun feilt sie an ihrer Biographie. Der Titel: "La mia vita" ("Mein Leben"), in der sie ihre Begegnungen mit Berlusconi beschreibt.

Noch ist nicht bekannt, ob und wie der Regierungschef die Veröffentlichung des Werks verhindern will. Sicher ist nur: Die Affäre hält Italien seit Monaten in Atem, lähmt den politischen Prozess und hat inzwischen dazu geführt, dass sich viele Italiener für ihr eigenes Land schämen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: der Fall Delgado, Pizarro, Born.

Delgado, Pizarro, Born

Claudio Pizarro; AP

Dumm gelaufen: Werder-Stürmer Claudio Pizarro in Bedrängnis.

(Foto: Foto: AP)

Von einer, die auszog, einen Skandal auszulösen

Auch im Sport gibt es Verstrickungen dieser Art. Einen riesigen Skandal hatte das Fotomodell Fiorella Faré ausgelöst, weil sie im Scheidungsverfahren von Pizarro-Berater Carlos Delgado Angaben zur Geschäftspraxis ihres Noch-Ehemannes machte und dazu einen Haufen Beweismaterial aus der Schattenwelt des Fußballs präsentierte.

Die Peruanerin hatte nach zehn Jahren Ehe mit dem Pizarro-Berater Carlos Delgado die gemeinsame Wohnung mit zwei Koffern verlassen - bedauerlicherweise befanden sich darin nicht nur ihre Kleider, sondern auch 4000 Seiten Dokumente. Gegen Delgados, der die Beraterfirma "Image" leitet, wird nun wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Schwarzgeld ermittelt.

Nachdem in Peru berichtet wurde, dass Werder-Stürmer Claudio Pizarro erhebliche Anteile an dem Unternehmen halten soll, sieht sich der Nationalspieler heftigen Vorwürfen ausgesetzt. Sollte es ihm nicht gelingen, die Vorwürfe zu entkräften, könnten ihn Farés Enthüllungen sogar ins Gefängnis bringen.

Inzwischen ist die Rede von über 5000 Dokumenten - alle seien angeblich völlig unbeabsichtigt in den Koffern gelandet. Ebenso unabsichtlich seien die kompromittierenden Unterlagen einem Anwalt übergeben worden: Eigentlich wollte Fiorella herausfinden, wie hoch das Vermögen ihres Noch-Ehemannes ist - die Hälfte davon steht ihr zu. Da sie an Delgados Angaben Zweifel hegte ("Er hat gelogen, er besitzt viel mehr Geld, wollte mir aber nicht mehr geben!"), sollte ein Anwalt die Vermögensverhältnisse überprüfen.

Mit hineingezogen wurde auch Werder-Bremen-Boss Jürgen Born, nachdem der Verdacht, sich auf Kosten des Vereins bereichert zu haben, nicht mehr von der Hand zu weisen war. Er trat von seinem Posten zurück.

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Prinzessin Diana

Prinzessin Diana; Lady Di; Prinz Charles

Charles und Diana: Wer beging den ersten Seitensprung?

(Foto: Foto: dpa)

Geheimnisse einer Toten

Nicht nur die Lebenden kann die Indiskretion einer ehemaligen Liebesgeschichte einholen. Zuweilen profitiert einer der Beteiligten erst dann von seinem Wissen, wenn der Betroffene sich dazu nicht mehr äußern kann. James Hewitt, der Reitlehrer - und Liebhaber - von Prinzessin Diana hatte 1999 in seinem Buch "Love and War" berichtet, dass in der Ehe mit Prinz Charles der erste Seitensprung von Lady Di begangen wurde. Die Prinzessin habe ihm gegenüber eine frühere Affäre mit ihrem Leibwächter Barry Mannakee eingestanden. Das war insofern von hoher Brisanz, weil die Öffentlichkeit bis dahin stets der Meinung war, dass Prinz Charles die Ehe durch seine Beziehung zu Camilla Parker Bowles zerstört hatte. Diana hatte die Affäre mit Mannakee stets bestritten.

Dianas Leibwächter war 1987 ums Leben gekommen, als er auf seinem Motorrad mit einem Kleinwagen zusammenstieß. Diana glaubte nie an einen Unfall. Sie war der Ansicht, dass Mannakee getötet wurde, weil er zu viel über die zerrüttete Ehe zwischen ihr und Prinz Charles wusste.

Einige Jahre später dann, 2007, stützte die britische Autorin Tina Brown die Äußerungen des Reitlehrers in ihrem Buch "The Diana Cronicles". Auch Brown war zu der Überzeugung gelangt, dass Mannakee eine erotische Beziehung zu Diana hatte, nachdem sie die Bestätigung dafür durch einen engen Vertrauten der Prinzessin und angesehenen Freund ihrer Familie bekommen habe.

Dem Ansehen von Lady Di, der "Königin der Herzen", konnten all diese Enthüllungen nichts anhaben. Dem Bankkonto der Plaudertaschen immerhin mögen sie genützt haben.

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Rosemarie Nitribitt

Rosemarie Nitribitt; Domenica

Dirnen, Drogen, Dreharbeiten: eine Retrospektive auf das älteste Gewerbe der Welt und ihre bekanntesten Gesichter - wie zum Beispiel Domenica. Bitte auf das Bild klicken!

(Foto: Foto: dpa)

Gefährliches Notizbuch

Eine beachtliche Menge an Zündstoff enthielt der Mord an Rosemarie Nitribitt. Im Oktober 1957 erwürgt ein Unbekannter die Frankfurter Prostituierte. Zunächst unterschätzt die Polizei den Fall, für sie handelt es sich um einen "ganz normalen Prostituiertenmord".

Doch schon bald wird den Ermittlungsbeamten die Brisanz des Falles bewusst: Am Tatort finden sie ein Foto des Krupp-Erben Harald von Bohlen und Halbach, der als reichster Mann Deutschlands gilt. Der Leiter der Mordkommission lässt das Bild unauffällig verschwinden, ebenso einige Liebesbriefe des Industriellen.

Die Angelegenheit entpuppt sich als der spektakulärste Mordfall der Adenauer-Ära: Die elegante Blondine konnte sich ihre Kundschaft aussuchen, zu ihrem Kundenkreis zählten Großindustrielle, ausländische Unternehmer, Politiker, Ärzte oder Rechtsanwälte. Und sie führte penibel Buch über sie.

Die Polizei findet das kleine schwarze Büchlein der Prostituierten und schürt bewusst Gerüchte, es befänden sich die Namen von mehr als 100 prominenten Kunden darin. Einige der wohlhabenden Herren wurden nervös und meldeten sich im Polizeipräsidium. Zu den Vernehmungen schleuste man sie diskret durch den Hinterausgang. Bis auf den Erben der Krupp-Dynastie kam nie ein Name ans Licht.

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