Süddeutsche Zeitung

Väter-Studie:"Einige Männer halten den Druck nicht aus "

Der moderne Vater muss die Familie versorgen, sich um die Kinder kümmern und dabei noch sexy sein. Soziologen haben untersucht, wie Männer diese Aufgaben meistern.

Eike Schrimm

Die Soziologen Andrea Bambey und Hans-Walter Gumbinger sind der Frage nachgegangen, wie sich die Rolle des Vaters gewandelt hat und wie sich dies auf die Familienkonstellation auswirkt.

1500 Väter haben sich an der Studie beteiligt. In einem Fragebogen mussten sie sich als Vater und Partner selber einschätzen. Anschließend wurde mittels der Paar-Interviews überprüft, ob sich die Erkenntnisse aus Fragebogen und Gespräch decken. Darüberhinaus wurden auch mit einigen Kindern gesprochen. Aus den Ergebnissen haben die Wissenschaftler sechs Väter-Typen gebildet. Der egalitäre und partnerschaftlich-traditionelle Vater sind die positiven Typen, die sich für die Familie stark engagieren. Bei dem unsicher-gereizten und dem traditionell-distanzierten Typ ist die Vaterschaft besonders problematisch. Der fassadenhafte Typ liegt dazwischen: Er glaubt, dass er moderner eingestellt ist, als er es in der Praxis dann tatsächlich ist.

Im Interview erklärt Hans-Walter Gumbinger, wie Männer die gesellschaftlichen und eigenen Erwartungen in der Realität umsetzen.

sueddeutsche.de: Ist der Patriarch endlich ausgestorben?

Gumbinger: Es gibt immer noch Väter, die nach dem traditionellen Rollenschema leben. Aber selbst diese Väter sind keine patriachalen Typen. Sie sorgen zwar für den Unterhalt, aber das Familienleben managen die Frauen.

sueddeutsche.de: Und mit dieser Rollenverteilung sind die Frauen zufrieden?

Gumbinger: Nein. In den Paar-Interviews haben sich vor allem bei den randständigen Vater-Typen die Mütter mehr Engagement von ihren Partnern gewünscht. Die Mütter, die ganz allein für den Familienalltag zuständig sind, fühlen sich oft überfordert und im Stich gelassen.

sueddeutsche.de: Aber von dem neuen Vater wird auch einiges abverlangt: Er soll Geld verdienen, sich um die Kinder kümmern und dabei noch sexy sein.

Gumbinger: In der Tat ist der Druck, der auf den modernen Vater ausgeübt wird, groß. Und einige Väter halten ihn auch nicht aus und scheitern daran. Wie der unsichere, gereizte Vater-Typ. Er nimmt zwar überdurchschnittlich oft den Erziehungsurlaub, weil er eben gern ein moderner aufgeschlossener Vater sein will. Aber dann ist er überfordert mit dieser Situation. Er ist verblüfft, was es heißt, zu Hause zu sein und die Kinder erziehen zu müssen.

sueddeutsche.de: Welcher Vater meistert die Rolle des modernen Vaters am besten?

Gumbinger: Der egalitäre Vater. Er wurde zum Teil selber sehr stark traditionell erzogen, aber er hat sich bewusst von der eigenen Erziehung abgewendet und nach einem eigenen Vaterbild gesucht. Zwar muss er auch das Geld verdienen, aber dieser Vater hat es gleichzeitig geschafft, Familie und Beruf in einem neuen Praxismodell gut unterzubringen. Gemeinsam mit der Frau hat er aktiv nach Antworten gesucht: Wie wollen wir denn leben? Auch mit den Kindern diskutiert er viel. Der egalitäre Vater sieht es als Gewinn, sich für die Familie einzusetzen und er schätzt diese Erfahrungen, die er auf keinem anderen Gebiet machen kann.

sueddeutsche.de: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Bildungsabschluss und Vater-Typ?

Gumbinger: Das haben wir vermutet und sind überrascht worden. Wir dachten, dass die engagierten Väter, also der egalitäre und der partnerschaftliche Vater-Typ auch einen höheren Bildungsabschluss haben. Das ist bei den partnerschaftlichen Vater, der sich stark um die Erziehung kümmert, aber nicht der Fall. Da war ein größerer Anteil Hauptschüler. Während der egalitäre Vater tatsächlich einen höhere Abschluss hat.

sueddeutsche.de: Leiden Kinder unter einem bestimmten Vater?

Gumbinger: Je traditioneller der Vater eingestellt ist, desto kritischer wird die Vater-Kind-Beziehung. Besonders bei einem randständigen Vater haben die Kinder große Angst, dass die Familie auseinander bricht, dass einer für immer weg geht. Aber nicht nur die Kinder sind unglücklich, die gesamte Familie ist von der Situation enttäuscht.

sueddeutsche.de: Sind diese Ehen dann auch gefährdet?

Gumbinger: Das war eine sehr interessante Erkenntnis, die wir mit dem randständigen Vater gemacht haben. Anhand der Fragebögen haben wir erkannt, dass die Partnerschaften sehr spannungsreich sind. Aber in den Interviews haben wir dann erfahren, dass gerade diese Partnerschaften sehr stabil sind. Es gibt zwar große Enttäuschungen, aber die Paare haben sich arrangiert und sich mit der Situation abgefunden.

sueddeutsche.de: Das hört sich sehr traurig an. Gibt es denn Chancen, dass die Männer es lernen, ein guter, moderner Vater zu sein?

Gumbinger: Das ist schwer zu sagen. Denn das hängt auch stark von der gesellschaftlichen Situation ab. Bislang wird es in Firmen nicht geachtet, wenn Männer sich für den Karriereknick entscheiden und sagen: Ich bleibe zu Hause. Das gilt als unmännlich. Und auf der anderen Seite ist es hoch problematisch für Mütter, wenn sie sich beruflich engagieren. Aber trotzdem bin ich zuversichtlich. Der Anteil der egalitären Väter wird immer größer.

sueddeutsche.de: Sind Sie Vater?

Gumbinger: Ja. Ich habe einen Sohn.

sueddeutsche.de: Und? Welcher Vater-Typ sind Sie?

Gumbinger: Ich engagiere mich sehr in der Erziehung und für mich ist es sehr wichtig, Vater zu sein. Deshalb würde ich mich zu den egalitären zählen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.252976
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.