Ungesunde Ernährung:"Immerhin hat er sich nicht übergeben"

Ein Anruf bei Sherri Shaw, die in der ungesündesten Stadt der USA einen Zehn-Pfund-Burger an Jamie Oliver verkauft hat.

C. Fromme

In Huntington im Bundesstaat West Virginia rollt die grüne Revolution, angezettelt von Jamie Oliver. Im Rahmen einer TV-Serie will der britische Koch die Amerikaner dazu bringen, statt Burger besser Salat und Gemüse zu essen. Dazu hat er sich ausgerechnet die Stadt Huntington ausgesucht, die als ungesündester Ort der USA gilt. Sherri Shaw arbeitet dort in dem Fast-Food-Restaurant Hillbilly Hotdogs, das für seine Riesenportionen bekannt ist.

Burger, oh

Fette Burger sind in Huntington beliebt.

(Foto: Foto: oh)

Süddeutsche Zeitung: Glückwunsch, Mrs. Shaw. Nach vier Jahren wurde der Homewrecker-Rekord bei Ihnen gebrochen. Für diesen Hot Dog, der 1,5 Kilo schwer ist und fast 40 Zentimeter lang, brauchte ein Gast aus Atlanta gerade mal 3.45 Minuten.

Sherri Shaw: Tja, der Homewrecker ist eben sehr beliebt. Da ist auch ordentlich etwas drauf: bergeweise Krautsalat, Jalapenos, Käse, Zwiebeln und, klar, das Würstchen, das ein Pfund wiegt. Jeder, der ihn in weniger als zwölf Minuten schafft, kriegt ein T-Shirt. Die meisten scheitern.

SZ: Huntington gilt als ungesündeste Stadt Amerikas, die Hälfte der Leute hat Übergewicht. Könnte das nicht auch mit solchen Essgewohnheiten zu tun haben?

Shaw: Ich halte das für ein Vorurteil. Von den Superdicken, von denen immer die Rede ist, sehe ich jedenfalls keine. Aber es gibt da diese staatliche Studie, nach der hier alles so schlimm sein soll. Es stimmt, viele essen zu ungesund, aber es ist nicht so, dass jeder täglich einen Homewrecker oder Riesenburger isst.

SZ: Jetzt ist sogar Jamie Oliver nach Huntington gekommen, um den Einwohnern zu zeigen, wie man gesünder kocht.

Shaw: Viele hier waren erst skeptisch, manche sind es immer noch. Am Montag ist er ja nach all den Wochen wieder abgereist. Da kommt ein Engländer mit einem Kamerateam zu uns und macht sich über die dicken Amerikaner lustig. Da rollt natürlich keiner den roten Teppich aus. Aber am Ende war es doch ganz anders.

SZ: Inwiefern?

Shaw: Er will die Leute dazu bringen, gesünder zu essen, das ist erstmal nichts Schlechtes. Er hat bei meinen Kinder in der Schule gekocht und den Speiseplan der Kantine komplett umgekrempelt, was ich gut finde. Und er hat den Schülern gezeigt, wie sie sich selber gesunde Snacks machen können. Meine Tochter ist absolut begeistert von ihm, sie will jetzt nur noch Huhn, Spinat und Salat essen. So richtig gut findet sie meinen Job nun nicht mehr.

"Der Gouverneur isst hier"

SZ: Jamie Oliver hat in Huntington für die zwei Monate eine Kochschule aufgemacht, die fast 1000 Einwohner besucht haben. Waren Sie auch da?

Shaw: Nein, ich arbeite doch den ganzen Tag, da fehlt mir die Zeit. Aber ich konnte mir trotzdem ein Bild von ihm machen, er hat hier gegessen, gleich am ersten Tag, als er in die Stadt kam.

SZ: Den Homewrecker?

Shaw: Den Big Bad Bubba's Doublewide. Unseren beliebten Zehn-Pfund-Burger.

SZ: Das klingt nun nicht direkt nach Schonkost. Was ist da so drauf?

Shaw: Nun ja, in einem Brötchen, das fünf Pfund wiegt, stecken 10 Pfund Fleisch, zwei Zwiebeln, anderthalb Kopf Salat, acht Tomaten, 24 Scheiben Käse ...

SZ: Das hat er alles gegessen?

Shaw: Natürlich nicht. Er hat alles probiert und gesagt, dass er das lecker findet. Das war wohl höflich gemeint, man sah ihm an, dass es nicht so seine Sache war. Immerhin hat er sich nicht übergeben oder gesagt, dass er das eklig findet. Das kann auch nicht sein, der Gouverneur isst hier, und seit wir David Letterman einen Riesenburger gebracht haben, ist auch er ein Fan. Wir verwenden auch nur frische Zutaten, es ist gar nicht so schlecht, wie viele glauben, nicht wie bei McDonald's oder Burger King. Bei uns gibt es den besten Burger West Virginias.

SZ: Wie oft steht der auf Ihrem persönlichen Speiseplan?

Shaw: Selten, ich esse lieber Huhn und Gemüse und laufe jeden Tag eine halbe Meile zur Arbeit. Ich erfülle nicht das Vorurteil über Huntington, tut mir leid, wenn ich Sie da enttäuschen muss.

SZ: War Jamie Oliver noch mal da?

Shaw: Er selbst nicht, das würde auch wohl nicht so gut zu seiner Mission hier passen. Sein Fernsehteam aber, das hat hier jeden zweiten Tag gegessen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: