Diesen Text habe ich nah an meine Haut gelassen. Ich habe mich mit Bodybutter am Stück eingerieben, die dabei in viele kleine Brocken zerbrach. Ich habe Körperöle in der Glasflasche als plastikfreie Alternative getestet. Ich bin durch die halbe Stadt gefahren, um Fuß- und Handcreme im Glasflakon zu bekommen, habe für hundert Milliter 20 Euro bezahlt und mich wochenlang über trockene Haut geärgert, obwohl ich dreimal so viel cremte wie sonst. Ich habe mir die Haare mit Kaffeesatz gewaschen und Flüssigseife selbst hergestellt.
Nicht alle Maßnahmen, die ich der Umwelt zu Liebe ergriffen habe, waren sinnvoll, viele waren im Alltag einfach nicht machbar. Am schwierigsten fiel die Entscheidung, was mir wichtig ist: Will ich Plastik vermeiden? Oder Verpackungen allgemein? Geht es um Tierschutz? Oder darum, dass keine schädlichen Chemikalien an meine Haut gelangen?
Das alles multipliziert mit den durchschnittlich zwölf Pflege- und Kosmetikprodukten, die eine Frau täglich verwendet, macht das Thema so kompliziert, dass ich zwischendurch die Lust verliere und doch wieder nur das kaufe, was ich immer kaufe. Mein erster und wichtigster Tipp lautet deshalb: Ganz langsam rantasten.
Schritt 1: Auf Naturkosmetik umsteigen
Das Thema mit den Inhaltsstoffen ist schneller abgehakt als gedacht, denn fast jeder Drogeriemarkt bietet eine eigene grüne Linie an (Alverde bei dm, Alterra bei Rossmann und Terra Naturi bei Müller). Die ist meistens nur wenig teurer als die "normale" Eigenmarke und oft günstiger als herkömmliche Markenprodukte. Wer mehr Geld ausgeben will und kann, für den gibt es eine schier endlose Auswahl an Naturkosmetiklinien (zu den bekanntesten gehören Weleda und Lavera).
Wie nachhaltig die Produkte tatsächlich sind, ist sehr unterschiedlich. "Naturkosmetik" ist kein geschützter Begriff und Formulierungen wie "aus natürlichen Inhaltsstoffen" sind es schon gar nicht. Verschiedene Öko-Siegel geben darüber Auskunft, wie genau es die Hersteller genommen haben - allerdings gibt es viele Marken, die nicht zertifiziert sind, aber ebenfalls nach strengen Standards produzieren. Denn eine Zertifizierung ist für die Unternehmen teuer.
Ziemlich streng ist das BDIH-Siegel, bei dem der Verbraucher sicher sein kann, dass alle verwendeten Rohstoffe aus biologischem Anbau sind und keine synthetischen Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe, keine Silikone, Paraffine und andere Erdölprodukte und keine tierischen Rohstoffe enthalten sind. Für die Siegel EcoCert und NaTrue reicht es, wenn 95 beziehungsweise 70 Prozent der Inhaltsstoffe ökologisch sind.
Essay zum Bio-Konsum:Öko? Ego!
Weltrettung, das war einmal. Heutzutage versucht man, die globalen Herausforderungen mit Bio-Läden und Gesundheitswahn zu lösen - auf die ganz persönliche Art eben.
Schon verwirrt? Einen Überblick darüber, welche Marken vegan, tierversuchsfrei und als Naturkosmetik zertifiziert sind, bietet die Tabelle des Vegan Beauty Blog. Doch bevor ich losrenne und alles neu und bio kaufe, werfe ich einen kritischen Blick in meinen Badschrank.
Brauche ich wirklich eine getönte und eine ungetönte Tagescreme, eine Nachtcreme, eine Augencreme, ein besonders reichhaltiges Pflegeöl in einzeln eingeschweißten Kapseln und ein Reinigungsspray, um den ganzen Schmodder wieder runterzubekommen? Wie immer gilt auch bei Kosmetik: Weniger ist nachhaltiger. Ich brauche also erst mal alles auf, überlege mir vor dem nächsten Drogerieeinkauf, welche Produkte ich wirklich benutze und kaufe davon möglichst die große Flasche. Denn das spart Plastik.
Schritt 3: Pflege ohne Plastik
Wer im Drogeriemarkt nach Alternativen ohne Kunststoff sucht, der findet so gut wie nichts. Bei Gesichtscreme geht es noch, es gibt Glastiegel, die immerhin nur einen Plastikdeckel haben. Manche Naturkosmetikmarken, zum Beispiel Sabon, verkaufen Cremes im Glasflakon. Nichts zu machen ist bei Bodylotion: Plastikbehälter so weit das Auge reicht. Ob hier Körperöl in der Glasflasche eine Alternative ist? Besonders praktisch erweist sich das Öl für die tägliche Hautpflege nicht, es tropft und schmiert und es dauert, bis es eingezogen ist.
Glasgefäße sind jedoch nicht unbedingt ökologischer als Plastikdöschen, erfahre ich von Verpackungsexperte Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt. Günter Dehoust, Experte für Abfallwirtschaft beim Öko-Institut in Berlin, hält Glas sogar für die schlechtere Variante. "Wenn es sich um Einwegbehälter handelt, schneidet die Glasflasche meistens schlechter ab als die Kunststoffpackung", sagt er.
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Wimperntusche aus verbrannten Mandeln, Schlämmkreide statt Zahnpasta: Nadine Schubert aus Oberaurach vermeidet Plastik, wo es nur geht.
Glas ist vergleichsweise schwer, verbraucht viel Treibstoff beim Transport, und der Energieaufwand beim Recycling ist sehr hoch. Dafür wird Glas bei der Wiederverwertung nicht nennenswert schlechter. Plastik kann zwar auch recycelt werden, jedoch darf aus dem so entstandenen Kunststoff nicht alles produziert werden, zum Beispiel keine Lebensmittelverpackungen mehr. Dazu kommt, dass Kunststoffe aus Erdöl hergestellt sind, einem endlichen Rohstoff, und dass Plastik, wenn es in die Umwelt gelangt, dort einen immensen Schaden anrichtet. Von den Plastikmüllbergen im Ozean will ich hier erst gar nicht anfangen.
Also - Glas oder Plastik? So richtig überzeugt mich beides nicht, es siegt die Bequemlichkeit. Da mir nicht richtig klar wird, ob und welchen Nutzen Glasflakons im Vergleich zum Plastiktiegel haben, bin ich nicht bereit, dafür Umwege zu gehen oder mehr zu bezahlen. Ich kaufe nun einfach das Produkt, das ich besser finde - Hauptsache, nicht zu viel Verpackung. Denn eine Regel hat Gerhard Kotschik für mich: Je leichter und je weniger aufwändig die Verpackung ist, umso besser.
Schritt 4: Unverpackt
Die Pappschachtel, in der die Lavendelseife am Stück daherkommt, ist der Plastikflasche mit der Flüssigseife also überlegen und sogar im Drogeriemarkt um die Ecke zu bekommen. Will ich bei anderen Pflegeprodukten Verpackung vermeiden, muss ich woanders suchen. Seifen, Cremes und sogar Deos am Stück finde ich zum Beispiel bei Lush (allerdings ohne Naturkosmetiksiegel). Produkte, die zertifiziert und verpackungsfrei sind, gibt es bei Grüne Erde oder Manna.
Ich teste ein Handcremestück, doch es riecht seltsam und die Creme zieht lange nicht ein. Auch mit der Massagebutter, die mir als Alternative zur Bodylotion angepriesen wird, komme ich nicht klar. Es dauert, bis das Stück anschmilzt und von "über die Haut gleiten lassen" kann keine Rede sein. Zudem zerfällt die Butter bei jedem Gebrauch in noch kleinere Teile. Mir den ganzen Körper mit einem Quadratzentimeter kleinen Bröckchen Massagebutter einzureiben, dauert morgens viel zu lange. Ich gebe auf.
Nach diesen Erfahrungen erwarte ich mir nicht viel von einer Haarseife. Doch sie schäumt sofort auf, meine Haare werden sauber und riechen angenehm - sie lassen sich nur nicht ganz so leicht durchkämmen wie sonst. Ähnlich gut funktionieren für mich Deopulver und Deostick.
Und es geht immer noch nachhaltiger. Auf den zahlreichen Seiten im Netz, die sich mit ökologischem Lebensstil beschäftigen, geht der Trend zum Selbermachen. Als ich lese, dass man sich die Haare auch mit Kaffeesatz waschen kann, muss ich das sofort ausprobieren - Kaffeesatz habe ich nämlich reichlich, seitdem die Kapselmaschine aus dem Haus ist. Leider ist das Ganze eine ziemliche Sauerei, riecht seltsam und färbt Handtücher und Badewanne braun (glücklicherweise ist unser Bad bereits bahamabeige). Noch eine Stunde nach der Waschaktion rieselt mir Kaffee aus den Haaren, da tröstet es mich nicht, dass sie glänzend und griffig sind.
Flüssigseife im Test:Saubere Sache
Wer gründlich Hände wäscht, wird seltener krank. Aber muss eine Seife ein Bakterienkiller sein? Oder reicht das Billigprodukt? Acht Flüssigseifen im Test.
Auch von meiner selbstgemachten Flüssigseife bin ich enttäuscht. Es ist zwar einfach (Seife raspeln, mit Wasser aufkochen, abkühlen lassen), doch das Ergebnis ist geleeartig und lässt sich kaum durch den Seifenspender drücken. Da nehme ich lieber die Seife am Stück.
Drei Schritte vor, zwei zurück: Nicht alles funktioniert
Bei Handcreme, Fußcreme und Bodylotion bin ich wieder genau da, wo ich angefangen habe, bei meinen Standardprodukten aus dem Drogeriemarkt. Für die Gesichtspflege verwende ich nun weniger einzelne Cremes, dafür bin ich auf eine hochwertige Naturkosmetikserie umgestiegen. Begeistert bin ich von Haarseife und Deostick.
Drei Tipps zum Nachmachen:
- Auf tierversuchsfreie Naturkosmetik umzusteigen, ist weder aufwändig noch teuer. Die meisten Drogeriemärkte haben eine günstige "grüne" Eigenmarke.
- Schwierig wird es bei der Verpackung. Anfängertipp: Insgesamt weniger kaufen, dafür dann das Produkt, bei dem die größte Menge in der am wenigsten aufwändigen Verpackung ist.
- Verpackung fast ganz vermeiden geht mit festen Seifen, festen Shampoos oder festen Cremes - ist aber Geschmackssache. Viel Spaß beim Ausprobieren!