Twittern während Operation:Live aus dem OP

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"Die Milz muss raus": In den USA twittern Ärzte während Operationen, um die Angehörigen auf dem Laufenden zu halten. Die deutschen Kollegen warnen.

Die Wartezeit während einer Operation ist für Angehörige oft quälend. In den USA sind einige Kliniken deshalb dazu übergegangen, sie mittels Twitter-Nachrichten über den Verlauf zu informieren, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).

Im Operationssaal wird so wenig gesprochen wie möglich - eigentlich. In den USA twittern jetzt aber einige Ärzte während ihrer Arbeit. (Foto: Foto: dpa)

Dieses Vorgehen könne jedoch die Sicherheit des Patienten gefährden. Im August 2009 war erstmals in einer Klink im US-Bundesstaat Iowa eine Operation direkt aus dem Operationssaal mittels rund 300 Kurztexten über den Internet-Dienst Twitter dokumentiert worden.

In Deutschland habe dieses Beispiel bisher noch nicht Schule gemacht, sagte der DGCH-Generalsekretär Hartwig Bauer anlässlich einer Tagung in Hamburg: "Wir sehen dies auch als Marketinggag."

Zwar sei die zeitnahe Information von Angehörigen wichtig, eine Live-Übertragung aus dem Operationssaal könne jedoch den reibungslosen Ablauf stören. Um sich nicht abzulenken, aber auch aus hygienischen Gründen werde üblicherweise während einer Operation so wenig wie möglich gesprochen. Für Twitter-Texte müsste der Operateur jedoch regelmäßig Kommentare abgeben.

Zudem könnten zahlreiche Aussagen, die für Chirurgen Routinevorgänge darstellten - wie "Hier haben wir eine größere Blutung" oder "Die Milz muss mit entfernt werden" - Angehörige beunruhigen. Auch Komplikationen oder ein etwaiger Informationsstopp könnten die Betroffenen möglicherweise unnötig ängstigen.

Datenschutzbedenken beim "OP-Gezwitscher"

Auch unter Datenschutzaspekten beobachtet die DGCH die Entwicklung mit Sorge, denn über Twitter könnten auch völlig Unbeteiligte das Geschehen live am Computer oder Mobiltelefon verfolgen. Zwar müssten in den USA sowohl Chirurgen als auch Patienten zuvor in die Übertragung einwilligen. Dennoch könnten so "Unbeteiligte Dinge erfahren, die eigentlich zum ureigenen Arzt-Patienten-Verhältnis gehören", sagte Bauer.

Offenheit und Transparenz könnten auch anders erreicht werden: So sollten die Qualitätsberichte, die Krankenhäuser veröffentlichen müssen, zukünftig für Patienten besser verständlich formuliert werden und in Onlineportalen für die Bewertung von Ärzten nachvollziehbare Kriterien festgelegt werden. Die Angehörigen zeitnah zu informieren, das heißt telefonisch direkt im Anschluss an die OP durch den Operateur, ist zudem auch Bestandteil einer Sicherheits-Checkliste für Chirurgen, deren Einführung an Kliniken die DGCH empfiehlt.

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