Trinken bis der Notarzt kommt:Weniger Alkoholexzesse bei Kindern

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Kinder kommen seltener mit akuter Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Bei Jugendlichen ist die Zahl 2010 aber weiter gestiegen. Experten streiten: Zeigen sich an den Zahlen erste Erfolge oder ist die Situation weiterhin untragbar?

Exzessiver Alkoholkonsum nimmt unter Jugendlichen weiter zu - bei Kindern aber geht der Missbrauch zurück. Das belegen die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 26.000 Kinder und Jugendliche wurden 2010 wegen einer akuten Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt, 2009 waren es 26.400. Experten beurteilen die Zahlen unterschiedlich.

Kinder kommen seltener mit akuter Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Bei Jugendlichen ist die Zahl 2010 aber weiter gestiegen, belegen die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. (Foto: dpa/dpaweb)

Nach Altersgruppen aufgeschlüsselt zeigt sich: Weniger Kinder zwischen zehn und 15 Jahren mussten 2010 aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt werden. Die Zahl ging um 5,5 Prozent zurück. Anders bei Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren: Hier zeigt die Statistik eine Zunahme um 2,9 Prozent. Bei den Kindern sind Mädchen überdurchschnittlich häufig betroffen, bei den Älteren dominieren die Jungs.

Der Rückgang bei den Jüngsten sei "eine gute Nachricht", sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans. Die Gesamtzahl sei jedoch "immer noch viel zu hoch". "Der Trend zum Rauschtrinken bei einem Teil der jungen Menschen besteht weiterhin und muss durch stärkere Präventionsanstrengungen, eine größere Beachtung des Themas in der Öffentlichkeit und die konsequente Einhaltung des Jugendschutzes umgekehrt werden."

Dass die Klinikaufenthalte mehr werden, müsse nicht unbedingt heißen, dass sich immer mehr Jugendliche besinnungslos saufen, sagt Heidi Kuttler, Bundeskoordinatorin des Präventionsprojekts HaLT. "Ein Teil dieses Anstiegs geht darauf zurück, dass das bisherige Dunkelfeld erhellt wurde: "Vor 10, 20 Jahren niemand den Arzt gerufen, egal wie betrunken jemand war. Heute ist das Umfeld sensibler geworden - und rettet damit Leben."

"Seit Jahren sind wir bei Alkoholvergiftungen auf einem völlig indiskutablen Niveau", findet Raphael Gaßmann, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in Hamm. Die Jugendlichen sind aus seiner Sicht mehr Opfer denn Täter: "Für alles, was bei Kindern und Jugendlichen mit Alkohol zu tun hat, sind ausschließlich Erwachsene verantwortlich." Er fordert eine Einschränkung von Alkoholwerbung, höhere Preise für Spirituosen und strengere Kontrollen beim Verkauf an Minderjährige.

Auch Erwachsene bringt übermäßiger Alkoholkonsum häufig ins Krankenhaus: "Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol" war die zweithäufigste Ursache für einen Klinikaufenthalt, darunter fällt auch der akute Alkoholmissbrauch.

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