Etwa 150 Euro pro Monat gibt sie allein für Beautyprodukte aus, als Studentin arbeite sie viel nebenbei. Doch laufe das Geschäft mit den Videos gut genug, um davon leben zu können: YouTube und somit der Google-Konzern lässt mit seinem Partnerprogramm die Beauty-Gurus an den Werbeeinnahmen teilhaben. Pro Klick gibt es ein paar Cent, je mehr Klicks, desto mehr verdienen die Mädchen - und damit auch YouTube, das mit dem Verkauf von Werbeflächen auf beliebten Seiten weit höhere Summen erzielt. Längst haben Modefirmen und Kosmetikkonzerne das Marketingpotential dieser Gemeinde erkannt und schalten nicht nur Werbung. Sie überhäufen die Bekanntesten in der Szene mit Gratis-Produkten, erhoffen sich durch positive "Product-Reviews" eine Umsatzsteigerung.
Julia gibt daher "fast gar nichts mehr" für Produkte aus. Bezahlte Reviews mache sie aber nicht, sagt sie, auch wenn das für viele andere bereits normal zu sein scheint: Die amerikanischen Schwestern Elle und Blair Fowler alias "AllThatGlitters21" und "JuicyStar07", deren Videos zusammen mehr als 140 Millionen Klicks haben und die 2011 für den Teen Choice Award nominiert waren, sollen etwa für ihre Empfehlungen bezahlt werden. Die oft identisch klingenden Lobgesänge mancher Mädchen auf einzelne Produkte stützen den Vorwurf einer Abhängigkeit von Firmen. Auch Lamiya findet es angemessen, dass Firmen Produkte sponsern, "immerhin besitzt man eine gewisse Popularität auf YouTube, die Unternehmen als Werbeplattform nutzen möchten". Sie kooperiere - aber nur, wenn sie ihre ehrliche Meinung sagen könne.
Vertrag mit Lancôme als Make-up-Artist
Weil der Einfluss bekannter Gurus auf die Verkaufszahlen enorm sein kann, locken Firmen nicht nur mit Probepackungen: Ausgewählte YouTuber wie Julia und Lamiya werden zu Filmpremieren, Shop-Eröffnungen und exklusiven Produktvorstellungen eingeladen, der Kosmetikriese L'Oréal bat in diesem Jahr sogar zur Berlinale. Eine Marketingstrategie, die zu funktionieren scheint: "Die Videos auf YouTube haben mir schon viele Träume ermöglicht", schwärmt Julia. Nur wenige der Mädchen stellen sich tatsächlich quer, könne die Branche doch "Türen für die Zukunft" öffnen: Die amerikanische YouTuberin Michelle Phan etwa ist nun beim Kosmetikkonzern Lancôme als Make-up-Artist unter Vertrag, die deutschen Mädchen "FragdieGurus" haben mit der Kosmetikmarke Essence eine eigene limitierte Edition auf den Markt gebracht. Auch Julia geht ihrem eigentlichen Beruf, über den sie ebenfalls schweigt, nur noch in Teilzeit nach, ihr zweiter Arbeitgeber ist YouTube. "Klar träumt man davon, dass daraus mal was Größeres wird", sagt sie. "Aber die Konkurrenz ist hart."
Einige Beauty-Gurus, deren Videos als Werbeplattform genutzt werden, avancieren daher selbst zu Marketingexperten, werben ihre "Kunden" auf allen Kanälen an - YouTube, Facebook, Twitter -, um noch bekannter zu werden. Sie verlinken auf ihren "Beauty-Channel", ihren Blog und ihre Website, manche haben sogar einen eigenen Online-Shop. Ein Hobby, das längst nicht mehr nur Spaß bringt: "Es ist anders, seit die Firmen auf uns aufmerksam geworden sind", sagt Julia. "Professioneller, weniger freundschaftlich, auch die Zuschauer sind misstrauischer. Man muss sie erst davon überzeugen, dass man nicht von der Industrie gekauft ist."
Inzwischen hoffen unzählige Mädchen auf ein bisschen Erfolg im Netz. Nahezu täglich werden neue Kanäle gegründet, Hunderte Schönheitsvideos veröffentlicht. Wer aber jetzt in das Geschäft einsteigen will, habe es schwer, sagt Julia. Der Markt ist besetzt, "da muss man sich schon spezialisieren, etwa auf professionelles Haareföhnen". Überhaupt steige mit der Konkurrenz die Professionalität, eine ordinäre Webcam etwa reiche schon längst nicht mehr aus. Auch Lamiya investiert in neue Ausrüstung, vier bis fünf Videos dreht sie pro Woche. Sie sagt: "Wer nicht dran bleibt, ist schnell vergessen."