Tipps zum richtigen Wandern:Fährt ein Preuße in die Berge

Einfach mal draufloswandern? Gerade Flachlandtreter unterschätzen die Berge. Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein erklärt wichtige erste Schritte.

Mirja Kuckuk

11 Bilder

wandern für anfänger

Quelle: SZ

1 / 11

Die Berge sind ein Faszinosum. Insbesondere für Flachlandtreter, die Almromantik nur aus "Heidi"-Bücher kennen und das Gefühl von Sauerstoffmangel bestenfalls vom Tauchen. Deshalb ist es besonders wichtig, den Preußen auf seinen Ausflug in die Alpen vorzubereiten.

Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV) erklärt die ersten Schritte - ausgehend von einer leichten Sommerwanderung für Anfänger:

Unser Credo lautet: Nicht blind losmarschieren! Zur Tourenplanung gehören folgende wesentliche Faktoren: die Ausrüstung, das Wissen um die eigene Kondition und Erfahrung, das Wetter und natürlich die Wahl der Route.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

2 / 11

Müssen es gleich Wanderstiefel sein?

Stefan Winter: Nein, bei einer leichten Bergwanderung von 400 bis 600 Höhenmetern, auf breiten Wegen reichen stabile Freizeitschuhe mit einer rutschfesten Profilsohle. Mit Turnschuhen wiederum kommen Sie in den Bergen nicht weit - sie geben nicht genügend Halt. Wenn es dann in höhere Regionen geht und die Wege schwieriger und unebener werden, bedarf es eines Wanderschuhs mit Schaft.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

3 / 11

Was ziehe ich an?

Stefan Winter: Auf leichten Wanderungen im Tal oder auf Panoramawegen kann man auch mal eine Jeans tragen. Besser und komfortabler sind aber wind- und wasserundurchlässige Hosen und Jacken. Darunter sollte man atmungsaktive Wäsche tragen. Sonnenbrille und eine Kopfbedeckung, entweder gegen Kälte oder Sonneneinstrahlung, gehören ebenso zur Ausrüstung. Wander- oder Teleskopstöcke sind nicht obligatorisch, aber zu empfehlen auf nassen, matschigen Böden und auf Wegen, auf denen besondere Trittsicherheit erforderlich ist.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

4 / 11

Richtig Rucksackpacken:

In den Tagesrucksack gehören ...

- Proviant: Eine kleine Brotzeit, eine Banane, ein Energieriegel und circa 1 1/2 Liter Apfelschorle. - Wechselwäsche: Wenn man durchgeschwitzt ist, sollte man sich ein trockenes T-Shirt anziehen. - Notfallausrüstung: Für den Fall einer Verletzung sollte man ein kleines Erste-Hilfe-Set und eine Rettungsdecke dabei haben. Solch eine Decke ist an jeder Tankstelle für rund zwei Euro erhältlich. Außerdem wichtig: ein Handy, um gegebenenfalls einen Notruf (112) abzusetzen. - Sonnenschutz: Im Gebirge sind wir erhöhter Sonneneinstrahlung ausgesetzt, darum sind Sonnenbrille, -creme und eine Kopfbedeckung unabdingbar.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

5 / 11

Mit wem geht es auf den Berg?

Stefan Winter: "Gehen Sie in einer homogenen Gruppe. Die Wanderer sollten eine vergleichbare Kondition haben, damit keiner in der Gruppe zurückfällt und die anderen ständig warten müssen. Die Gruppe sollte immer zusammenbleiben. Bei einfachen Wanderungen brauchen Sie keinen Bergführer. Auf anspruchsvollere Touren - beim alpinen Wandern über 2500 Meter - sollten Anfänger ausschließlich mit erfahrenen Bergsteigern gehen.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

6 / 11

Wie steht es um die eigene Fitness?

Stefan Winter: Wer unter 40, gesund ist und regelmäßig Sport treibt, kann ohne Bedenken draufloswandern. Untrainierte über 40 oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sollten sich vor der Fahrt ins Gebirge vom Hausarzt oder Sportmediziner untersuchen lassen. Ein Belastungs-EKG zeigt schnell, ob das Herz-Kreislauf-System den Anforderungen im Gebirge gewachsen ist. Denn: Unfallursache Nummer eins in den Bergen ist die Selbstüberschätzung.

Zweimal die Woche 20 bis 30 Minuten Ausdauersport reichen zur Vorbereitung auf einfache Wanderungen aus. Joggen ist gut - Radfahren ist besser, weil dabei ein Druck auf die Beine ausgeübt wird, der dem Aufsteigen ähnlich ist.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

7 / 11

Wissen, wo es langgeht: Die Routenplanung

Stefan Winter: Eine Woche Wanderurlaub sollte wie folgt aussehen: Am Ankunftstag keine sportliche Herausforderung suchen, sondern dem Körper erst mal Zeit lassen, sich an das veränderte Klima zu gewöhnen. Am nächsten Tag bietet sich eine leichte Talwanderung an. Am zweiten Tag kann man sich steigern durch eine Tour auf einer höher gelegenen Panoramaroute.

Wenn es dann bergauf gehen soll, planen Sie 400 bis 600 Höhenmeter pro Tag ein. Dafür benötigt man ungefähr vier Stunden. Planen Sie ausreichend Pausen ein. Nach rund 90 Minuten ist die Energie, die man sich mit dem Frühstück zugeführt hat, verbraucht. Dann geht es an die Energiereserven - das in den Muskeln gespeicherte Kohlenhydrat (Muskelglycogen). Zeit für eine Brotzeit, denn sonst lässt die Trittsicherheit nach!

Alle 20 bis 40 Minuten sollte man eine Trinkpause einlegen. Und etwas später eine Banane und einen Energieriegel essen. Tipp: Wählen Sie eine Route mit Stützpunkt aus, wo man zum Ausruhen und bei Kälte auf eine Suppe einkehren kann.

Vermeiden Sie am ersten Tag eine Seilbahnfahrt in höhere Lagen. Der Organismus ist damit beschäftigt, sich an die veränderten klimatischen Verhältnisse anzupassen. Wer abrupt in die Höhe strebt, muss mit Schwindel, Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen rechnen.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

8 / 11

Gibt es eine kraftsparende Technik?

Stefan Winter: "Walk and talk" ist ein hilfreiches Prinzip - gehen Sie so schnell oder langsam, dass Sie sich unterhalten können, ohne außer Atem zu geraten. Sind die Wege flach oder leicht ansteigend, gehen Sie. Das bedeutet: Abrollen über die Ferse und Einsatz von diagonalem Armschwung. Auf steilen, stufigen Wegen ist Steigen angesagt: Setzen Sie zuerst den Vorderfuß auf. Die Übergänge dieser Bewegungen sind natürlich fließend. Beim Abstieg sollte man grundsätzlich Rückenlage vermeiden.

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

9 / 11

Mit Kind und Kegel

Stefan Winter: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Darum wählen Sie grundsätzlich eine einfachere Tour aus, als Sie sich selbst zutrauen würden. Planen Sie ausreichend Pausen - und damit doppelt so viel Zeit - ein. Grundsätzlich sollte vor jeder Wanderung der Wetterbericht geprüft werden. Drohen im Sommer Gewitter um die Mittagszeit oder in den frühen Nachmittagsstunden? Dann frühzeitig losgehen, um rechtzeitig wieder im Tal zu sein.

Mit Kindern gilt grundsätzlich: Der Weg ist das Ziel, nicht der Gipfel!

Foto: iStockphotos

wandern für anfänger

Quelle: SZ

10 / 11

Im Notfall

Stefan Winter: Lässt die Energie nach, wird der Tritt unsicherer - man droht zu stolpern und sich zu verletzen. Hat sich jemand durch einen Sturz eine Schürfwunde oder einen Riss zugezogen, muss eine Erstversorgung mit Hilfe des mitgeführten Erste-Hilfe-Sets erfolgen. Danach sollte man direkt ins Tal zurückgehen oder zur nächsten Seilbahnstation.

Ist der Verletzte nicht mehr in der Lage, allein weiterzugehen, rufen Sie den Notruf 112, der in fast allen Bergregionen übers Handy angewählt werden kann, und schildern Sie der Rettungsstelle das Geschehene. Die Rettungskräfte entscheiden, wie weiter zu verfahren ist, ob die Bergwacht oder der ADAC zum Einsatz kommen.

Vermeiden Sie als unerfahrener Wanderer abgelegene Routen. Auf belebten Wegen trifft man andere Wanderer, die Hilfe leisten können. Und: Lassen Sie den Verletzten nicht allein zurück!

Foto: iStockphotos

stefan winter, DAV

Quelle: SZ

11 / 11

Stefan Winter ist Ressortleiter "Breitenbergsport" beim Deutschen Alpenverein und gibt Wanderkurse. Der Bergsteiger empfiehlt zur weiteren vorbereitenden Lektüre die Broschüre "Erlebnis Bergwandern", erhältlich beim DAV, in der Informationen zu Hütten, Notfallnummern, Wetterbericht, richtiges Rucksackpacken und Naturschutz stehen.

Weitere Informationen unter www.alpine-auskunft.de. Hier gibt es den aktuellen Wetterbericht und Wanderer beschreiben den Zustand von Touren. Denn: Gerade im Frühjahr können auf schattigen Nordhängen noch glatte Altschneeflächen eine Schwierigkeit darstellen. Für diesen Fall sollte man Grödel (kleine Ersatzsteigeisen) dabeihaben, die man sich unter die Schuhe schnallt.

Wer sich für Wanderkurse interessiert, kann sich auf www.dav-summit-club.de informieren. Außerdem bietet der Alpenverein eine "Wander-Card" an, anhand derer sich berechnen lässt, welche Routen dem persönlichen Fitness-Grad entsprechen.

Foto: DAV

(Text: sueddeutsche.de/Mirja Kuckuk/bgr)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: