Tiere - Schwerin:2020 doppelt so viele Wolfsattacken auf Nutztiere

Agrar
"Achtung Wolfsregion, Betreten auf eigene Gefahr" steht auf einer Hinweistafel. Foto: Holger Hollemann/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Schwerin/Neubrandenburg (dpa/mv) - In Mecklenburg-Vorpommern sind im Jahr 2020 etwa doppelt so viele Nutztiere von Wölfen gerissen worden wie im Vorjahr. Wie ein Sprecher des Schweriner Agrarministeriums der Deutschen Presse-Agentur sagte, hat sich auch die Zahl der "Rissvorfälle" mit 80 annähernd verdoppelt. Bei "Rissvorfällen" stehen Wölfe als Verursacher fest oder sie waren es "sehr wahrscheinlich." Damit wäre ein neuer Höchststand im Nordosten erreicht.

Im bisherigen Rekordjahr 2019 hatte es 43 Wolfsattacken gegeben, bei denen 205 Nutztiere getötet und verletzt wurden. Bis November 2020 registrierten Landwirte, Schaf- und Damwildhalter bereits rund 400 getötete und verletzte Schafe, Kälber oder anderen Nutztiere. Die Attacken wurden nach Angaben des Ministeriums vor allem in den Kreisen Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald sowie dem Altkreis Nordvorpommern, aufgenommen. Dort gibt es die meisten Rudel, Wolfspaare und Einzeltiere.

Weniger betroffen waren Tierhalter in Regionen ohne registrierte Wolfsrudel: In Nordwestmecklenburg und im Westen des Landkreises Rostock. Keinen einzigen Raubtierangriff auf Rinder, Schafe oder Ziegen gab es lediglich auf Inseln wie Rügen, Poel, Hiddensee und weiteren kleineren Eilanden. Ein Grund für die wachsende Zahl von Attacken: Im Nordosten hat die Zahl der Wölfe weiter zugenommen. "Der Zuwachs der Population wird mit 30 Prozent pro Jahr angenommen und daher haben wir nun den Wolf nahezu flächendeckend im Land vertreten", hatte Umweltminister Till Backhaus (SPD) dazu erklärt.

Diskussionen darüber, ob der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden soll, gibt es seit langem. Nun planen SPD und CDU in Niedersachsen solch einen Schritt. Das hatte die CDU-Agrarexpertin in Schwerin Beate Schlupp zum Anlass für einen erneute Vorstoß genommen. Sie tritt schon lange für eine Bestandsobergrenze ein. Die Wolfspopulation habe "einen guten Erhaltungszustand erreicht", sagte Schlupp. Allerdings hatte die CDU-Landtagsfraktion mit diesen Plänen bisher beim Koalitionspartner SPD keinen Erfolg.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es laut Backhaus nun elf Wolfsrudel, drei mehr als 2019. Neue Rudel mit in der Regel drei bis elf Tieren wurden aus den Regionen Billenhagen bei Tessin an der Grenze der Landkreise Rostock und Vorpommern-Rügen, Eichhorst bei Neubrandenburg und Laasch (Ludwigslust-Parchim) gemeldet. In den Rudeln konnten landesweit 21 junge Wölfe nachgewiesen werden, allein sieben Welpen bei Billenhagen.

Die weitaus größte Zahl der gerissenen Nutztiere betreffe Schafe. Dazu kämen Damwild und einige Kälber aus Rinderherden. In einigen Fällen habe die Todesursache von Kälbern nicht mehr genauer bestimmt werden können, da die Kadaver bereits von anderen Wildtieren "befressen wurden". In dem Zusammenhang hatte ein Agrarbetrieb im Süden Vorpommerns, der Mutterkühe auf Weiden hält, einen Antrag auf Abschuss von Wölfen gestellt, die vorrangig Kälber gerissen haben sollen. Das lehnte die Naturschutzbehörde des Kreises allerdings ab. Derartige Fälle können nicht ohne Weiteres als Rissvorfälle bewertet werden, hieß es vom Ministerium.

Das Risiko einer Raubtierattacke kann laut Ministerium "durch verschiedene Präventionsmaßnahmen deutlich minimiert werden". Dazu zählen Elektroschutzzäune. Dennoch seien auch Rissvorfälle "bei bestehendem Grundschutz oder anderweitigen Schutzmaßnahmen zu verzeichnen". Schafzüchter und Bauern fordern seit Jahren, dass die Zahl der streng geschützten Wölfe reduziert wird. Die Raubtiere müssten auch lernen, sich dauerhaft von Nutztieren fernzuhalten.

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