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Tiere - Müncheberg:Viele Mücken in Brandenburg unterwegs: Gut für Forschung

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Cottbus (dpa) - Nach zwei trockenen Sommern in Folge mit deutlich weniger Mücken empfinden Menschen in Brandenburg diese Insekten wieder als besonders lästig. Dieser Sommer sei durch den Wechsel von Feuchte und Wärme sehr mückenfreundlich, bestätigte Biologin Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) am Montag. In den Überschwemmungsflächen der Oder herrscht der Forscherin zufolge derzeit sogar eine Mückenplage.

Sie habe pro Minute einen Anflug von mehr als 100 sogenannten Überflutungsmücken zur Aufnahme einer Blutmahlzeit registriert, sagte Werner. Von einer Plage spreche man ab einem Anflug von etwa 20 Mücken pro Minute. Die Oder führte im Gegensatz zu anderen größeren Flachland-Flüssen in den vergangenen Wochen Hochwasser durch viel Regen vor allem in Südpolen und Tschechien.

Das Wasser fließe aus Überflutungsflächen und Gräben in den Auwäldern und Auen nicht so schnell ab. Dort entwickelten sich derzeit Mücken sehr gut, die warmen Temperaturen verkürzten ihre Entwicklungszeit, erklärte Werner. Die Biologin nutzt das hohe Mückenaufkommen, um gezielten Forschungsfragen nachzugehen. So soll etwa vergleichend untersucht werden, ob die einheimischen Mücken in gleichem Maße wie eingewanderte Mücken - etwa die Tigermücke - in die Übertragung von Krankheitserregern involviert sind. Studien dazu werden dann am Friedrich-Loeffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, durchgeführt.

Zu invasiven Mücken wie etwa der asiatischen Buschmücke, die in Deutschland relativ weit verbreitet ist, oder auch der Tigermücke gebe es gute Kenntnisse, welche Krankheitserreger sie übertragen können, sagte Wissenschaftler Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut der Deutschen Presse-Agentur. Tigermücken gelten als Überträger von tropischen Erregern wie Zika-, Chikungunya- und Dengue-Virus. Solche Kenntnisse fehlten bei den einheimischen Mücken weitgehend, berichtete Kampen. Das liege zum einen daran, dass das Thema bislang vernachlässigt wurde. Zum anderen könnten viele einheimische Mücken nicht gezüchtet werden. Jetzt sei die Chance da, mit der Vielzahl an Überschwemmungsmücken Infektionsversuche durchzuführen.

Die Situation an der Oder bildet laut Biologin Werner gleichzeitig die Grundlage für vergleichende Studien an den Flüssen Oder, Spree, Elbe, Weser und Rhein. Bisher kam es ihren Angaben zufolge in Deutschland noch zu keinem Zusammentreffen von invasiven Mücken und Krankheitserregern. Berlin und Brandenburg sind nach Angaben der Forscherin frei von eingewanderten Mücken.

In Deutschland gibt es über 50 verschiedene Stechmücken. Alle seien nützlich, erinnerte Werner. Mücken seien wesentlicher Bestandteil des Nahrungsnetzes. In ihren verschiedenen Entwicklungsstadien seien sie etwa als Larven Fischfutter oder Nahrung für Libellen und Käfer. Als flugfähige Mücken würden sie von Vögeln und Fledermäusen gefressen.

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