Tiere - Kassel:Wolfsangriffe auf Nutztiere: Weniger Entschädigungen

Deutschland
Ein Wolf in einem Gehege. Foto: Carsten Rehder/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Wölfe haben in Hessen bisher in diesem Jahr weniger Unheil angerichtet als im Vorjahr - zumindest, wenn man die gezahlten Entschädigungen zum Maßstab nimmt. Die Schadenssumme im laufenden Jahr liege derzeit unter 1000 Euro, erklärte das Umweltministerium in Wiesbaden auf Anfrage. Im gesamten Vorjahr, als große Aufregung rund um die Rückkehr des Raubtieres nach Hessen herrschte, wurden für 16 verletzte oder getötete Tiere 4650 Euro gezahlt.

Wenn in Hessen Wölfe Nutztiere reißen, wird der finanzielle Schaden ausgeglichen. Die Höhe der Entschädigungen werde individuell gemeinsam mit den Geschädigten festgelegt, berichtete das Ministerium. Dabei orientiere man sich an anerkannten Standard-Kostensätzen. Bei Schafen und Ziegen sind das meist etwa zwischen 90 und 250 Euro pro Tier. In Einzelfällen könne der Wert teurer Zuchttiere aber auch von Sachverständigen eingeschätzt werden.

Im Jahr 2019 wurde an neun Eigentümer Geld gezahlt, die trotz Grundschutz gerissene Tiere zu beklagen hatten. Ein Grundschutz ist etwa gegeben, wenn ein ausreichend hoher Elektrozaun die Tiere umgibt. In sechs von zehn angezeigten Fällen sei dies der Fall gewesen, berichtete das Ministerium. In diesem Jahr seien erst in drei Fällen Entschädigungen geleistet worden. Bei mehreren Verdachtsfällen sei die Bearbeitung noch im Gange.

Ministerin Priska Hinz (Grüne) sagte: "Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Umgang mit dem Wolf für alle tragbar machen. Dazu gehört der Wolfsmanagementplan des Landes, der aktuell überarbeitet wird, die größtmögliche Aufklärung der Bevölkerung, sowie die Unterstützung der Weidetierhalter insbesondere der Schaf- und Ziegenhalter." Die Weidetierhalter stünden durch die Rückkehr des Wolfes vor zusätzlichen wirtschaftlichen Herausforderungen und einer großen emotionalen Belastung.

Hinz versprach: "Wir wollen sie so gut wie möglich unterstützen, denn ihre Leistungen für die Landschaftspflege sind unentbehrlich." Ein guter Herdenschutz sei von zentraler Bedeutung, um Wolfsangriffen vorzubeugen. Deshalb sei die Herdenschutzprämie bereits auf 40 Euro pro Hektar aufgestockt und die Förderkonditionen seien verbessert worden. "Sollte es trotz Grundschutz-Maßnahmen zu einem Wolfangriff auf eine Herde kommen, gleichen wir Schäden unbürokratisch und vollständig aus." Hinz betonte auch, Wölfe, "die sich Menschen gegenüber auffällig verhalten oder die wiederholt empfohlene Herdenschutzmaßnahmen überwinden, so dass Gefahr besteht, dass sie ernste wirtschaftliche Schäden anrichten, dürfen erschossen werden".

Vor rund drei Monaten hatte die Behörden berichtet, dass erstmals seit vielen Jahren wieder ein Wolf in Hessen sesshaft geworden sei. Das hatte die Genprobe eines in Ulrichstein im Vogelsberg gerissenen Rehes ergeben. Da sich das Weibchen in der Region mindestens seit einem halben Jahr aufhielt, galt es als sesshaft geworden. Einen Wolf mit eigenem Territorium gab es seit der Ausrottung im 19. Jahrhundert zuletzt im nordhessischen Reinhardswald von 2008 bis 2011.

Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) bezeichnete die Rückkehr des Wolfes im März als gute Nachricht für den Artenschutz. Doch Nutztierhalter beobachten die Entwicklung seit geraumer Zeit mit großer Sorge um ihre Schafe, Ziegen und sonstigen Tiere. Bisher gibt es in Hessen nur wenige einzelne Wölfe. Sie ernähren sich überwiegend von Schalenwild, Angriffe auf Tierhaltungen seien die Ausnahme, beurteilt das Ministerium. Die Ulrichsteiner Wölfin - interne Kennung 1166f - etwa habe sich bislang schadlos gehalten und sich nur von Schalenwild, wie zum Beispiel Rehen, ernährt. Nutztierrisse seien von ihr nicht angezeigt worden, seitdem sie sesshaft geworden sei.

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