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Tiere - Erfurt:Erfurter Weihnachtsmarkt-Waschbär erschossen

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Erfurt (dpa/th) - Der torkelnde Waschbär vom Erfurter Weihnachtsmarkt ist erschossen worden. Ein Jäger habe das Tier gemäß einer EU-Verordnung getötet, sagte der Sprecher der Stadt Erfurt, Daniel Baumbach, am Montag. Verschiedene Medien hatten darüber berichtet. Das Tier, das am Wochenende laut Polizei "offensichtlich alkoholisiert" über den Weihnachtsmarkt getorkelt war, hatte über die Stadtgrenzen hinaus viel Aufsehen erregt.

"Der Waschbär steht auf der EU-Liste der invasiven Arten", sagte Baumbach. Der Verordnung nach müsse der Bestand dieser Tiere eingedämmt werden. Sie gelten als Gefahr für heimische Tierarten, etwa für Schlangen und Vögel. "Waschbären können auch heftige Infektionskrankheiten in sich tragen - das Staupevirus rafft etwa auch Hunde und Katzen dahin", so Baumbach.

Ein Polizeisprecher hatte zuvor am Sonntag erklärt, dass die Feuerwehr das Tier in ein Tierheim gebracht habe. Doch nach Angaben Baumbachs sei das nie vorgesehen gewesen. "Die Feuerwehr wusste, dass das Tier dem Jagdpächter übergeben werden muss", sagte er.

Bei dem Jäger handle es sich um einen von vier Jägern, deren Jagdpacht auf dem Stadtgebiet liegt, erklärte der Stadtsprecher. Allein in der vergangenen Woche habe einer von ihnen vier Waschbären auf dem Stadtgebiet erlegt. Sie würden in einer Tierkörperbeseitigungsanlage verbrannt.

Dass ein Waschbär so wie das nun erschossene Tier am Samstag durch die Besuchermassen torkelte, sei ungewöhnlich, betonte Baumbach. Die Jagdbehörde habe aber kein Anzeichen für eine Krankheit bei dem Raubtier entdeckt. Nach Auffassung der Behörde sei denkbar, dass das sehr geschwächte Tier Alkohol genossen habe. Möglicherweise habe es aber auch Rattengift gefressen.

Nachdem die Tötung des Waschbären bekannt geworden ist, habe es etwa bei der Feuerwehr Anrufe mit Beschimpfungen gegeben, sagte Baumbach. Dabei hätten diese ohnehin nur Amtshilfe geleistet. Auch in sozialen Netzwerken wurde heftig über den Fall diskutiert.

Die zuständige Naturschutzbehörde wäre Baumbach zufolge dankbar, wenn heimischen Arten so viel Aufmerksamkeit wie dem Waschbären zuteilwürde. Diese hätten aber den Nachteil, dass sie nicht so niedlich ausschauten, meint die Behörde.

Der Naturschutzbund (Nabu) Thüringen verweist derweil darauf, dass die Jagd auf Waschbären einer Sisyphusarbeit gleich komme. Die Bestandsdichte des Waschbären "wird man nicht durch Bejagung dezimieren können". Dabei spiele es keine Rolle, ob es um Waschbären gehe, die in der Stadt oder andernorts lebten, sagte Nabu-Sprecher Jürgen Ehrhardt.

Die Tiere könnten Verluste durch eine erhöhte Fortpflanzungsrate wieder ausgleichen. Zum Schutz anderer Tierarten sollte daher mehr für die Landschaft etwa durch Blühstreifen getan werden: "Je vielfältiger und strukturreicher eine Landschaft ist, desto geringer ist auch der Einfluss des Waschbären auf kleine Säugetiere, Amphibien und Vögel", so Ehrhardt.

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