Thema der Woche:Wasser marsch?

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Es ist die größte Talsperre ganz Afrikas, heißt Großer Damm der Äthiopischen Wiedergeburt und ist fast fertig. Später soll dort mal so viel Strom gewonnen werden wie in vier Atomkraftwerken zusammen. Nun staut sich dort jede Menge Wasser. Und Hoffnung. Und Wut...

Von Georg Cadeggianini

Wenn man den Hahn voll aufdreht, ist eine Badewanne in etwa zehn Minuten voll. Mächtig viel Wasser ist in so einer Wanne - so viel, dass man für zwei Monate genug zu trinken hätte. In Äthiopien ist gerade eine gigantische Wanne kurz davor, fertig zu sein, die größte ganz Afrikas. Um sie zu füllen, wird kein Hahn geöffnet, sondern ein Fluss gestaut. Der Nil. Mindest-Fülldauer: Drei Jahre!

Großer Damm der äthiopischen Wiedergeburt, kurz GERD, heißt dieses Wasserkraftwerk. Herzstück davon ist eine fast zwei Kilometer lange und fernsehturmhohe Mauer. Der Fluss staut sich davor zu einem riesigen See.

Seit Jahren warten die 109 Millionen Einwohner auf das Megakraftwerk. Nur jeder dritte Äthiopier hat derzeit Zugang zu Elektrizität. In fast jedem Wohnzimmer dort hängt ein Schuldschein, der bestätigt, dass man Geld für den GERD gezahlt hat, das der Staat irgendwann zurückzahlen wird. Es gibt eine eigene Lotterie (Erlös geht an GERD), eine Art Zukunftssteuer auf jedes Schulkind, und wer für den Staat arbeitet, also Polizistinnen und Lehrer etwa, bekam einen Monatslohn pro Jahr erst gar nicht ausgezahlt: für GERD. Die Anlage soll mal für so viel Strom sorgen wie vier Atomkraftwerke zusammen. Dann könnte Äthiopien sogar Strom ins Ausland verkaufen.

Ist doch super. Einerseits: Ja, denn Wasserkraft ist erneuerbar. Es wird immer neues Wasser in den Stausee fließen, von dort durch die Turbinen ... Trotzdem gibt es viele GERD-Feinde. Etwa die Menschen, die im Tal wohnen, wo später der Stausee sein soll. Oder die Staaten flussabwärts. Sie fürchten, dass die nächsten Jahre viel zu wenig Nilwasser durchkommt, Felder vertrocknen, Trinkwasser versiegt. Seit Jahren versuchen die Wasserminister, sich zu einigen. Wie schnell wird der Stausee befüllt? Was passiert in Dürrejahren? Bei Streit? Äthiopien will mit dem Füllen beginnen, spätestens in zwei Wochen. Ägypten könne, hört man auf den Straßen Kairos, die Mauer auch einfach wegbombardieren. Großer Damm? Großes Drama.

© SZ vom 04.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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