Ein Bändchen ist um den signalroten Griff gebunden. Dünn, mit einem Stück Blei zugezwickt. Plombiert nennt man das. Das ist wie ein Siegel auf einem Brief. Den hat zuvor noch niemand gelesen, kann man sich dann sicher sein. Bei der Notbremse heißt das: Expertengeprüft und nur für den absoluten Notfall. Trotzdem ist da dieses Kribbeln in den Fingern. Was würde passieren, wenn ich jetzt dran ziehe? Räderquietschen, Vollbremsung und alle purzeln quer durch den Wagen?
In Deutschland gibt es derzeit 18 404 Notbremsen. Die allermeisten davon sind in Zügen verbaut. Durchschnittlich acht auf etwa 2300 Wagen. Und das sind nur die ICs und ICEs. Der Regionalverkehr hat deutlich mehr. Eine Notbremse soll jede und jeder im Notfall ziehen. Wenn jemand sein Bein in der Tür eingeklemmt hat? Ziehen. Wenn der Zug losfährt, der angeleinte Hund aber draußen steht? Ziehen. Wenn die Kumpels knapp den Zug verpassen? Auf keinen Fall! So was ist verboten.
Wer mitgerechnet hat (8 x 2300=18 400), wird sagen: Moment, da fehlen vier Stück! Richtig. Drei Notbremsen gehen diese Saison auf das Konto der Fußball-Bundesliga. Von einer Notbremse spricht man dort, wenn eine klare Torchance durch ein Foul gebremst wird. Rote Karte!
Und seit dieser Woche gibt es nun auch die Bundesnotbremse, Nummer 18 404. Sie regelt, was Landkreise und Städte machen müssen, wenn sich dort zu viele mit Corona infizieren. Wie bei jeder Notbremse wäre es am besten, sie würde gar nicht gebraucht. Besser wäre, vorher zu bremsen. Dann purzelt auch niemand quer durch den Wagen.
Wobei: Das mit dem Wagenpurzeln stimmt so gar nicht. Eine Notbremse alarmiert meist nur die Zugführerin oder den Zugführer: Notbremse wurde gezogen! Sie müssen dann entscheiden, wo man am besten anhält. Für Deutschland heißt die oberste Zugführerin im Moment Angela Merkel. Und die meint: Bremsen, und zwar jetzt und sofort!