Thema der Woche:Silberstreif

Wrigleys - Kaugummipapier

Zettel, Wurfkugel, Bastelglitzer: Das Kaugummipapier war auf Zack.

(Foto: Lorenz Mehrlich)

Kaugummistreifen wird es schon bald nicht mehr geben, nach über 100 Jahren wird die Produktion eingestellt. Um den Geschmack ist es nicht wirklich schade, um das Gefühl dafür umso mehr. Über eine Zutat namens Nostalgie.

Von Nina Himmer

Sie flogen mit der Apollo 11 zum Mond, wurden nach dem Zweiten Weltkrieg aus Rosinenbombern geworfen und waren das erste Produkt, das vor knapp 50 Jahren mit einem Strichcode versehen über die Supermarktkasse gezogen wurde: Kaugummistreifen haben in der Geschichte ebenso Spuren hinterlassen wie unter Schulbänken, an Schuhsohlen, auf Gehwegen - und in Elterngedächtnissen. Vielleicht hat Mama früher gerne Finger-Mausefallen gebastelt? Oder Papas erster Kuss nach Pfefferminz geschmeckt?

Da stecken eben nicht nur Plastik, Zucker und Aromen in den flachen Streifen, sondern auch Erinnerungen. Etwa an das glitzernde, haifischzahngezackte, immer etwas pudrige Papier drumherum. An die längliche Verpackung, in die man leere Streifen prima zurückpfriemeln konnte: Hier, willst du einen? Ätsch! Und natürlich die Streifen selbst. Die konnte man falten, rollen, rupfen, abbeißen und vor allem: wunderbar mit Freunden teilen.

Damit ist nun Schluss, die Produktion von Kaugummistreifen wurde nach über 100 Jahren eingestellt. Die Leute haben einfach nicht mehr genug Streifen gekauft, sie bevorzugen Dragees. Dazu kommt, dass die Pandemie eine Kaugummikrise verursacht hat: Da wurde der Kaugummi an der Kasse erst von Nudelpackungen und Klopapier, dann von Masken und Tests verdrängt. Vielleicht müssen Kaugummis deshalb jetzt mehr können als früher: Sie sollen die Zähne mit Fluorid pflegen, uns mit Koffein aufputschen, der Mundflora Bakterien oder dem Körper Vitamine liefern.

Natürlich, um den Müll ist es nicht schade, um den Geschmack ehrlich gesagt auch nicht - der Hersteller der Streifen hat vorher Seife produziert. Aber für viele wird künftig etwas fehlen, das auf keiner Zutatenliste steht: Nostalgie. Deshalb losziehen, ein Päckchen aus dem Restbestand ergattern und mit den Eltern Erinnerungen aufpusten wie Kaugummiblasen: Erzähl doch mal!

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