Thema der Woche:Müllmenü

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Krumm, welk, schrumpelig: Auch weggeworfenes Essen schmeckt oft noch lecker. Illustration: Eric Reh (Foto: N/A)

Zwei junge Frauen suchen in den Abfallcontainern von Supermärkten nach Lebensmitteln, die noch genießbar sind. Macht sie das zu Diebinnen oder zu Heldinnen? Diese Frage beschäftigt nun so­gar das oberste Gericht Deutschlands.

Von Vivien Timmler

Im Supermarkt gibt es eine einfache Regel: Wer etwas haben möchte, einen Apfel zum Beispiel, muss ihn an der Kasse bezahlen. Wer einfach mit dem Apfel rausspaziert, der klaut. Das ist verboten und gibt Ärger.

Manchmal kommt es aber auch vor, dass niemand den Apfel haben will. Dann liegt er im Regal herum und wird schrumpelig. Irgendwann schmeißen die Verkäufer ihn weg, weil ihn keiner mehr kauft. So etwas passiert oft: Obst und Gemüse schrumpeln, Joghurt oder Käse laufen ab, manche Karotten sind einfach krumm - und alles landet in der Tonne.

Viele Menschen finden das falsch. Meist kann man Schrumpelobst oder abgelaufene Joghurts ja noch essen. Manche gehen deshalb nach Ladenschluss zu den Supermärkten und suchen in deren Mülleimern nach Lebensmitteln, die noch gut sind. Das nennt man Containern. Eigentlich hätten sie genug Geld, um das Essen zu bezahlen. Das tun sie aber nicht, weil sie gegen die Verschwendung sind.

Zwei junge Frauen wurden vor einiger Zeit beim Containern erwischt und dafür bestraft. Vor dem Gesetz gilt es nämlich als Klauen. Der Grund: Das Essen gehört dem Supermarkt - egal, ob es dort im Regal oder im Müll liegt. Nun aber wehren sich die Frauen gegen das Urteil. Sie sehen sich nicht als Diebinnen, sondern als Kämpferinnen für mehr Gerechtigkeit. Ein bisschen wie Robin Hood. Doch statt mit Pfeil und Bogen durch den Wald zu reiten, haben sie Klage vor dem obersten deutschen Gericht eingereicht: dem Bundesverfassungsgericht. Ihr Ziel ist, die Gesetze zu ändern. Zum Beispiel so wie in Frankreich, wo Supermärkte seit einiger Zeit verpflichtet sind, noch genießbares Essen an ärmere Menschen zu verteilen, statt es zu entsorgen. Das ist besser für die Menschen und die Umwelt. Bei der Klage geht es also weniger um die Strafe als um die Frage, was schlimmer ist: Essen wegwerfen oder Essen retten. Für Robin Hood wäre der Fall wohl klar.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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