Thema der Woche:Machtwort

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Rausposaunen? Rumtrompeten? Hier gibt die Tuba den Ton an. (Foto: Illustration: Adam Higton)

Klingt nach Chefgehabe und entnervten Eltern. Doch diese Woche hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein Machtwort gesprochen, um das Gezanke um die Laufzeit der Atomkraftwerke zu beenden. Warum eine Ansage manchmal guttut.

Von Johan Schloemann

Manchmal sagen Erwachsene: "Darüber diskutiere ich nicht." Kein Handy beim Abendessen. Bevor die neue Woche anfängt, wird das Zimmer aufgeräumt. Solche Sachen. Es ist zu anstrengend, darüber jedes Mal neu zu verhandeln. Und wenn die Familie zu lang überlegt: Wohin soll der Ausflug gehen? - dann treffen die Eltern manchmal einfach eine Entscheidung. Hoffentlich so, dass alle damit leben können. Und wenn einer erst mal mault: Dann soll er halt maulen. Morgen sehen wir weiter!

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat gerade ein Machtwort gesprochen. Zwei Parteien in seiner Regierung, die Grünen und die FDP, hatten sich gestritten. Es ging darum, wann die drei Atomkraftwerke abgeschaltet werden, die Deutschland noch hat. Eigentlich war der Ausstieg aus der Atomkraft bereits beschlossen. Doch weil wegen des Ukrainekrieges Energie knapp zu werden droht, können die Atomkraftwerke jetzt weiterlaufen, ausnahmsweise. Und nur bis zum Frühling!

Und genau das hat der Bundeskanzler jetzt entschieden. Er hat zwar nicht mit der Faust auf den Tisch gehauen, aber einen Brief geschrieben und seine Entscheidung verkündet. Er hat die sogenannte Richtlinienkompetenz. Die Streithähne müssen nachgeben. Man nennt das auch Basta-Politik. "Basta" ist italienisch und heißt: "Es reicht." Den Spruch hört man auch in der Familie oder in der Schule öfter: Basta! Genug! Damit man so ein Machtwort sprechen kann, muss man erst mal Macht haben, die andere auch anerkennen. Und: Es muss Ausnahme bleiben, sonst sieht irgendwann keiner mehr ein, was das noch soll. Dann wird das Machtwort ein Zeichen von Schwäche. Es ist erst das zweite Mal in Deutschland, dass ein Bundeskanzler diese Möglichkeit überhaupt nutzt. Und gemault wird erstaunlich wenig. Ob Atomkraft oder Sonntagsausflug - manchmal sind wir einfach erleichtert, wenn ein Streit endlich entschieden ist. Morgen sehen wir weiter!

© SZ vom 22.10.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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