Thema der Woche:Knautschgesicht

Thema der Woche: Ins Kissen hauen? Das Taschentuch voll schnäuzen? Wer verliert, hat oft die Nase voll von allem. Blöd, eigentlich.

Ins Kissen hauen? Das Taschentuch voll schnäuzen? Wer verliert, hat oft die Nase voll von allem. Blöd, eigentlich.

(Foto: Christiane Wöhler)

Elfmeter verschossen? Jenga-Turm umgehauen? US-Präsidenten-Wahl verpatzt? Niederlagen fühlen sich oft richtig mies an. Es gibt aber dabei - kein Witz - jede Menge zu gewinnen. Über die Kunst des richtigen Verlierens.

Von Georg Cadeggianini

Erwachsene sind manchmal schon komisch. Da feuern sie einen die ganze Zeit an, schneller, besser, erster! Egal ob Uno, 100-Meter-Lauf oder beste Schularbeit. Den Talewhip endlich double foot auf den Scooter gelandet? "Bravo!" Andererseits: Wenn man dann mal nicht so gut ist, den Jenga-Turm umschmeißt, den Elfer verschießt, monopolybankrott geht, darf man ja nicht stinkwütend werden. Dann heißt es ganz schnell: "Gönn doch auch mal den anderen einen Sieg." "Verlieren lernen - superwichtig!" Ja was denn nun?

Die Kunst des Verlierens ist eine enorm komplizierte Sache. Aber stellt man es richtig an, gibt es - kein Witz - eine Menge zu gewinnen. Donald Trump, der vielleicht schlechteste Verlierer der Welt, gestand schon vor der US-Wahl: "Verlieren ist niemals leicht. Nicht für mich." Seitdem macht er vor, wie ein schlechter Verlierer aussieht: Alles Betrüger hier. Gar nicht wahr, dass ich verloren habe. Ihr werdet schon noch sehen!

Was genau? Gut sehen kann man an Trump, was man alles verliert, wenn man das mit dem Verlieren nicht richtig hinkriegt. Ansehen, Würde, das letzte Fünkchen Ernstgenommenwerden. Abgesehen davon, dass es peinlich blöd aussieht, kann es sich auch für ihn selbst nicht gut anfühlen: Decke über den Kopf, Golf spielen, schmollen. Noch dazu reißt er viele rundrum mit in sein Selbstmitleid. Knapp die Hälfte der Amerikaner hatte ja immerhin auf ihn gezählt. Sollen die jetzt auch alle schmollen? Das Verrückte am Verlieren ist ja, dass nur wer es anerkennt, wirklich rauskommt. Dem Gewinner gratulieren bedeutet: das Duell weiter ernst nehmen, die Spielregeln weiter akzeptieren, das Ding aber - und das ist das Bahnbrechende - beenden. Nur wer seine Niederlage anerkennt, wird frei für Neues. Nicht ganz einfach, auch für viele Erwachsene nicht, die das immer predigen. Aber es gibt wenig, was so viel Glanz hat wie ein guter Verlierer.

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