Thema der Woche:Ballballett

Lesezeit: 1 min

Sieht nicht nur spektakulär aus: Das Tennisspiel von Carlos Alcaraz bei den US Open. (Foto: AFP)

Der junge Spanier Carlos Alcaraz hat gerade die US Open gewonnen, eines der wichtigsten Tennisturniere der Welt. Sein rasantes Spiel hat das Zeug dazu, den Sport in eine neue Ära zu führen. Über die neue Nummer eins.

Von Jürgen Schmieder

Was für ein Finale! Fast, als ob Carlos Alcaraz und Casper Ruud da in der Endrunde der US Open mal eben den Sport neu erfinden wollten. Nahezu jeder Ballwechsel Meme-tauglich zu Begriffen wie Ballgefühl, Beweglichkeit, Balance. Die krassen Duelle am Netz, die gefühlvollen Stopps, die extremen Winkel: All das führte nicht nur dazu, dass der 19-jährige Spanier in vier Sätzen gewann und nun die jüngste Nummer eins in der Geschichte der Weltrangliste ist. Diese Partie, dieses Turnier dürften den gesamten Tennissport tatsächlich verändern.

Tennis ist ein Spiel der Positionen, in den vergangenen Jahrzehnten haben es die sogenannten "Power Baseliner" dominiert - also Leute wie Rafael Nadal oder Novak Djokovic, die Punkte mit donnernden Schlägen von der Grundlinie aus holen. Aber wer ausschließlich von hinten spielt, kann junge, flinke Spieler wie Alcaraz, Ruud oder Iga Swiatek kaum ärgern. Mit ihnen entsteht ein neues Spiel, das sie eindrucksvoll in New York vorführten: ans Netz vorrücken oder den anderen mit einem Stopp dorthin locken, vielleicht beides gleichzeitig. Das öffnet die Ballwechsel, weil es wieder zu Momenten kommt, die man vom Serve-and-Volley kennt. Also die, bei denen man Volley-Stopps, Badminton-Rückhand-Smashes, Wahnsinns-Lobs und Longline-Passier-Hammer mit anschließendem Spagat sieht. Ziemlich spektakulär das alles, wie Tennisballett mit ordentlich Wumms!

Am Ende ist nicht nur wichtig, wer gewinnt - sondern auch, wie er oder sie zum Matchball kommt. Ob es Momente gibt, die man nie vergisst. Schläge, die man daheim üben will. Jede Wette, dass wegen Alcaraz nun viele Tenniskinder den samtenen Halbvolley-Stopp und den Hinter-dem-Rücken-Schlag üben. Und das ist vielleicht sogar noch wichtiger als das ganze Nummer-eins-Sein.

© SZ vom 17.09.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: