Julian Assange schreibt seine Autobiografie - weil er Geld braucht. Er ist nicht der Einzige, der sein Leben etwas verfrüht aufschreibt . Ein Überblick in Bildern. "Ich will dieses Buch nicht schreiben, aber ich muss". Mit diesen Worten begründete Wikileaks-Gründer Julian Assange, warum er nun sein Leben aufschreiben wird: Er hofft auf 1,5 Millionen US-Dollar. Die brauche er, um seine Rechtsanwälte zu bezahlen. Auf diese Idee sind schon einige vor ihm gekommen.
Britney Spears hat ebenfalls angekündigt, ihre schönste Erlebnisse für die Nachwelt festzuhalten. Die Sängerin lässt sich das aber besser bezahlen als Assange: Sie soll laut der Zeitung Daily Mirror mehr als 14 Millionen Dollar für ihre Memoiren kassieren. Und das, obwohl Spears erst 29 Jahre alt ist und damit wohl noch weniger zu erzählen haben dürfte, als der zehn Jahre ältere Australier.
Noch dünner dürfte das Büchlein ausfallen, das Justin Bieber seine Biografie nennt: Was kann man mit 16 Jahren alles erlebt haben? Den ersten Schultag, den Verlust der Milchzähne und vielleicht auch schon den ersten Liebeskummer. Jugendliche Promis, die noch nicht alt genug sind, um Werbung für Whisky oder Uhren zu machen oder sich für den Playboy auszuziehen, betreiben eine neue Art von Exhibitionismus: Obwohl sie erst am Anfang stehen, veröffentlichen sie ihre Lebensgeschichten oder schreiben sogar Autobiographien. Der US-Sänger Justin Bieber ist einer von ihnen. Er hat schon mit 16 Jahren zwei Nummer-eins-Alben und eine eigene Nagellack-Serie auf den Markt gebracht. US-Rapper Usher zählt zu seinen Freunden. All das hat immerhin für 64 Seiten gereicht, wobei zahlreiche "supersüße Fotos" des Sängers einen erheblichen Platz einnehmen. Worum es sonst noch geht? Um Geburt und Kindheit, das Lieblingsessen (Spaghetti), sein erstes Date, ein Treffen mit einem Fan und ausführlich um seine Schulnoten ("Am härtesten arbeitete er für die glatten Einser, so wie man es von einem Musterschüler erwartet."). Das war's dann auch, er geht ja noch zur Schule. Danke. Setzen.
Das ist nur der vorläufige Höhepunkt der Bieber-Mania und schon gar nicht das erste Buch zum Jungstar. Neben zahlreichen Fanbüchern erschien bereits vor ein paar Monaten die Justin-Bieber-Story. Weniger eine "unendliche Geschichte" als "ewig grüßt das Murmeltier". Collagenartig aufgemacht wie ein Freundebuch werden Justin Biebers Vorlieben und sein Weg zum Youtube-Star erzählt. Ansonsten dominieren die "Extras": Riesenposter, ein Justin-Quiz und "ganz viele der allersüßesten Justin-Fotos". Ist er nicht putzig?
Ebenfalls ganz oben auf der Hitliste der Teenie-Idole stehen Robert Pattinson und Taylor Lautner - höchste Zeit also für eine Biographie. Ganz egal, ob die Protagonisten etwas zu erzählen haben. In der mehrteiligen Vampir-Romanze Twilight sind die beiden als Vampir Edward und Werwolf Jacob Rivalen, im echten Leben haben die Schauspielerkollegen viel gemeinsam: Der heute 24-jährige Robert Pattinson und der 18-jährige Taylor Lautner sind 2008 durch ihre Rollen in Twilight - Bis(s) zum Morgengrauen zu den begehrtesten Mädchenidolen in Hollywood aufgestiegen. Das biographische Marketing folgte auf dem Fuße. Pattinsons Leben wurde 2009 aufgeschrieben, als er 22 Jahre alt war und Lautners Rückschau kurz darauf im Januar 2010, als er gerade mal 17 war. Dementsprechend synchron sind ihre Biographien: Kindheit, erste Filmrollen, Twilight. Man musste nur Namen, Heimatorte, Filmtitel und Zeitungsschnipsel austauschen. Der Erfolg geht weiter. Deshalb gibt es Pattinsons Leben inzwischen schon in einer aktualisierten Version.
Die erste Liebe, die zweite und dritte, eine peinliche Sex-Panne und viel Herzschmerz. Worüber Jugendliche nachdenken, weiß man schon seit Unzeiten aus der Bravo. Oder müssen einem das halbwüchsige Profisportler erklären? Bisher hielt der Kunstturner Fabian Hambüchen, 23, sein Privatleben mehr oder weniger geheim. Den Sportler des Jahres 2007 kannte man deshalb wegen der sportlichen Erfolge. Das war eigentlich auch gut so - aber offenbar ihm selbst nicht genug: Im September 2010 veröffentlichte der gebürtige Bergisch Gladbacher seine Lebensgeschichte - wenn man das denn so nennen darf - in einer Autobiographie. Sein Werk liest sich über weite Strecken wie das Tagebuch eines Teenagers, eines sehr ehrgeizigen allerdings, das auch peinliche Details offenbart. Ob sich Fabian Hambüchen einen Gefallen damit tut, das öffentliche Bild als Ausnahmesportler um die Wonnen der Gewöhnlichkeit zu erweitern? Als Sportler riskiert er schließlich seine Glaubwürdigkeit und Professionalität, wenn er seine Vorliebe für parfümierte Liebesbriefe oder das ein oder andere Bett-Malheur beichtet. Oder geht das Kalkül ganz anders: Soll seine selbsterzählte Lebensgeschichte vielleicht die Aufmerksamkeit steigern und den Werbewert?
Seit Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest für Deutschland gewonnen und ihr Song Satellite die Charts in Europa gestürmt und Youtube-Rekorde erreicht hat, ist von Lena-Manie die Rede. Weil Entdecker und Mentor Stefan Raab mit ihr auch 2011 bei dem Wettbewerb antreten will, kann eine Biographie in keinem Fall schaden. Seit August ist die Lebensgeschichte der 19-Jährigen auf dem Markt. Lena - einfach raus und leben klingt ein bisschen nach Telenovela à la Julia - Wege zum Glück oder Hanna - Folge deinem Herzen. Und siehe da, seit September 2010 läuft im ZDF tatsächlich Lena - Liebe meines Lebens, eine Daily Soap, deren Titelheldin von Meyer-Landrut inspiriert ist.
Bekannt wurde die Nachwuchsband Jonas Brothers durch Auftritte in der Serie Hannah Montana und im Film Camp Rock. Bald wurden kreischende Groupies auf die Vorband von Miley Cyrus und Avril Lavigne aufmerksam. Speziell für sie gibt es die Biographie über die Brüder Nick, 18, Joe, 21, und Kevin Jonas, 23. Jonas Brothers - Die inoffizielle Geschichte erschien 2009, als die Brüder zwischen 17 und 22 Jahre alt waren und erzählt, wie sie in ihrer christlich geprägten Kindheit von Kirche zu Kirche gezogen sind, wie Nick mit sechs Jahren beim Friseur entdeckt wurde und sie sich schließlich als Band zusammenfanden. Viel spannender als die Geschichte der Brüder ist das Marketing, das dahinterstecke: Der Untertitelt "inoffiziell" stachelt die Aufmerksamkeit geschickt an - und mit zahlreichen aktualisierten Versionen, die es sicher noch geben wird, lassen sich auch Groupies ruhigstellen.
Wie praktisch es doch ist, wenn man einen berühmten Vater hat: Davon zeugt die Biographie von Jimi Blue Ochsenknecht. Wilder Kerl mit viel Gefühl erschien 2009, als Jimi Blue gerade 17 Jahre alt war. Papa Uwe Ochsenknecht zählt zu den bekanntesten deutschen Schauspielern, davon ist im Buch ausgiebig die Rede. Neben dem Ochsenknecht-Clan geht das Buch auf die Träume und Ängste, die Musik und Filme des Nachwuchsstars ein. So funktioniert raffiniertes Marketing: Jimi Blue Ochsenknecht wurde neben seiner Abstammung durch seine Rolle in der Kinderfilmreihe Die wilden Kerle noch bekannter. Seit 2007 versucht er sich auch als Sänger und hat inzwischen zwei Alben veröffentlicht. Eigentlich höchste Zeit für ein Update!
2009, mit nur 16 Jahren, schrieb Schauspielerin und Sängerin Miley Cyrus ihre - wie sie betont, erste - Autobiographie mit dem Titel Miles to go. Die Tochter von Countrysänger Billy Ray Cyrus ist durch ihre brave Hauptrolle in der Disney-Serie Hannah Montana bekannt geworden und sorgte bald mit allzu freizügigen Fotos für Furore. Ein bisschen auch um davon abzulenken, beschreibt sie in ihrem Buch den Alltag eines ganz normalen Teenagermädchens, mit Liebeskummer und Mobbing an der Schule - und in ihrem Fall den Aufstieg zum Superstar. Klingt ein bisschen nach Britney Spears? Ist es auch. Im selben Jahr erschien die Biographie Miley Cyrus - Two worlds. Dass auch dieser Titel auf den Kontrast zwischen normalem Mädchen und Superstar hinauswill, dürfte eindeutig sein. Fehlt nur das bessere Ende. Die Fortsetzung folgt bestimmt - oder ein "Oops!"
Recht eilig hatten es auch die Jungs der deutschen Pop-Rock-Band Tokio Hotel. Ihre Biographie erschien 2006 unter dem Titel Schrei so laut du kannst, kaum ein Jahr nach ihrer ersten bekannten Single Durch den Monsun. Die Zwillinge und Frontfiguren der Band Bill und Tom Kaulitz waren damals erst 17 Jahre alt. Noch vor ihrem zweiten und dritten Nummer-eins-Album und zahlreichen Hit-Singles wurde ihre "Erfolgsgeschichte" niedergeschrieben. Heute sind Bill und Tom Kaulitz 21 Jahre alt, die weniger bekannten Bandkollegen Gustav Schäfer 22 und Georg Listing 23. Eigentlich höchste Zeit für die nächste Biographie. Wie wäre es mit Unsere Jahre von 18 bis 21? Ist vielleicht ein neuer Job für Michael Fuchs-Gamböck und Thorsten Schatz, die nach dem Baukastensystem Teenie-Biographien produzieren - vielleicht ist Ihnen ja aufgefallen, dass die beiden auch (unter anderem) Lena Meyer-Landrut und Jimi Blue Ochsenknecht porträtiert haben.
Daniel Küblböck schrieb seine Lebensgeschichte 2003 im Alter von 18 Jahren nieder. Obwohl er im selben Jahr in der RTL-Show Deutschland sucht den Superstar nur den dritten Platz belegte, hielt sich der Jungspund mit seiner flippigen, tränenreichen Art und der Single You Drive Me Crazy noch eine Weile in den Medien. In seiner Autobiographie Ich lebe meine Töne beschreibt Küblböck seine Kindheit in dem niederbayerischen Örtchen Hutthurm, das Verhältnis zu seinen Eltern, seine erste Liebe und - überraschend - seine Liebe zur Musik. Sein halbdokumentarischer Film Daniel - der Zauberer von 2004 und seine Auftritte in Ich bin ein Star, holt mich hier raus oder im Big-Brother-Container kommen gar nicht mehr vor. Auch nicht, dass er heute seine eigene Firma leitet, die Positive Energie GmbH, und Jazz- und Blues-Musik macht. Das wäre eigentlich spannender zu lesen gewesen. Das hat man davon, wenn man es mit der eigenen Autobiographie so eilig hat.
Bill Clinton hat sich ein wenig länger Zeit gelassen. Das hat er sich aber auch gut bezahlen lassen: Der frühere US-Präsident soll zwölf Millionen Dollar für seine Autobiografie bekommen haben. Kein Wunder: Der Leser erfährt auch Details über seine Affäre mit Monica Lewinsky.
Keith Richards hat nicht ganz so viel für seine Memoiren bekommen, aber immerhin noch ein ganz anständiges Sümmchen: Mit sieben Millionen Dollar wurde der Gitarrist für seine Erzählungen über das wilde Leben der Rolling Stones entlohnt.
Skandal-Model Kate Moss hat für ihre Erinnerungen an die Model-Zeiten auf dem Laufsteg, die Affäre mit dem Musiker Pete Doherty und ihren heimlich gefilmten Drogenmussbrauch vom einem Verlag angeblich 1,5 Millionen Dollar angeboten bekommen.
Mit solchen Affären konnte Papst Johannes Paul II. freilich nicht aufwarten. Für seine Memoiren bekam er trotzdem 8,5 Millionen Dollar.