Technik für Frauen:"Rosa hat einen infantilen Charakter"

Weiblich anmutende Technik boomt: Ein Industriedesigner über den Nutzen von pinkfarbenen Handys und Kristallen auf dem Laptop.

Martina Farmbauer

Technikfirmen lassen sich viel einfallen, damit Frauen ihre Produkte kaufen. Laptops mit Kristallen etwa oder Handys in Pink. Doch funktioniert diese Masche denn? Othmar Wickenheiser, Professor für Industriedesign und Frauenbeauftragter der Fakultät Design an der FH München über Produkte, die extra für Frauen gestaltet wurden.

Technik für Frauen: Totaaal süß: das pinkfarbene Hello-Kitty-Handy soll vor allem junge Frauen ansprechen.

Totaaal süß: das pinkfarbene Hello-Kitty-Handy soll vor allem junge Frauen ansprechen.

(Foto: Foto: BenQ)

SZ: Ein Computerhersteller hat kürzlich ein Notebook für Frauen herausgebracht. In Rosa, auf Hochglanz lackiert und kristallverziert. Wer kauft so etwas? Wickenheiser: Wenn Firmen sich mit einem Produkt an eine bestimmte Zielgruppe richten, versuchen sie, deren Erwartung zu erfüllen. Bei dem Laptop geschieht das mit applikativen Maßnahmen wie Kristallen oder der Farbe Rosa, von denen angenommen wird, dass sie den Damen gefallen.

SZ: Damen? Rosa erweckt eher den Eindruck, als seien junge Mädchen die Zielgruppe. . . Wickenheiser: Das stimmt. Rosa hat sogar einen infantilen Charakter. Man könnte aber auch an eine homosexuelle Klientel denken. Oder einfach an Menschen, die einen Hang zum Kitsch haben.

SZ: Ganz schön klischeehaft! Wickenheiser: Es ist zugegebenermaßen keine besonders gelungene Masche, davon auszugehen, dass Frauen eine besondere Affinität zu der Farbe Rosa haben. Und ich glaube nicht daran, dass sie einen anderen Zugang zur technischen Produktästhetik haben als Männer. Es gibt genug Frauen, die gerne einen Laptop hätten, der funktionell oder ergonomisch auf sie zugeschnitten ist - und nicht einen, der romantisch aussieht. Mein Verständnis von der Attraktivität eines technischen Produkts ist eher nicht geschlechterspezifisch, sondern stellt die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt.

SZ: Warum verkaufen sich dann Produkte mit Glitzer oder in Rosa so gut? Wickenheiser: Wer sagt denn, dass diejenigen, für die das Produkt konzipiert ist, letztendlich die einzigen Käufer sind? Es gibt immer wieder Produkte, deren Design auf junge Leute ausgerichtet wurde, zum Beispiel der Renault Twingo. Die Kunden sind dann aber vor allem ältere Menschen, die sich ebenfalls mit dem Stil identifizieren.

SZ: Aber sind Kaufentscheidungen bei Frauen nicht stärker vom Design abhängig als bei Männern? Wickenheiser: Nein, da gibt es meines Wissens keine Untersuchungen, die das belegen. Da geht es nicht um Mann oder Frau, sondern um die individuelle Erwartungshaltung. Es gibt Menschen, die sich für schöne Formen mehr interessieren als andere, das ist geschlechtsunabhängig.

SZ: Warum bringen Firmen dann überhaupt Frauenprodukte heraus? Wickenheiser: Sie reagieren damit auf den Wunsch des Kunden nach Individualisierung - und machen es sich einfach. Denn die simpelste Methode der Produktindividualisierung ist es, nicht in das Produktdesign einzugreifen, sondern Applikationen anzubringen, zum Beispiel Kristalle von Swarovski. Etwas, womit sich die Firma von ihren Konkurrenten und der Käufer von den Nachbarn unterscheiden kann. Ein bekannter Markenname wird für einen Imagetransfer genutzt.

SZ: Und inwiefern ändert der Transfer das Image des Computerherstellers? Wickenheiser: Bei mir kommt da sofort das Signal an: Ah, Swarovski ist en vogue. Da soll das eine Label ein anderes aufwerten. Es ist, wie gesagt, sehr einfach gedacht, ein Produkt mit Applikationen abzusetzen. Bei einem durchgestalteten Produkt würde man anders vorgehen. Da wäre es eher so wie beim Geschenkaussuchen. Da überlegt man sich ja auch: Für wen ist das, worauf legt er Wert?

SZ: Welches Produkt halten Sie am ehesten für gelungen? Wickenheiser: Die besten Beispiele sind wohl der iMac und das iBook der ersten Generation. Vom Design und auch von der Funktion her sprechen beide Männer und Frauen gleichermaßen an.

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