Tauchen:Geräuschlos in die Tiefe

Für Berufstaucher bei Spezialeinsätzen sind Kreislauftauchsysteme seit langem unentbehrlich. Inzwischen entdecken auch Freizeittaucher diese Technik.

Daniel Hautmann

Lautlos taucht die Karett-Schildkröte aus der tiefblauen Ferne auf. Im Vorbeipaddeln neigt sie den Kopf kurz zur Seite, blickt die Taucher mit großen neugierigen Augen an und entschwindet wieder in die blaue Tiefe. Wären die Taucher mit normalen Pressluftflaschen ins Wasser gestiegen, hätten sie die Schildkröte erschreckt und womöglich vertrieben. Doch mit ihren leisen Kreislauftauchgeräten können sie die Tierwelt in Ruhe beobachten, ohne sie zu stören.

Tauchen, Taucher, Tauchsport; iStockphotos
(Foto: Foto: iStockphotos)

Im Gegensatz zum Pressluftflaschentauchen, bei denen die Atemluft ein Einmalprodukt ist, wird sie im Rebreather mehrfach genutzt. Dabei muss Kohlendioxid (CO2), das beim Atmen in den Lungen entsteht, ausgefiltert werden. Das geschieht mit einfachem Kalk.

Das Risiko: Arbeitet dieser nicht richtig oder wurde zu lange verwendet, besteht die Gefahr einer CO2-Vergiftung. Das kann tödlich enden. Daher ist es unerlässlich, den Kalk regelmäßig auszutauschen. Nachdem das CO2 gebunden ist, muss die verbleibende Luft mit Sauerstoff angereichert und wieder atembar gemacht werden. Das erledigt eine kleine, mit reinem Sauerstoff gefüllte Flasche.

Dank dieser Technik sind wesentlich längere Unterwasserspaziergänge möglich, da nur sehr wenig Sauerstoff verbraucht wird. "Mit dem Rebreather sind Tauchgänge von zwei bis drei Stunden gar kein Problem", sagt Hellmut Miksch, zusammen mit seiner Frau seit Jahren begeisterter Taucher.

Effizientes Atmen

Im Vergleich zum Pressluftsystem ist das Atmen angenehmer, da die Luft stets auf Körpertemperatur und feucht ist. Gleichzeitig ist Kreiseln für den Organismus verträglicher, da der Stickstoff-Sättigungsgrad weitaus geringer ist als beim Flaschentauchen. Der Rebreather mischt für jede Tauchtiefe automatisch die perfekte Zusammensetzung aus Sauerstoff und Stickstoff.

Ein weiterer Vorteil der neuen Tauchtechnik: Man braucht weniger Platz. Statt große Flaschen mit 200 bar zu befüllen, wofür er einen mächtigen Kompressor bräuchte und was lange dauern und viel Lärm machen würde, befüllt Taucher Miksch die kleinen Rebreather-Flaschen in wenigen Minuten mit einem Mini-Kompressor, der von einem kleinen Generator mit Strom versorgt wird. "Das spart auch Energie", sagt Miksch.

Den Vorteil von Kreislauftauchgeräten wissen inzwischen immer mehr Freizeittaucher zu schätzen. Rund 4000 sollen es allein in Deutschland sein. Einer davon ist Ludwig Blaha: "Mit dem Rebreather bist du ein Teil der Unterwasserwelt." Neben dem Naturerlebnis zählt für Blaha aber auch der Kostenvorteil. Vor allem bei tiefen Tauchgängen, bei denen Pressluftflaschentaucher auf Trimix, einem Gemisch aus Sauerstoff, Stickstoff und Helium setzen und literweise teure Atemgase einmal in die Lunge ziehen und dann ins Wasser pusten, ist der Rebreather unschlagbar effizient.

Doch Rebreather haben auch Nachteile. Aufbau und Handhabung sind wesentlich komplizierter als bei Flaschentauchsystemen. Ähnlich wie beim Fliegen müssen erst aufwendige Checks durchgeführt werden: Kalkvorrat kontrollieren, Sensor- und Batterietest, Sauerstoffgehalt prüfen. Das sind nur einige von vielen Schritten, die vor dem Sprung ins Wasser überlebenswichtig sind.

Ist alles geprüft, sind wahre Höchst-, oder besser gesagt Tiefstleistungen möglich. Volker Clausen, Chef der Orca-Tauchbasen, schaffte 2003 ganze 224,5 Meter. Derartiges hat Hellmut Miksch nicht vor, ihm reichen 60 Meter. Aus gutem Grund: "Wenn man bei dem Gerät etwas nicht versteht, kann das sehr schnell tragisch enden."

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