Swatch wird 25:Wie die Zeit vergeht

Seit 25 Jahren schon tickt sie an so manchem Handgelenk: Die Swatch ist der Zeitmesser für jede Gehaltsklasse und liefert trotzdem Schweizer Uhrmacherqualität. So zuverlässig, dass ein regelrechter Hype um das kleine Plastikding entstand. Doch wo ist der mittlerweile hin?

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Swatch, 1983

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Seit 25 Jahren schon tickt sie an so manchem Handgelenk. Die Swatch ist der Zeitanzeiger für jede Gehaltsklasse, der sich dennoch für Schweizer Uhrmacherqualität lobt. Damit war sie so revolutionär, dass in den Neunziger Jahren ein regelrechter Hype um das kleine Plastikding entstand. Wo kam er her und wo ist er mittlerweile hin?

Sie war rot, schlank, aus Plastik und hatte den etwas holprigen Namen "GR100". Die erste Swatch-Uhr lief 1983 vom Fließband und kostete lausige 50 Franken (heute etwa 31 Euro) - ein Spottpreis für damalige Verhältnisse.

Sie sorgte für Begeisterung beim Kunden und half der Schweizer Uhrenindustrie aus einer tiefen Krise. Obwohl die Swatch damals nur in zwölf Varianten erhältlich war, war sie in zweierlei Hinsicht revolutionär: Das Material war günstiger Kunststoff und das Endprodukt setzte sich lediglich aus 50 Teilen zusammen - üblich waren bisher 150 Bauteile.

Text: Katharina Höller Fotos: Hersteller

Picasso, 1985

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Der Mann hinter der Plastikuhr heißt Nicolas Hayek: Anfang der Achtzigerjahre fusionierte der heute 80-Jährige zwei marode Schweizer Uhrenkonzerne und bereitete mit ihrer Unterstützung die Erfolgsgeschichte der Swatch vor.

Eine Chip, eine Batterie, eine Anzeige, das sei doch keine Uhr, unkte die Konkurrenz - doch sie musste sich eines Besseren belehren lassen, denn der wirtschaftliche Erfolg sprach für den neuen Zeitmesser. 1985 erschien das erste Art Special von Swatch: Eine Uhr von Kiki Picasso, weltweit limitiert auf 140 Exemplare, die heute 1.750 Euro wert ist.

1988

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1988 hatte sich bereits herumgesprochen, dass die Swatch nicht nur billig die Zeit anzeigt, sondern klammheimlich zum modischen Accessoire avancierte.

Zum fünften Geburtstag der Marke erschien als Special die "Puff"-Kollektion, die mit ihrem heutigen Sammlerwert von 19.000 Euro pro Stück eine respektable Karriere gemacht hat. Der puschelige Design-Fauxpas ist verziehen wegen des gemeinhin geschmacklosen Jahrzehnts der Achtziger.

Hofkunst, 1991

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Den Höhepunkt auf der Popularitäts-Skala erreichte die Swatch-Uhr Anfang der Neunziger Jahre. Fans gründeten den Swatch-Club und Sotheby's veranstaltete eine erste große Auktion mit 99 Uhren in Mailand. Besondere Swatch-Exemplare erzielten immer höhere Preise.

Zu den Liebhaberstücken zählten und zählen noch in erster Linie die "Art Specials". An den quietschbunten Frucht-Uhren vom österreichischen Künstler Alfred Hofkunst kann man den Trend der Neunziger gut ablesen - Gedanken an die Loveparade, an Girlies und Plateauschuhe werden wach. Heute bezahlen Sammler für die "VerdU(H)Ra" von Hofkunst 150 Euro pro Stück.

Westwood, 1993

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1993 durfte Vivienne Westwood ran, um das erste Pop Swatch Special namens "Orb" zu entwerfen. Die Designerin passt gut in das laute, schrille Bild der Marke. Idee hinter den Kooperationen mit Künstlern und Designern war stets, besondere Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Uhr sollte kein Prestigeobjekt sein, sondern ein Accessoire zum persönlichen Styling. Daher auch der Name: Swatch setzt sich aus second watch zusammen. Sprich die Zweituhr, die schick aussieht und die sich jeder leisten kann - im besten Fall eine Passende zu jedem Outfit.

1996

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Drei Jahre später war Swatch offizieller Zeitnehmer bei den Olympischen Spielen - guter Anlass für eine Zusammenarbeit mit der Fotografin Annie Leibovitz. Für "The Olympic Legends" stehen Sportler wie Said Aouita, Mark Spitz, Daley Thomson und Katarina Witt vor der Kamera der Amerikanerin.

"Wenn wir Maler, Designer und andere Künstler bitten, eine Swatch zu gestalten, wollen wir mehr, als einfach nur ein Zeitmessgerät produzieren. Wir wollen den Geist der Zeit einfangen", so erklärt der Hersteller sein Konzept dem österreichischen Kurier.

2002

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Im selben Zusammenhang steht die Zusammenarbeit mit Helmut Newton, der 2002 ein sexy Special namens "Fingernails" entwirft. Die Uhr war weltweit limitiert auf 100 Exemplare und ist mittlerweile auch in Sammlerkreisen nicht mehr erhältlich.

Das Erfolgskonzept der Swatch ging zunächst auf. Doch Nicolas Hayek ist nicht nur der Mann hinter den kleinen bunten Uhren, auch kleine Autos haben es dem gebürtigen Libanesen angetan: Der "Smart", König der Parklücken, war ebenfalls seine Idee. Nachdem VW trotz langer Verhandlungen kein Herz für den Kleinen zeigte, bringt Hayek 1998 zusammen mit Mercedes den "Smart" auf den Markt.

2004

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Der Ideengeber steigt jedoch kurze Zeit später wieder aus. Es heißt, Mercedes weigerte sich, spritsparende Technik in den Wagen einzubauen. Doch auch der Schweizer Uhrmacher wollte wohl den steigenden Entwicklungsskosten entgehen. Schließlich erlebte die Swatch im selben Zeitraum - nach einem regelrechten Ansturm Anfang der Neunzigerjahre - eine kaum zu übersehende Flaute, von der das Unternehmen sich erst erholen musste.

Foto: "Happy Birthday Tintin" 2004, zum 75.Geburtstag von "Tim & Struppi"

2006

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Man kann vermuten, dass der Konzern in diesem Zusammenhang 1998 zur Swatch Group umgebaut wurde. Mittlerweile gehören dazu 18 weitere Uhren- und Schmuckmarken für verschiedene Preisklassen, unter anderem Omega und Tissot.

Als Swatch Group ist das Unternehmen nun wieder der weltweit größte Uhrenhersteller - mit einem Rekordumsatz von 5,9 Milliarden Schweizer Franken im Jahr 2007.

Die bunte Plastikuhr leistet dazu jedoch nicht mehr den entscheidenden Beitrag - wie Anfang der Neunziger. Kein Wunder, denn die Konkurrenz wächst.

Foto: "Paint in Blue" 2004, Blue Man Group

2008

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Nicht nur asiatische Billigprodukte überschwemmen den Markt, auch und vor allem Modekonzerne wie Fossil, Diesel, Esprit und neuerdings auch S.Oliver machen der Swatch das Leben "schwerer".

Konterversuche gab es in Form einer Schmuckkollektion namens "Bijoux", die 2000 lanciert wurde und aktuell jedoch ziemlich belanglos ausfällt: Fescher Silberschmuck mit bunten Akzenten für Parfümerie-Verkäuferinnen und Sprechstundenhilfen.

Auch die neue Uhrenkollektion dürfte sich - hier zu sehen im "playful pastel"-Look mit rosa Palmen - nicht nennenswert von der Masse abheben. Das erinnert ein bisschen an die Plastikuhr aus dem Kaugummiautomaten - nicht so sehr an den revolutionären Zeitmesser von 1983.

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