Superstar mit Imagekrise:Sex, das Handicap des Tiger Woods

Vom Superstar zum Sexmaniac: Der US-Golfer verdient so viel wie kein anderer Sportler. Nun bedrohen Ehe-Probleme das Helden-Image des Tiger Woods.

Violetta Simon

Er gilt als Lichtgestalt des Golfsports. Seine Werbeverträge bringen rund 100 Millionen Dollar im Jahr ein, so viel wie bei keinem anderen Sportler. Mit seinem Namen preisen sich weltweit angesehene Unternehmensberatungen, Luxusuhren-Hersteller und Sportartikelhersteller an.

Tiger Woods

Tiger Woods, Aushängeschild des Spitzensports, muss um sein Image bangen.

(Foto: Foto: dpa)

Ja, Tiger Woods, 33, geboren im kalifornischen Cypress, steht für Untadeligkeit und Zuverlässigkeit. Oder muss man vielmehr sagen: Er stand?

Auf dem Cover des US-Magazins Us Weekly prangt ein Foto von Tiger Woods und seiner Frau Elin Nordegren, darunter die Schlagzeile: "Ja, er hat mich betrogen!" Das Familien-Idyll des schwarzen Musterknaben mit der weißen schönen Frau, dem Töchterchen Sam Alexis und dem kleinen Sohn Charlie Axel, scheint zu wanken.

Derzeit wird der Weltranglisten-Erste des Golfsports wegen angeblicher außerehelicher Affären durch die Boulevardblätter gehetzt. Immer neue Frauen meldeten sich mit Informationen über außerehelichen Geschlechtsverkehr. Auf einmal wirkt es, als sei der Saubermann in Wahrheit ein Sexmaniac, als habe er ein Doppelleben geführt.

Auslöser für die Spekulationen: ein ominöser Autounfall in der Nähe seines Wohnsitzes in Florida. Woods Ehefrau Elin Nordegren drosch mit einem Golfschläger auf das gemeinsame Auto ein. Anschließend soll der Sport-Star blutüberströmt in seinem Garten gelegen haben.

Gegenüber der Polizei übernahm Tiger Woods zwar die volle Verantwortung für den Unfall, der Golfstar erhält eine kleine Geldstrafe. Über Details jedoch hielt er sich bedeckt - was die Gerüchteküche nur noch mehr zum Brodeln brachte. Ein Benefizturnier sagte er ab.

Die Affären kommen ans Licht

Inzwischen fügen sich Details zu einem Bild - das zwar nicht belegt, ob der Autounfall nun das Ergebnis eines handfesten Ehestreits oder einfach nur ein gewöhnlicher Unfall war. Doch sie machen zumindest nachvollziehbar, warum das ehemalige Model Nordegren nach fünf Jahren Ehe das Sportgerät ihres Mannes gegen ihn richtete.

Da wäre zum einen die angebliche Liebesbeziehung zu Rachel Uchitel, dem "Tränenmädchen" vom 11. September 2001. Ihr Bild war nach dem Anschlag auf das World Trade Center um die Welt gegangen war. Angeblich war Rachel der Auslöser für den Streit im Auto.

Die New Yorkerin hat gegenüber der New York Post eine Affäre mit Woods abgestritten und beteuert: "Das ist die albernste Geschichte." Das sei so, als müsse sie kommentieren, ob es Aliens auf der Erde gebe. Mittlerweile steht fest, dass die Geschichte über das besondere Verhältnis mit Tiger Woods wahr ist.

Es tauchen immer weitere Gerüchte auf, weitere Frauen melden sich zu Wort: So behauptet eine Bardame namens Jaimee Grubbs aus Los Angeles, knapp drei Jahre lang eine Affäre mit Woods gehabt zu haben. Wie das US-Magazin Us Weekly berichtete, sei die Kellnerin mit mehreren Mailbox-Nachrichten sowie SMS-Botschaften ihres Handys an die Öffentlichkeit gegangen.

Den Aufzeichnungen zufolge habe der Golfprofi die 24-Jährige angeblich gebeten, ihren Namen von der Ansage zu löschen, weil seine Frau die Nummer gefunden habe.

Als Dritte im Bunde outet sich eine Nachtklubmanagerin namens Kalika Moquin. Die 27-Jährige prahlt damit, sich an einem Wochenende im Oktober mehr als einmal mit dem Top-Golfer in seinem Hotel in Las Vegas getroffen zu haben. Wie das New Yorker Internetportal von Daily News berichtete, habe Woods ihr sein Leid geklagt. Er sei in seiner Ehe nicht glücklich, unheimlich viel Druck laste auf ihm.

Entschuldigung im Internet

Mittlerweile hat sich Tiger Woods zu den Spekulationen - zumindest teilweise - geäußert: Fünf Tage nach dem rätselhaften Autounfall entschuldigt sich der 33-Jährige auf seiner Homepage: "Ich habe mich nicht so verhalten, wie es meinen Werten entspricht und wie es meine Familie verdient. Bei all jenen, die mich jahrelang unterstützt haben, möchte ich mich aus tiefstem Herzen entschuldigen." Er werde versuchen, ein besserer Mensch, Ehemann und Vater zu sein, heißt es auf web.tigerwoods.com.

Im Video: Obwohl das Image des Ausnahme-Golfers beschädigt ist, wollen seine Sponsoren an Woods festhalten.

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Die Sponsoren stehen zu ihrem Aushängeschild

Es war das ausführlichste Statement des Stars, seit der mitternächtliche Unfall die Aufmerksamkeit der Presse auf seine Karriere und seine Ehe auf sich gezogen hat. Auf weitere Einzelheiten - etwa inwiefern er seine Familie im Stich gelassen habe -, geht Woods nicht ein. Er gibt lediglich zu verstehen, dass er seine persönlichen Schwächen im Kreise seiner Familie zu klären gedenke.

Ein verständlicher Wunsch - und ziemlich naiv. Wer so wie Tiger Woods im Blitzlichtgewitter steht und darüber hinaus zahlreiche Unternehmen in der Öffentlichkeit vertritt, darf kaum darauf hoffen, dass sich Fans und Presse diskret zurückziehen.

Unterdessen hat sich Jesper Parnevik bei der Ehefrau von Tiger Woods dafür entschuldigen, dass er sie vor acht Jahren mit dem weltbesten Golfer "verkuppelt" habe. "Ich bedaure das alles sehr. Es tut mir leid für Elin, dass meine Frau und ich sie mit ihm bekannt gemacht haben", sagte der schwedische Golfspieler gegenüber dem Sportsender Golf Channel. "Wir haben gedacht, dass er ein besserer Typ sei, als er wirklich ist", fügte der 44-Jährige hinzu. Elin Nordegren hatte Woods 2001 kennengelernt, als sie Kindermädchen bei den Parveniks war.

Kürzlich warnte die PR-Expertin Amanda Alvaro im kanadischen Fernsehen: "Die Glaubwürdigkeit, die Woods sich aufgebaut hat, bricht weg!" Aber auch wenn renommierte Marketing-Fachleute dem Golfprofi dringend zu einem offensiven Umgang mit den Details raten, halten die Sponsoren noch zu ihrem Idol, das sie für viel Geld eingekauft haben.

Sponsoren stehen zu ihrem Aushängeschild

Der Sportartikelriese Nike, Woods' größter Sponsor, kündigt an, dass sich an den Werbeplänen nichts ändere: "Tiger und seine Familie haben Nikes volle Unterstützung. Wir respektieren seinen Wunsch nach Privatsphäre. Unsere Gedanken sind momentan mit ihm und seiner Familie."

Auch der Getränkehersteller Gatorade stimmt in die Solidaritätslieder ein. Nach einem zunächst auffällig verhaltenen Statement erklärt die Firma: "Unsere Partnerschaft geht weiter. Wir wünschen Tiger gute Besserung und hoffen, ihn bald wieder auf dem Platz sehen zu können."

Der Rasierklingen-Hersteller Gilette, eine Tochter des Konsumgüter-Giganten Procter & Gamble, hatte noch am Montag eine kurze Pressemeldung veröffentlicht, in der es hieß, dass "Tigers Statement für sich selbst spreche". Dessen jüngste Entschuldigung nahm Gilette dann doch noch mal zum Anlass, das Privatleben des Stars zu kommentieren: "Wie wir alle sind auch die menschlich", hieß es über Sport-Prominente: "Und wie jeder von uns machen sie Fehler. Indem wir ihre Fehler zur Kenntis nehmen und von ihnen lernen, hoffen wir, dass wir alle besser werden, im Spiel und darüber hinaus."

Tiger Woods, Superstar mit Schwächen - das ist das neue Bild. Die Botschaft ist klar: In erster Linie ist dieser schwerreiche Spitzensportler ein Mensch, also so wie alle. Das können offenbar selbst einige jener Konzerne akzeptieren, die ihn eigentlich dafür bezahlen, ein gutes Vorbild zu sein. The show must go on.

Auch wenn Gilette zum jetzigen Zeitpunkt an seiner Marktingstrategie nichts ändern wird - an dieser Formulierung wird klar, dass sich die Marke bei allem Beistand die Optionen offenhält. Bei der Firma kennt man sich aus mit angekratzen Werbefiguren: Nach dem ungeahndeten Handspiel Thierry Henrys im entscheidenden WM-Qualifikationsspiel gegen Irland hatte Gilette sofort reagiert und aus einem Bild auf der Website zunächst Thierrys Hände herausretuschiert. Später wurde das Bild durch eines ersetzt, auf dem alle Werbeparter - auch Tiger Woods - die Hände in den Taschen haben.

Die Show geht weiter

Was passiert mit Woods' Image? Ein Image, das ein Vermögen wert ist und den Mann zum Milliardär gemacht hat? Für das Wirtschaftsmagazin Forbes ist klar, dass er der erste Sportler sein wird, der mehr als eine Milliarde Dollar verdient hat. Wenn seine Fans ihm verzeihen, wird er weiter kassieren.

Nun scheint es, als stürzen sich die Firmen dankbar auf das Geständnis des Sportlers. Moralische Bedenken spielen offenbar keine Rolle mehr - die Statements lesen sich wie Beleidsbekundungen für ein Opfer. In dieser Rolle sähe man den Golfer lieber - die Sponsoren haben kein Interesse daran, ihre Werbe-Ikone zu verlieren. Tiger Woods belegt immerhin Platz drei unter den zehn berühmtesten männlichen Werbeträgern, gleich nach den Schauspielern Will Smith und Brad Pitt.

So weit wie Tiger Woods ist im Sport noch keiner gekommen. Wenn da nur nicht dieser Unfall wäre ...

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