Supermodel Toni Garrn:"Kneift mich mal jemand!"

Vom Public Viewing auf die Laufstege dieser Welt: Die 16-jährige Toni Garrn ist das neue deutsche Supermodel. Ein Gespräch über Zufall, Stress und Oberflächlichkeit.

Jürgen Schmieder

Sie ist die Neue. Die neue Claudia Schiffer. Die neue Kate Moss. Dabei ist die junge Dame, die gerade die Cover von Modemagazinen ziert, gerade einmal 16 Jahre alt. Sie heißt Toni Garrn und wird bald eine eigene Marke sein. Die Hamburgerin ist das neue Gesicht von Calvin Klein und tritt damit die Nachfolge von Kate Moss und Christy Turlington an. Es ist eine Mischung aus Unschuld, Kühle und kindlicher Naivität, die Toni Garrn so faszinierend macht. Dabei hört sich ihre Geschichte an wie das klassische Märchen vom Model.

Supermodel Toni Garrn

Toni Garrn: das neue Supermodel aus Deutschland.

(Foto: Foto: Modelwerk)

sueddeutsche.de: Sie wurden beim Public Viewing entdeckt. Was ist da passiert?

Toni Garrn: Das war im Sommer 2006, mit knapp 15. Ich kam gerade mit Freunden aus dem Kino am Hamburger Jungfernstieg. Wir blieben kurz bei einer Fußball-Modenschau stehen. Plötzlich stand Claudia, die Chefin der "Modelwerk"-Agentur, vor mir. Sie drückte mir ihre Karte in die Hand und bat mich, doch mal vorbeizuschauen. Tja, einige Tage darauf haben wir dann Fotos gemacht.

sueddeutsche.de: Und da glaubt man immer, man müsste zu "Germany's Next Topmodel", um berühmt zu werden. Haben Sie sich dort schon mal beworben?

Garrn: Ehrlich gesagt hätte ich im Leben nicht daran gedacht. Irgendwie war ich immer mit anderen Dingen beschäftigt. (Sie zuckt mit den Schultern.)

sueddeutsche.de: Was halten Sie denn von der Casting-Show? Sind Sie stolz, klassisch entdeckt worden zu sein?

Garrn: Soweit kommt es noch. (Sie lacht.) Wie bei den Hip-Hop-Musikern "Old School" gegen "New School"? Die Show hat ja einen ganz anderen Ansatz. Primär ist sie ja dafür da, die Zuschauer zu unterhalten und im besten Fall den Spannungsbogen zu halten, dass die Leute wieder einschalten. Das kappt ja wunderbar, schließlich läuft die dritte Staffel.

sueddeutsche.de: Sie haben angekündigt, die Schule beenden zu wollen. Bei den meisten der Topmodel-Kandidatinnen ist es umgekehrt.

Garrn: Ach, soooo besonders bin ich damit aber nicht. Es hat schon viele Models gegeben, die ihre Schule beendet haben und ihre Karriere trotzdem erfolgreich vorangetrieben haben. Das ist alles eine Frage der Einstellung und Anstrengung. Wenn man will, dass es klappt, dann geht das auch.

sueddeutsche.de: Sie sind 16 Jahre alt, das neue Gesicht von Calvin Klein. Ihre Agentur sprach bei der Interviewanfrage von "Stress, Stress, Stress"...

Garrn: Ich muss viel besser in der Schule aufpassen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ich brauche gute Freunde, die mich auf dem Laufenden halten. Das Reisen stresst mich nicht, das hat mir schon immer gefallen, die Jobs sind abwechslungsreich. Es ist also positiver Stress.

sueddeutsche.de: Was gehört zu diesem neuen Leben? Können Sie die vergangenen 12 Monate im Zeitraffer erzählen?

Garrn: Mailand. Paris. New York. Aufregend. Fashionshows. Noch nie gemacht. Jetzt gleich zusammen mit Stars. Durchatmen. Nur nicht stolpern. Castings. Ein Anruf. Calvin-Klein-Kampagne. Anfragen aus aller Welt. Kneif mich bitte mal jemand! Das wäre der Zeitraffer.

sueddeutsche.de: Ein Supermodel aus Deutschland wird unweigerlich mit Claudia Schiffer und Heidi Klum in Verbindung gebracht. Stört Sie der Vergleich?

Garrn: Nein, das stört nicht, es kam auch nicht so oft vor. Das einzige, was wir gemeinsam haben sind vielleicht die blonden Haare. (Sie lacht.) Aber wir wollen doch nicht oberflächlich werden...

sueddeutsche.de: Wollen wir nicht. Reden wir über Schönheit. Sie wurden als "Die neue Schönheit" und "so schön und nicht von dieser Welt" bezeichnet. Was bedeutet das für Sie?

Garrn: Schönheit ist wichtig für die Menschen, sonst würden wir nicht mit aller Kraft versuchen sie zu finden, zu reflektieren, zu beobachten. Schönheit kann in allem liegen. In Gegenständen, in der Natur, in eine Geste oder einer Geisteshaltung. Das wird hier jetzt sehr philosophisch.

sueddeutsche.de: Macht ja nichts...

Garrn: Aber da haben schlaue Menschen Besseres und mehr dazu zu sagen.

sueddeutsche.de: Auf Bildern wirken Sie sehr nachdenklich, beinahe melancholisch. Ist das Ihre Art? Lachen Sie nicht gern?

Garrn: Nee, das ist Quatsch. Da haben Artdirektoren und Fotografen eine bestimmte Idee, die in einem Foto umgesetzt werden soll. Aber das hat ja nichts mit mir zu tun.

sueddeutsche.de: Es fällt auch auf, dass sie entspannend ruhig wirken, erfreulich normal...

Garrn: Ich nehme das jetzt mal als Kompliment... (Sie lacht.)

sueddeutsche.de: Dabei hört man von Models immer: Schlankheitsdebatte, Drogen, ausflippende Diven. Überlegt man sich den Einsteig da nicht zweimal?

Garrn: Man denkt drüber nach. Aber wenn man erstmal drin ist, sieht man eine professionell arbeitende Industrie, wo es um viel Geld und zuverlässiges Arbeiten geht. Da kann man sich keine Ausfälle leisten. Klar gibt es auch schwarze Schafe, aber das zieht sich schließlich durch die ganze Gesellschaft. Verallgemeinerungen leider auch. Da muss man lernen, sich dagegen zu stärken. Es gibt noch andere tolle Klischees: Alle Models sind doof etwa.

sueddeutsche.de: Na, Sie mach ja die Schule fertig, also keine Gefahr. Haben Sie noch andere Ziele?

Garrn: Viele! Und die haben nichts mit dem Modeljob zu tun! Das erste Ziel ist mein Abitur - und bei den anderen, mal sehen.

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