Männliche Cheerleader beim Super Bowl:Tanzen ohne Pom Poms

Los Angeles Rams cheerleader Napoleon Jinnies fields questions from reporters at Super Bowl Opening Night at State Farm Arena in Atlanta

Quinton Peron (l.) und Napoleon Jinnies sind die ersten männlichen Cheerleader, die beim Super Bowl tanzen.

(Foto: REUTERS)

Beim Super Bowl treten zum ersten Mal zwei männliche Cheerleader auf. Tanzen Männer bei dieser weiblichen Sportart zu sehr aus der Reihe? Eine Trainerin gibt Antworten.

Interview von Regina Steffens

In der Nacht von Sonntag auf Montag werden hunderte Millionen Menschen weltweit den Super Bowl verfolgen - das amerikanische Football-Finalspiel zwischen den New England Patriots und den Los Angeles Rams. Dabei werden Cheerleader die Spieler anfeuern und das Publikum anheizen. Im Cheerleading-Team der Los Angeles Rams tanzen seit letztem Sommer zwei Männer. Quinton Peron und Napoleon Jinnies sind dadurch die ersten Cheerleader-Männer bei einem Super Bowl. Ein wichtiger Schritt für die eigentlich weibliche Tanzsportart, findet Bianka Minner, die seit 12 Jahren die Cheerleader des Footballteams Frankfurt Universe trainiert.

SZ: Männer, die als Cheerleader tanzen. Wie finden Sie das?

Bianka Minner: Es ist definitiv ein Zeichen für Offenheit und das ist toll. Bei uns war es wirklich ein Thema, als die beiden erstmals bei den L.A. Rams aufgetreten sind. Die Zuschauer haben uns am Spielfeldrand gefragt, ob wir jetzt auch Männer nehmen.

Und?

Wir haben es vor. Seit es in den USA die beiden Tänzer gibt, haben wir einige Anfragen bekommen. Davon waren aber nur zwei oder drei ernst gemeint, die anderen kamen eher aus Spaß oder vielleicht, um an die Mädels ranzukommen. Das war uns egal. Die es ernst meinen, laden wir dann zum Training ein und schauen, was sie tänzerisch so können. Aber Männer, die so tanzen wie die beiden der L.A. Rams, die muss man erst mal finden.

Was ist so schwer daran?

Es gibt ja schon viele männliche Cheerleader in Deutschland. Nur fast alle im Stunt-Cheerleading, das heißt in der Akrobatik. Im Dance-Cheerleading wie bei uns, wo es um Show und Tanz bei Sportevents geht, sind sie schwer zu finden. Ich denke, das liegt an den vielen weiblichen Bewegungen wie Hüftschwüngen. Das macht es, wie ich merke, für Männer schwieriger sich in der Gruppe einzufinden. Wenn die Tänze mehr in Richtung Hip-Hop gehen, finden Männer einen einfacheren Zugang. Bei den L.A. Rams funktioniert das super und harmoniert perfekt.

Auch die Tanzoutfits sind beim Cheerleading auf Frauen angepasst und wirken sexualisiert. Ausschnitt, bauchfrei, kurze Röcke.

Früher sahen die Kostüme in den USA eher wie Ganzkörperanzüge aus. Das hat sich schnell verändert. Ich tanze seit über 20 Jahren und das schon immer bauchfrei, das gehört einfach dazu.

Warum?

Einerseits wegen der Hitze, weil es ein anstrengender Sport ist. Andererseits, um Weiblichkeit zu betonen. Wir wollen sexy aussehen. Unser Outfit ist ein Kostüm mit viel Glitzer, mit Pom Poms, mit Make-Up. Es betont die Show. Wir haben im Winter mal in langen Hosen getanzt, das war komisch. Wir fühlen uns in den Kostümen wohl und wir werden für unsere Auftritte geachtet. Die Leute wollen nach den Spielen Fotos mit uns machen, Männer wie Frauen. Man muss fürs Cheerleading keine Modelmaße haben, es geht darum Ausstrahlung zu haben. Und die kommt von innen.

Die beiden männlichen Cheerleader der L.A. Rams tragen T-Shirts und kurze oder lange Hosen, sind also viel bedeckter als die Tänzerinnen. Müssten Männer der Fairness halber nicht oberkörperfrei auftreten?

Das hätten Sie gern?

Es wäre zumindest fair.

Dann lieber ein enganliegendes T-Shirt, das kann auch sexy sein. Aber man müsste es einfach mal ausprobieren und schauen, wie das Publikum reagiert. Das gleiche gilt für Pom Poms. Die männlichen Cheerleader der L.A. Rams tanzen ohne, was ich überhaupt nicht störend finde. Ob sie ihnen zu "weiblich" waren, weiß ich nicht.

Und einheitliche Outfits?

Eher nicht. Die Mädels finden ihre Kostüme schön. Wir könnten auch Hosen tragen, wie es einige Gruppen in den USA machen. Wir designen unsere Kostüme selbst, und mir als Trainerin ist es wichtig, die Tänzerinnen dabei mit einzubeziehen. Am Anfang gehört schon mal Überwindung dazu, im Kostüm aufs Spielfeld zu laufen. Aber dadurch, dass sich die Tänzerinnen schön fühlen, sind sie auch selbstbewusst. Und Kommentare prallen an ihnen ab.

Sind die beiden Tänzer beim Super Bowl nicht ein guter Anlass, um mit Klischees aufzuräumen? Also mit dem klar getrennten Rollenverständnis beim Cheerleading: Männer machen Sport, Frauen feuern sie an.

Natürlich sind wir irgendwo das Beiwerk zum Football oder Basketball. Aber wir sehen uns überhaupt nicht als zweitrangig. Wir tun genauso wie die Spieler alles dafür, das Spiel zu gewinnen. Wir sind wichtig für das Publikum und wir haben auch Fans. Ganz wichtig ist der Teamgedanke. Und um noch mal auf das Mann-Frau-Verhältnis zu kommen: Wir würden gerne auch mal bei Frauensportspielen auftreten.

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