Italienisches Essen:Gut, besser, Spaghetti!

Die Kinder unseres Autors ernähren sich eigentlich ausschließlich von Spaghetti, Pizza und Eis - drei italienische Erfindungen, die fast jedem schmecken. Wie machen das die Italiener bloß?

Alex Rühle

In der Schule habe ich gelernt, dass man auf der Zunge verschiedene Geschmacksgebiete hat. Mit der Zungenspitze schmeckt man vor allem süße Stoffe. Ob etwas sauer oder salzig ist, findet man am besten mit den Zungenrändern raus und Bitterstoffe kann der sogenannte Zungengrund hinten im Rachen am besten erkennen.

Italienisches Essen: Eine Gabel voller Nudeln: Haben die Italiener Labors, in denen ganz viele hungrige Kinder sitzen, und dann mixen irgendwelche Essensforscher so lange Zeug zusammen, bis all diese Kinder sagen, leckerschmecker?

Eine Gabel voller Nudeln: Haben die Italiener Labors, in denen ganz viele hungrige Kinder sitzen, und dann mixen irgendwelche Essensforscher so lange Zeug zusammen, bis all diese Kinder sagen, leckerschmecker?

(Foto: AP)

Mag sein, dass das alles so stimmt. Ich glaube aber, dass Kinder noch was anderes bei jedem Essen rausschmecken: Nämlich, ob die jeweilige Speise aus Italien kommt. Wenn eine Kinderzunge beim Probieren erkennt: "Hey, das Zeug da auf dem Teller muss was Italienisches sein", dann gibt sie sofort ein begeistertes Signal ans Gehirn ab und das Gehirn ruft: "Super! Mehr davon! Haben will!"

Das Hirn ruft: "Super! Mehr davon!"

Meine Kinder ernähren sich eigentlich ausschließlich von Spaghetti, Pizza und Eis. Das sind alles drei italienische Erfindungen. Auf der Pizza liegen Mozzarella und das italienische Nationalgemüse, die Tomaten. Zu den Spaghetti gibt es Pesto - aus Italien. Und natürlich Parmesan, bei dem ich jetzt nicht mehr dazu sage, wo der herkommt. Na gut, sie mögen auch Brezen und Croissants, die kommen nicht aus Italien, aber ansonsten stehen sie so sehr auf italienische Sachen, dass es mir ein totales Rätsel ist, wie deutsche Eltern früher ihre Kinder sattbekommen haben.

Mit früher meine ich die Zeit, bevor es all die Lastwägen und Züge gab, die täglich tausende von Kilogramm Spaghetti, Mozzarella und Basilikum von Italien über die Alpen bringen. Und ich meine die Zeit, in der noch nicht an jeder Ecke ein Pizzabäcker und daneben eine italienische Eisdiele stand.

Wie machen die Italiener das bloß, dass all ihr Essen den Kindern so gut schmeckt? Haben die geheime Labors, in denen ganz viele hungrige Kinder sitzen, und dann mixen irgendwelche Essensforscher so lange Zeug zusammen, bis all diese Kinder sagen, leckerschmecker?

Haben die geheime Labors?

Ist natürlich Blödsinn, all die Sachen gibt es in Italien seit vielen hundert Jahren. Pizzaähnliche Teigkuchen kannten schon die alten Römer, und vor ihnen die Etrusker und Assyrer. Die Pizza, so wie wir sie kennen - flaches Teigrad, und obendrauf Tomaten, Öl und Käse - haben die Neapolitaner vor 120 Jahren erfunden. Die Spaghetti brachte der große Abenteurer Marco Polo 1295 von seiner Chinareise mit. Und Pesto essen die Italiener auch schon seit Jahrhunderten.

Im restlichen Europa verbreiteten sich all diese Köstlichkeiten erst vor wenigen Jahrzehnten. Es gibt eine lustige Geschichte aus England, die zeigt, dass 1957, also kurz nachdem Eure Großeltern geboren waren, die meisten Leute tatsächlich noch nicht wussten, aus was Spaghetti eigentlich gemacht sind: Damals zeigte das englische Fernsehen am ersten April in den Nachrichten einen kurzen Beitrag über die italienische Spaghetti-Ernte. Man sah Bäuerinnen, die aus Bäumen hunderte von Spaghetti pflückten, dazu erzählte der Nachrichtensprecher mit ernster Stimme, dass in diesem Jahr die Spaghetti-Ernte ganz besonders gut sei, weil der Winter ja so mild gewesen sei und es diesmal auch so wenige Spaghettikäfer gebe.

Wie gesagt, die Sendung wurde am ersten April ausgestrahlt, an dem man ja besonders vorsichtig sein sollte, trotzdem sind tausende von Engländern darauf reingefallen. Aus dem einfachen Grund, dass sie nicht wussten, was Spaghetti überhaupt sind, die ja aus Weizenmehl und Wasser bestehen. Sie fragten bei dem Sender nach, wie sie selbst solch einen tollen Baum in ihrem Garten pflanzen könnten. Die Macher der Sendung antworteten all den gutgläubigen Fernsehzuschauern mit dem schönen Satz: "Stellen Sie ein Bündel Spaghetti in eine Tomatendose und dann hoffen Sie einfach ganz fest, dass ein Baum draus wird."

Um Essen und Trinken geht es in der nächsten Süddeutschen Zeitung für Kinder, die am Mittwoch, 28. September, der Süddeutschen Zeitung beliegt.

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