San Francisco/Cambridge (dpa/tmn) - „Benimm dich, oder ich nehme dir bis morgen das Handy weg“, „Wenn du bis zum Wochenende immer deine Hausaufgaben machst, darfst du länger gamen“: Wie wir über Bildschirmzeit reden hat einen Einfluss darauf, wie und im welchem Umfang Kinder und Jugendliche Bildschirmzeit nutzen, so eine Studie.
Forscher um Jason Nagata von der University of California San Francisco haben eine über 10.000 Jugendlichen im Alter von 12 und 13 Jahren und deren Eltern zu ihrem Kommunikations- und Mediennutzungsverhalten befragt. Die Ergebnisse ihrer Studie offenbaren, wie eng unser Verhalten in Bezug auf Bildschirmzeit mit der Nutzung unserer Kinder verknüpft ist.
Schlüsselfaktoren für problematische Bildschirmnutzung
Nagata und Kollegen fanden heraus, dass einige wesentliche elterliche Faktoren mit einer erhöhten Bildschirmzeit und problematischer Nutzung von Bildschirmen und sozialen Medien bei Jugendlichen zusammenhängen.
- Wie viel Zeit Eltern selbst vor Bildschirmen verbringen: Eltern, die häufig auf Handys, Tablets und andere Screens gucken, haben Kinder, die ebenfalls mehr Zeit damit verbringen.
- Nutzung zu Bettzeiten und bei Mahlzeiten: Eltern, die ihre Geräte während des Abendessens oder kurz vor dem Schlafengehen nutzen, haben Kinder, die dies ebenfalls tun.
- Nutzung zur Verhaltenskontrolle: Eltern, die Bildschirmzeit als Belohnung oder Bestrafung einsetzen, fördern eine problematischere Nutzung bei ihren Kindern.
Problematische Bildschirmnutzung: Mehr als nur Zeit
Problematische Bildschirmnutzung definierten Nagata und sein Team anhand eines Fragebogens zur sozialen Medienabhängigkeit. Dabei wurden Aussagen zur Wahl gestellt wie: „Ich nutze soziale Medien, um meine Probleme zu vergessen“ oder „Ich denke viel über soziale Medien nach oder plane meine Nutzung“. Genauso wichtig wie der Zeitaufwand ist der Grund für die Bildschirmnutzung.
Die US-Erziehungswissenschaftlerin Rebecca Rolland gibt ein Beispiel: Zwei Jugendliche, Nick und Julie, beide 13 Jahre alt, verbringen gleich viel Zeit mit sozialen Medien. Nick nutzt Social Media, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben, er denkt ansonsten wenig darüber nach. Julie dagegen ist ständig in Gedanken mit ihrer Online-Präsenz befasst, sie plant ihre Postings im Voraus und lässt sich emotional stark von sozialen Medien beeinflussen.
Obwohl beide gleich viel Zeit online verbringen, ist der Unterschied im mentalen Aufwand und emotionalen Einfluss erheblich, schreibt Rolland in einem Beitrag im Fachmagazin Psychology Today. Sie hat drei Ratschläge für Eltern.
3 Dinge, auf die Eltern achten sollten
- Eigene Bildschirmnutzung reflektieren: Überlegen Sie vor allem, ob es Zonen und Zeiten gibt, die Sie zumindest eine Zeit lang „gerätefrei“ machen können, vielleicht den Frühstückstisch oder gemeinsames Abendessen. Oder alle einigen sich auf eine Zeit nach der Schule oder vor dem Schlafengehen, in der Sie die Telefone weglegen.
- Gemeinsam priorisieren: Helfen Sie den Kindern in Ihrem Leben, Prioritäten in Bezug auf ihre Bildschirmnutzung zu setzen. Welche Arten der Bildschirmnutzung sind für sie am wichtigsten? Womit halten sie den Kontakt zu ihren Freunden?
- Bildschirmzeit nicht als Belohnung oder Bestrafung einsetzen: Anstatt Bildschirmzeit an „gutes“ oder „schlechtes“ Verhalten zu knüpfen, sollten Sie versuchen, einen „Screentime-Plan“ aufzustellen, der für alle passt. Versuchen Sie, einen vernünftigen Kompromiss zu finden und konzentrieren Sie sich auf das, was Ihren Kindern bei der Bildschirmnutzung am wichtigsten ist. Wichtig: Der Plan kann angepasst werden, wenn etwas nicht funktioniert. Und: Wenn möglich, zeigen Sie selbst, wie ein gesunder Umgang mit Smartphone, Konsole & Co. aussieht.
Rebecca Rolland ist promovierte Erziehungswissenschaftlerin und lehrt an der Harvard Graduate School Of Education in Cambridge/Massachusetts.
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